Budgetanalyse: Subventionsexzesse treiben Schulden in lichte Höhen
- 12.10.2022
- Lesezeit ca. 3 min
Handlungsempfehlungen
Auch in den kommenden Jahren wird Österreich ein Steuer- bzw. Abgabenparadies bleiben. Allerdings nicht für die Steuerzahler, sondern für den Staat, der diese Einnahmen empfängt. Auch die Abschaffung der kalten Progression ändert daran nur wenig. Nichtsdestotrotz begrüßen wir die Umsetzung unserer jahrelangen Forderung. Wichtig wäre, dass in Zukunft die kalte Progression zu 100 Prozent automatisch abgegolten werden würde und nicht nur zwei Drittel. Es sollte also ein vollständiger Tarif auf Rädern eingeführt werden.
Bei zukünftigen Ausgaben sollte der Staat darauf achten, zielgerichtet zu entlasten. Milliardenschwere Gießkannenprogramme entlasten die Menschen nur scheinbar. Sie zahlen sich diese Programme schlussendlich selbst. Entweder als Steuerzahler heute oder schuldenfinanziert die kommenden Generationen in der Zukunft.
Eine strenge Ausgabenbremse einführen: Österreich hat noch immer ein Ausgaben- und kein Einnahmenproblem. Damit künftig in guten Jahren regelmäßig Überschüsse anfallen, braucht es eine glaubwürdige und strenge Ausgabenbremse. Vorbild könnte hier Schweden sein: Dort gibt es seit 2010 für den Bund und das Pensionssystem ein Überschussziel von einem Prozent des BIP. Weil diese Vorgabe für den Zeitraum eines ganzen Konjunkturzyklus gilt, ist das Land in Krisenzeiten dennoch handlungsfähig. Begleitet wird die Regel von einer Ausgabenbeschränkung. Hierbei wird im Parlament das Budget für mindestens drei Jahre unter der Prämisse des Überschussziels beschlossen.
Einen Haushaltsplan für die Ressorts einführen: Um Budgetdisziplin zu verankern, sollte für Österreich daher Folgendes umgesetzt werden: Ein Haushaltsplan teilt für die kommenden fünf Jahre den Ressorts die öffentlichen Gelder je nach Bedarf zu. Dieser Haushaltsplan definiert die maximal zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel für diesen Zeitraum. Solange die Verschuldung bei über 60 Prozent relativ zum BIP liegt, sollte der Anstieg der gesamten Ausgaben die allgemeine Teuerung nicht übersteigen. Die Einhaltung ist gerade dank der aktuell niedrigen Zinsen im Rahmen des Möglichen, Strukturreformen werden die Einhaltung der Regel auch in einem normalen Zinsumfeld gewährleisten.
Die Pensionsreform in Angriff nehmen: Das Budget sieht die Finanzierbarkeit des Pensionssystems durch die Anhebung des faktischen an das gesetzliche Pensionsantrittsalter gegeben. Ein späterer Abschied vom Arbeitsleben wirkt durchaus positiv auf die Finanzierung des Pensionssystems: Menschen, die länger arbeiten, zahlen während dieser Zeit weiter Pensionsversicherungsbeiträge ein. Vergessen wird aber oft der belastende Teil des späteren Antritts: Durch das längere Arbeitsleben werden auch höhere Pensionsansprüche erworben, die entsprechend auch ausbezahlt werden und damit die Gesamtausgaben zukünftig ansteigen lassen. Ein späterer tatsächlicher Pensionsantritt reduziert damit das Defizit im Pensionssystem nicht nachhaltig, sondern verschiebt die Problematik in die Zukunft. Deshalb muss das gesetzliche Antrittsalter steigen. Statt Heranführung des durchschnittlichen Pensionsantrittsalters sollte das Pensionssystem an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden. Das Pensionsantrittsalter sollte ab sofort jedes Jahr um zwei Monate angehoben werden, bis ein Antrittsalter von 67 Jahren erreicht ist. Andere Länder wie die Niederlande gehen noch schneller vor, aber die Steigerung um zwei Monate pro Jahr ist zumindest notwendig, um die erhöhte Belastung durch die Babyboomer-Generation abzufangen.
Investitionen in die Zukunft forcieren: Das Budget beinhaltet Investitionen zum Klimaschutz. Während die Investitionen in die „grüne Transformation“ ein erster Schritt sind, kann langfristig und nachhaltig nur Unterstützung der Forschung und Innovation dem Klimawandel entgegenwirken. Technologieoffenheit ist das oberste Motto. Denn nur damit besteht die Chance, in der Bekämpfung des Klimawandels die richtigen Entscheidungen zu treffen, neue Technologien zu entwickeln und auf der Verkäuferseite zu stehen.
Die EU-Fiskalregeln wieder einsetzen: Die EU-Regeln müssen wieder zur Geltung kommen und dann gestärkt werden. Es kann nicht sein, dass manche Mitgliedsländer die Maastricht-Kriterien Jahr für Jahr verletzen und die EU immer mehr zu einer Transferunion wird. Dazu gehört auch, dass das milliardenschwere EU-Paket auch mit einer gemeinsamen EU-Anleihe finanziert wird. Es wäre die Aufgabe der Bundesregierung solchen Ansinnen in Zukunft auf EU-Ebene eine Absage zu erteilen.
Datenbasis für zukünftige Fördergelder erstellen: Die Hilfszahlungen werden vermutlich nicht die letzten gewesen sein und die Teuerungskrise auch nicht die letzte Krise. Um zukünftig treffsicher helfen zu können, muss die Regierung jetzt die entsprechende Datenbank aufbauen, damit die Gießkanne im Garten bleibt.
Arbeitsmarktreform: Das Land braucht wieder mehr Einzahler, sonst werden die Sozialsysteme nicht dauerhaft finanzierbar bleiben. Dafür muss der Faktor Arbeit finanziell stärker entlastet werden, damit sich mehr Arbeit lohnt. Außerdem steht der Arbeitsminister in der Pflicht die angekündigten Reformen am Arbeitsmarkt in die Umsetzung zu bringen. Dabei geht es in erster Linie um die Geringfügigkeitsfalle und die Ausgestaltung des Arbeitslosengeldes.
Die geringfügige Beschäftigung soll den Kontakt zur Arbeitswelt aufrechterhalten, aber keine dauerhafte Alternative zu einer normalen Beschäftigung darstellen. In der Realität sitzen die Menschen aber in der Geringfügigkeit fest und schaffen nur selten den Wechsel zurück in den regulären Arbeitsmarkt. Deshalb muss die Zuverdienstgrenze zeitlich begrenzt werden (auf maximal sechs bis zwölf Monate). Darüber hinaus könnte der Zuverdienst auf 200 Euro monatlich reduziert werden. Zugleich sollte es finanzielle Eingliederungshilfen für Menschen geben, die schon länger als ein Jahr keinen Job haben. Wobei die Förderung mit der Zeit abschmelzen sollte.
Das Arbeitslosengeld braucht ebenfalls eine Umgestaltung und Österreich sollte sich am dänischen Flexicurity-Modell orientieren. Dafür müsste die Ersatzrate zu Beginn der Arbeitslosigkeit von derzeit 55 Prozent auf 65 Prozent des letzten Einkommens steigen. Danach würde der finanzielle Druck schrittweise erhöht. Nach 18 Wochen Arbeitslosigkeit gäbe es nur noch 55 Prozent des Letztbezugs (so viel wie derzeit) und nach 35 Wochen nur noch 45 Prozent. Die Sozialhilfe bliebe als letztes Auffangnetz erhalten. Für einen Single-Haushalt läge die absolute Untergrenze damit bei aktuell 978 Euro monatlich (zwölfmal). Um die Erfolgschancen für eine Rückkehr in den Arbeitsmarkt zu erhöhen, muss in eine intensive und zielgerichtete Qualifizierung der Arbeitslosen investiert werden.
Mehr interessante Themen
Sozialer Wohnbau: Das Vermögen der (gar nicht so) kleinen Leute
Auch wenn es niemand glauben mag: Wohnen in Österreich ist vergleichsweise günstig. Die Wohnkostenbelastung der Haushalte beträgt im Schnitt rund 19 Prozent des verfügbaren Einkommens. Damit liegen wir im EU-Vergleich im Mittelfeld. Mieterhaushalte zahlen natürlich mehr als Eigentümer, aber mehr als drei Viertel von ihnen profitieren hierzula
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.