Inflation

Die österreichische Förderpolitik: Alles kann, nichts muss. Oder doch?

Das Geld liegt in Österreich auf der Straße. Pro Einwohner und Jahr gibt die Regierung über 3.800 Euro für Förderpolitik aus. Schaut eigentlich noch jemand, wohin das Geld geht?

Der Chef-Ökonom einer bekannten Forschungseinrichtung in Wien löste die Sachaufgabe zum jüngst beschlossenen Wohnkostenzuschuss auf Twitter souverän: Wenn 1,7 Millionen Haushalte zur Miete wohnten und insgesamt 225 Millionen Euro zur Verfügung stünden, dann seien für jeden 132 Euro drin. Für diese Analyse gebührt ihm Dank. Man hätte die Verirrungen der österreichischen Förderpolitik gar nicht besser versinnbildlichen können.

Der Sozialstaat war einmal für alle da, die ihren Unterhalt nicht selbst aufbringen konnten.

Der Sozialstaat war einmal für alle da, die ihren Unterhalt nicht selbst aufbringen konnten. Das Geld dafür holte er sich bei jenen, die mehr Glück hatten. Doch die Anforderungen sind gestiegen. Der moderne Sozialstaat hat gelernt, den Kreis zu quadrieren und kennt inzwischen nur noch Empfänger. Zugeteilt wird nicht mehr nach Bedürftigkeit, sondern nach Lust und Laune: Singles bekommen den Strombedarf eines dreiköpfigen Haushalts zugestanden. Hipster kriegen ihre Elektro-Falträder bezuschusst. Möbelhäuser kassieren Lockdown-Umsatzersatz und verkaufen ihre Sofas einen Monat später trotzdem. Der Energiekostenzuschuss für energieintensive Unternehmen geht auch an gar nicht so energieintensive Unternehmen. Eigenheimbesitzer im Wiener Speckgürtel bekommen ihre Photovoltaikanlage nicht ans Netz angeschlossen, wenn sie sich erdreisten, dafür keine Staatshilfe in Anspruch zu nehmen. Das Bild von der sanft plätschernden Fördergießkanne scheint inzwischen ein bisschen zu unschuldig. Fass ohne Boden trifft es wohl eher.

Nun nimmt es nicht wunder, dass ein Staat in Krisenzeiten seine fiskalischen Möglichkeiten stärker ausreizen muss als sonst. Natürlich lässt man nicht reihenweise Unternehmen in Konkurs gehen, nachdem man ihnen pandemiebedingt ihre Tätigkeit untersagen musste. Man lässt auch Haushalte nicht frieren, wenn das russische Gas ausbleibt. Aber schaut man sich die Förderpolitik im EU-Vergleich an, dann fällt schon auf, dass Österreich regelmäßig auf den Spitzenplätzen landet. Pro Kopf gerechnet gibt nur das reiche Luxemburg noch mehr Geld aus als Österreich. Dass wir deshalb trotzdem nicht unbedingt besser durch die verschiedenen Krisen gekommen sind, ist der Politik nicht einmal peinlich. Im Gegenteil: Bei Pressekonferenzen stehen nur die Summen im Vordergrund. Je mehr, desto besser.

Wir haben da eine gefährliche Sache angefangen. Was für ein Staatsverständnis ist das, wenn sich jeder im Land als hilfsbedürftig empfindet und empört die Hand aufhält, wenn der Skipass in St. Anton mal wieder teurer geworden ist? Oder wenn man eine für einkommensschwache Haushalte vorgesehene Fördersumme gedanklich schon unter allen aufteilt? Denn gerade sie haben in den letzten Monaten oft durch die Finger geschaut: Eine Strompreisbremse, die Sparen belohnt, hilft eben nur dort, wo es noch etwas einzusparen gibt. Und wer mit der Miete schon jetzt im Rückstand ist, dem hilft die Mietpreisbremse auch nur wenig.

Es wird Zeit, dass Förderpolitik genauer hinschaut: Wer mehr braucht, muss mehr bekommen. Und umgekehrt. In anderen Ländern geht das.

Gastkommentar von Jan Kluge im „Wiener Zeitung“ (02.04.2023).

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