Budgetsanierung: Die perfide Strategie der Sozialdemokratie 

Die SPÖ nützt das von der ÖVP hinterlassene Budgetdesaster geschickt dazu, endlich jene Steuern durchboxen, die rote Herzen höherschlagen lassen.

In so gut wie allen Unternehmen weiß man Ende November, wie das aktuelle Jahr finanziell laufen wird. In der einen oder anderen Branche spielt zwar das Weihnachtsgeschäft noch eine größere Rolle, aber für die meisten ist die Wahrscheinlichkeit unangenehmer Überraschungen zu diesem Zeitpunkt des Jahres höchst überschaubar. Nicht so im Staatshaushalt. Je länger das Jahr dauert, desto wackeliger werden die Zahlen. Wurde im Sommer noch ein Finanzloch von 4,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet, sind es mittlerweile schon fast fünf Prozent. Ein Unterschied von knapp zwei Milliarden Euro. Wie man sich so verschätzen kann? Weil niemand weiß, wie die finanzielle Lage in den Ländern und Gemeinden zu Jahresende aussieht. Österreich ist das Land des budgetären Blindflugs. 
 
Was die politische Führung allerdings schon ziemlich genau weiß, ist, wie sie die außer Kontrolle geratenen Staatsfinanzen in den Griff bekommen will: mit höheren Steuern und Abgaben. Finanzminister Markus Marterbauer schwört Landeshauptleute wie Regierungskollegen seit Wochen auf die Notwendigkeit „einnahmenseitiger Sparmaßnahmen“ ein. Von der Wiedereinführung der Vermögen- und Erbschaftsteuern über höhere Grundsteuern, höhere Beiträge zur Wohnbauförderung (die für alles genutzt wird, nur nicht für den Wohnbau) bis hin zur Revitalisierung der Kalten Progression, ist alles dabei, was rote Herzen höherschlagen lässt. Dabei erhärtet sich der Verdacht, dass die SPÖ an einer Sanierung des zerrütteten Staatshaushalts nie wirklich interessiert war. Die Sozialdemokraten nutzen vielmehr das von der ÖVP hinterlassene Budget-Desaster, um endlich jene Steuern durchzusetzen, von denen sie seit Jahrzehnten träumen.  
 
Die Koalitionspartner haben der roten Belastungswelle wenig entgegenzusetzen. Die mittlerweile vom linken Parteiflügel dominierte ÖVP hält nur noch rhetorisch dagegen, im Hintergrund hämmert August Wöginger seit Wochen unablässig auf die wenigen Widerstandsnester ein. Und die NEOS werden die Koalition wegen eines weiteren gebrochenen Wahlversprechens nicht in die Luft jagen. Österreich wird schließlich auf der Weltbühne dringend gebraucht, um die vielen globalen Brandherde zu löschen, da sollten ein paar „einnahmenseitigen Sparmaßnahmen“ schon drinnen sein.  
 
Die zu erwartenden Mehreinnahmen werden die budgetäre Not bedauerlicherweise weder heilen noch nachhaltig lindern. Das weiß auch Finanzminister Marterbauer, er kennt die Studien von Alberto Alesina und anderen Forschern, die empirisch zeigen: Zerrüttete Staatshaushalte lassen sich ausschließlich auf der Ausgabenseite sanieren. Gekürzte Staatsausgaben schaden der Wirtschaftsleistung weniger (wenn überhaupt), höhere Steuern verlängern die Rezession. In einer derart verheerenden Lage die ohnehin absurd hohen Steuern weiter zu erhöhen, ist wirtschaftlicher Selbstmord.  
 
Österreich liefert geradezu lehrbuchhaften Anschauungsunterricht für diese Erkenntnis. Die Staatseinnahmenquote liegt bei 51 Prozent der Wirtschaftsleistung, das ist einer der höchsten Werte weltweit. Gleichzeitig wächst die Staatsverschuldung ungebremst weiter. Die Logik dahinter ist banal wie verheerend: Je mehr Geld in die Staatskassen fließt, desto mehr wird ausgegeben. Weil höhere Einnahmen höhere Ausgaben nach sich ziehen. Die staatlichen Ausgaben liegen derzeit mit über 55 Prozent des BIP beinahe auf Corona-Niveau – nur eben ohne Pandemie. Österreich landet mit diesen rekordhohen Staatsausgaben im Wachstumskeller Europas, das Land befindet sich in der hartnäckigsten Schwächephase seit Ende des Zweiten Weltkriegs.  
 
Womit auch klar ist, was zu tun wäre: Wir müssen schleunigst von den hohen Staatsausgaben runter und die absurd hohen Förderungen für Unternehmen und Haushalte halbieren. Aber stattdessen belohnt sich die Regierung mit neuen Steuern und Abgaben. Für den eigenen politischen Unwillen, mit Rekordeinnahmen ausgeglichen zu budgetieren. Niemand braucht eine Regierung, die den Bürgern immer mehr Geld aus den Taschen zieht. Aber sehr wohl eine, die endlich die Löcher im Staatshaushalt stopft.

Erstmals erschienen in “profil” am 29.11.2025

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