Wer es wagen sollte, den Wirtschaftsstandort Österreich nicht mit Bestnoten zu versehen, steht im Verdacht, finsteren Mächten zu dienen. – Kommentar von Franz Schellhorn
Mit Rankings ist das hierzulande so eine Sache. Wird das rot-grün regierte Wien von der US-Unternehmensberatung Mercer zu den lebenswertesten Städten der Welt gezählt, klopfen sich schon mal unzählige Hände auf die eigenen Schultern. Da wird nicht lange nach der Methodik gefragt, da stört es auch nicht weiter, wenn in Wien lebende Manager befragt werden, die das Bildungssystem über den rot-grünen Klee loben, weil die lokalen Privatschulen sehr gut und im weltweiten Vergleich gesehen auch ziemlich günstig sind.
Kommt dieselbe US-Unternehmensberatung Mercer aber zum Schluss, dass das heimische Pensionssystem finanziell auf wackeligen Beinen steht, kennt die Empörung links der Mitte keine Grenzen. Die Studie sei pure Propaganda, den Autoren gehe es nur darum, das österreichische Pensionssystem schlechtzureden, um dessen Privatisierung den Weg zu ebnen. Zum Wohl der Kunden von Mercer, versteht sich. Obwohl deren Studie den Österreicher nur ans Herz legt, angesichts der rasant steigenden Lebenserwartung doch etwas später in Frühpension zu gehen, um das staatliche Pensionssystem für kommende Generationen leistbar zu halten.
Für helle Aufregung ist auch dann gesorgt, wenn der Wirtschaftsstandort Österreich in internationalen Vergleichen nicht mit Bestnoten bedacht wird. So geschehen in der Vorwoche, als das World Economic Forum (WEF) Österreich auf Platz 22 von 140 Ländern reihte. Das ist nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Weshalb sich die Damen und Herren des WEF von Volkswirten der Arbeiterkammer schon mal als propagandistischer Lobby-Verein des internationalen Großkapitals abkanzeln lassen durften. Das Ranking sei schon deshalb nicht seriös, weil Manager befragt wurden. Und die hätten vor allem ein Interesse: den Standort schlechtzureden, um dann mit dem Verweis auf das bescheidene Abschneiden bessere Bedingungen für die Konzerne durchzudrücken, wie niedrigere Steuern und weniger Regulierung.
Abgesehen davon, dass die Standortrankings zum Großteil auf knallharten Daten offizieller Statistiken beruhen, lässt dieser selektive Umgang mit Rankings erahnen, warum in Österreich sachliche Diskussionen kaum noch möglich sind. Es geht nämlich nur noch darum, wie das Ergebnis aussieht. Passt es nicht, wird ein bewährtes Prozedere in Gang gesetzt: Zuerst werden die Kritiker heruntergemacht und als Protagonisten einer obskuren Verschwörung „entlarvt“. In weiterer Folge werden aus einer Unzahl von Bewertungen die unplausibelsten herausgepickt, um die Rankings der Lächerlichkeit preiszugeben und einer möglicherweise ganz brauchbaren Stärken-Schwächen-Analyse den Garaus zu machen.
Warum kann man es zur Abwechslung nicht mal etwas billiger geben und sich die Arbeiten in aller Ruhe ansehen? Zumal unbestritten ist, dass der Wohlstand in Österreich ein enorm hoher ist und diese Standortanalysen keine wissenschaftlich wasserdichten Auswertungen sind. Sie haben zweifellos ihre Schwächen, aber das gilt für alle Rankings, also auch für jene, in denen die Stadt Wien Jahr für Jahr in den Himmel gehoben wird. Hinzu kommt, dass das Urteil des WEF keineswegs vernichtend ausfällt. Das Land bekommt hervorragende Bewertungen in puncto öffentliche Infrastruktur, Berufsausbildung, Arbeitnehmerrechte oder gesamtwirtschaftliche Stabilität. Nach unten gezogen wird der Standort in den Rankings von der Überbürokratisierung, der niedrigen Arbeitskräftemobilität oder der hohen Besteuerung von Arbeit, weil von den im internationalen Vergleich doch sehr hohen Arbeitskosten sehr wenig auf den Konten der Beschäftigten landet.
Vielleicht ist es ja doch so, dass der Befund alles in allem ein ziemlich realistisches Bild zeigt. Womöglich beschäftigen wir Österreicher uns tatsächlich zu sehr mit dem Verteilen und zu wenig mit der Frage, wie wir das zu Verteilende künftig erwirtschaften wollen. Und könnte es nicht sein, dass mit Österreich vergleichbare Länder in der jüngeren Vergangenheit deutlich mehr unternommen haben, um den hohen Wohlstand der Bevölkerung abzusichern? Vielleicht gibt es tatsächlich gute Gründe dafür, dass Staaten wie Schweden, Dänemark, die Schweiz und die Niederlande in den Rankings klar vor Österreich liegen. Weil sie durchaus ähnlich gelagerte Herausforderungen längst angenommen haben, statt sich damit zu begnügen, die Kritiker zu kritisieren. Das gilt insbesondere für die nordischen Wohlfahrtsstaaten, deren Regierungen sichergestellt haben, dass in konjunkturell guten Jahren Budgetüberschüsse abfallen. Länder wie Schweden haben die rasant steigende Lebenserwartung in ihren Pensionssystemen längst berücksichtigt und sie damit wetterfest gemacht.
Das permanente Erneuern hat diese Länder in die Gruppe der zehn wettbewerbsfähigsten der Welt gebracht, während Österreich nur im bescheidenen Mittelfeld zu finden ist. Aber wie wir wissen, ist das mit den Rankings hierzulande ja so eine Sache.
Kommentar von Franz Schellhorn im „profil“, 20.10.2018
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