Wie mehr Lohn zu weniger Einkommen wird
- 02.04.2016
- Lesezeit ca. 2 min
Das abgelaufene Jahr brachte dem Staat einmal mehr rasante Einnahmensteigerungen – die sind auch der Grund dafür, dass die privaten Haushalte von den höheren Löhnen nicht allzu viel zu sehen bekamen.
Im Jahr 2015 sind die Löhne in Österreich um 2,7 Prozent gestiegen, also deutlich stärker als die Inflationsrate. Eine überaus erfreuliche Nachricht, hätte die Statistik Austria nicht gleichzeitig von real sinkenden Haushaltseinkommen berichtet.
Was uns natürlich zur Frage führt, wie es dem Staat gelingen konnte, die kräftigen Lohnsteigerungen in sinkende Haushaltseinkommen zu verwandeln. Die Antwort ist vergleichsweise schnell gefunden: Die Regierung hat den privaten Haushalten um 6,6 Prozent mehr an Einkommensteuern und 3,2 Prozent mehr an Sozialbeiträgen abgenommen, wodurch die kräftigen Lohnzuwächse zunichte gemacht wurden.
Die höheren Staatseinnahmen bei der Einkommensteuer gehen vor allem auf das Konto der „Kalten Progression“: Die Bürger verdienen zwar brutto deutlich mehr, nach Abzug der Inflation bleibt ihnen davon aber in vielen Fällen nichts davon übrig. Dem Finanzminister bleibt hingegen sehr wohl mehr, weil der Staat die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung nicht um die Inflationsraten korrigiert. Auch Vorzieheffekte haben die Einnahmen für den Finanzminister erhöht, z.B. Aktienverkäufe, mit denen die höhere Kapitalertragsteuer ab 2016 vermieden werden sollte.
Die Arbeitnehmer des Landes haben sich die im heurigen Jahr gewährte Tarifsenkung also längst selbst bezahlt – sie ist so etwas wie eine teilweise Rückzahlung bereits geleisteter Lohn- und Einkommensteuern. Überraschend ist, dass sich ausgerechnet die Arbeitnehmervertreter gegen eine komplette Ausschaltung der kalten Progression wehren, obwohl dies in anderen Ländern längst gang und gäbe ist.
Generell fällt auf, dass die Staatseinnahmen überaus dynamisch wachsen – ungeachtet der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung. Seit 2005 sind die Einnahmen um 39 Prozent gestiegen – bei einer Inflationsrate von knapp 21 Prozent.
Allein im Vorjahr stiegen die Staatseinnahmen um 3,8 Prozent. Die stark angewachsenen Einnahmen änderten aber nichts daran, dass die Republik einmal mehr mit einem Defizit von 3,9 Milliarden Euro abgeschlossen hat. Das war zwar erfreulicherweise deutlich weniger als geplant – aber es war dennoch ein Defizit.
Der Bundeshaushalt der Republik 2015 war übrigens zum 53. Mal in Folge im Minus. In den vergangenen 70 Jahren gab es somit 66 Defizite, denen vier Budgetüberschüsse gegenüberstehen.
Mehr interessante Themen
Reallöhne steigen kräftig
Die steigenden Preise machten es in den letzten Jahren vielen österreichischen Haushalten schwer, mit ihren Budgets auszukommen. Da sich die Löhne zunächst unterhalb der Inflation entwickelten, kam es zu einer finanziellen Belastung der Arbeitnehmer. Nun steigen die Reallöhne aber wieder kräftig, im Jahr 2024 um 2,8 Prozent.
Die Republik der verarmten
Die Inflation ist besonders deswegen so schädlich, weil sie ärmere Haushalte stärker trifft. Deswegen wurde auch jahrelang davor gewarnt. Als sie dann schlussendlich kam, blieb der Regierung nur mehr, den Bedürftigen zu helfen, diese schwere Phase zu überstehen. Trotz Rekordinflation ist es aber gelungen, die Kaufkraft der Bevölkerung zu erh
Österreich: Pro Kopf mehr Schulden als Griechenland
In der Corona-Pandemie riefen alle nach dem Staat und dieser ließ sich nicht lange bitten. Rasch wurden Staatsprogramme aufgefahren, um den Wohlstand der Haushalte und den Fortbestand der Unternehmen zu sichern.
Dem Sozialstaat gehen die Finanziers aus
Eine breite Mehrheit der Bevölkerung profitiert von Leistungen, die nur noch eine Minderheit bezahlt. Für die Anhänger einer starken Umverteilung sollte das alarmierend sein.
Das wahre Budgetdefizit liegt bei 20 Prozent
Vergangene Woche hat Finanzminister Magnus Brunner sein zweites Budget präsentiert.
Budgetrede: Was uns Finanzminister Brunner eigentlich sagen will
Politische Erfolge zu überhöhen und unübersehbare Probleme kleinzureden hat in Österreich Tradition. Es ist höchste Zeit, damit zu brechen.