Beschäftigung

Gleiche Chancen für alle? Ja, aber oft nur bis zum ersten Kind

Gleiche Chancen für alle? Ja, aber oft nur bis zum ersten Kind

Der internationale Weltfrauentag wird seit dem Jahr 1911 am 8. März gefeiert. In einigen Staaten wie etwa der Ukraine ist der Termin sogar ein gesetzlicher Feiertag. In der EU haben nur die Einwohner Berlins an diesem Tag frei. Das Ziel des Weltfrauentags ist indes überall dasselbe: Er soll daran erinnern, dass eine Hälfte der Bevölkerung nach wie vor mehr oder weniger stark benachteiligt wird.

In Österreich ist die gesetzliche Gleichstellung von Mann und Frau längst verwirklicht. Aber es gibt noch immer einige Hürden, die Frauen zu bewältigen haben. Vor allem die Kinderbetreuung wirkt sich zu oft negativ auf das Einkommen und die Karriere der Mütter aus. Doch das muss nicht so bleiben. Die Hindernisse ließen sich leicht entfernen.

Was ist der „Motherhood Pay Gap“?

Frauen verdienen im Schnitt weniger als Männer. Dafür gibt es mehrere Gründe – und eine Hauptursache: die Kinderbetreuung. Noch immer gehen Frauen viel öfter in Karenz als Männer. 2021 waren 96 Prozent der Eltern in Karenz Frauen. Lange Karenzzeiten bedeuten fehlende Berufserfahrung und führen zu Gehaltseinbußen. Und fast noch wichtiger: Viele ursprünglich Vollzeit arbeitende Frauen wechseln nach der Karenz in einen Teilzeitjob. Das bringt nicht nur weniger Geld ein; manche Berufsangebote fallen auch ganz weg, weil sie sich nicht für eine Teilzeitlösung eignen. Oft arbeiten gut ausgebildete Frauen nach der Karenz also in schlechter bezahlten Positionen, die weit unter ihrer Qualifikation liegen. All das führt dazu, dass Mütter im Vergleich zu kinderlosen Frauen auch noch lange nach ihrer Karenz weniger verdienen. Eine Studie der Agenda Austria illustriert das Problem am Beispiel fiktiver Zwillingsschwestern, von denen eine Mutter wurde, während die andere kinderlos blieb: Zehn Jahre nach der Karenz verdient die Frau mit Kindern um ein Drittel weniger als ihre kinderlose Zwillingsschwester.

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Es zeigt sich auch, dass die Teilzeitquoten besonders in jenen Altersgruppen hoch sind, in denen Frauen häufig Mütter werden oder Kinder betreuen müssen. Arbeiteten im Jahr 2021 nur 34 Prozent der Frauen zwischen 25 und 29 in Teilzeit, waren es in der Altersgruppe 30 bis 34 schon 48 Prozent, und in der Gruppe zwischen 35 und 39 Jahren gar 59 Prozent.

Während der allgemeine Gender Pay Gap zuletzt kleiner wurde, steigt der Anteil des Motherhood Pay Gap: Im Jahr 2007 betrug der Gehaltsunterschied zwischen Frauen und Männer noch über 20 Prozent. Etwa 13 Prozentpunkte ließen sich damals mit den Auswirkungen der familiären Pflichten begründen, fast acht Prozentpunkte blieben ungeklärt. Im Jahr 2017 sank der Gender Pay Gap auf ungefähr 17 Prozent. Gestiegen ist allerdings der Anteil des Motherhood Pay Gap am gesamten Gender Pay Gap. Demnach ist fast der gesamte Gender Pay Gap auf Einkommensverluste zurückzuführen, die sich aus den Karenzzeiten und vor allem auch aus der hohen Teilzeitquote der Frauen ergeben.

Wie kann man Mütter und Väter unterstützen?

Die Karenzzeiten in Österreich sind – auch im internationalen Vergleich – eindeutig zu lang. Sie sollten auf ein Jahr pro Partner reduziert werden und nicht übertragbar sein. Das heißt, es soll nicht möglich sein, dass ein Partner gar nicht beim Kind bleibt und der andere dafür zwei Jahre lang. In Kombination mit einem Ausbau der ganztägigen Kinderbetreuung, die vor allem in Westösterreich noch große Lücken aufweist, hätten Frauen damit mehr Entscheidungsspielraum.

Denn sehr viele Frauen arbeiten vor allem deshalb in Teilzeit, weil sie sich um ihre Kinder oder um pflegebedürftige Erwachsene kümmern müssen. Immerhin 38 Prozent aller Frauen in Teilzeit nennen diesen Grund. Bei Frauen mit Universitätsabschluss sind es sogar 44 Prozent. Dabei wird jede qualifizierte Frau am Arbeitsmarkt dringend gebraucht.

Von einer Reform der Karenzzeiten und einem besseren Betreuungsangebot würden nicht nur Mütter profitieren. Auch bei Vätern, die sich um ihre Kinder kümmern, kommt es zu starken Einkommenseinbußen. Vergleicht man eine Frau in Karenz mit ihrem Zwillingsbruder in Karenz, entsprechen seine Einkommensverluste denen der Schwester – allerdings auf einem höheren Niveau. Ginge der Zwillingsbruder gar nicht in Karenz, würde sein Einkommen aber deutlich über jenem der Schwester liegen. Die Berechnungen zeigen also, dass Karenzzeiten unabhängig vom Geschlecht zu langfristigen Lohneinbußen führen.

Was bedeutet ein geringeres Einkommen für Frauen?

Ein niedrigeres Einkommen bedeutet geringeren Gestaltungsspielraum und weniger Freiheit – und zwar nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Pension. Eine Umfrage der Jobbörse StepStone zeigt, dass junge Frauen mit ihrem Gehalt meist noch zufrieden sind. Erst mit den Jahren reduziert sich diese Zufriedenheit immer mehr. Das könnte damit zusammenhängen, dass junge Frauen noch ähnlich viel verdienen wie Männer. Der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Babypause verursacht dann allerdings Frust. Wer dem Arbeitsmarkt zu lange fernbleibt, erhöht auch die Gefahr der Altersarmut signifikant. Während im Jahr 2020 unter Männern über 65 Jahren nur zehn Prozent als armutsgefährdet galten, waren es bei Frauen in dieser Altersgruppe 17 Prozent.

Wer kann was tun, um die Probleme zu lösen?

Viele Unternehmer klagen über den Mangel an Fachkräften. Zugleich gibt es noch immer nur wenige Betriebe, die Kinderbetreuung anbieten. Wer als Arbeitgeber attraktiv sein will, sollte entsprechende Angebote entwickeln. So bleiben gut ausgebildete Frauen dem Arbeitsmarkt erhalten, und die Personalsuche wird einfacher.

Klar ist, dass der Staat einiges tun kann, um Frauen unter die Arme zu greifen – etwa mit der bereits erwähnten Reform der Karenzzeiten. Doch auch die Frauen selbst können dazu beitragen, ihre finanzielle Lage jetzt und in Zukunft zu verbessern. Das freiwillige Pensionssplitting ist etwa eine Möglichkeit, um Armut im Alter zu verhindern. Bei diesem Modell überträgt der erwerbstätige Elternteil einen Anteil seiner Gutschrift auf dem Pensionskonto an den nicht erwerbstätigen Partner oder die Partnerin.

Die Erhöhung des Pensionsantrittsalters von Frauen dürfte ebenfalls zu einer Verringerung der Altersarmut führen. Ab 2024 wird das Antrittsalter von aktuell 60 Jahren bis zum Jahr 2033 schrittweise auf 65 Jahre angehoben. Diese Anhebung müsste allerdings deutlich beschleunigt werden. Nicht zuletzt wegen der höheren Lebenserwartung von Frauen ist dies wichtig. Eine längere Erwerbskarriere sichert im Ruhestand ein höheres Einkommen.

Zusätzlich zur staatlichen Pension ist es für jede Frau wichtig, auch privat vorzusorgen. Wer sich früh mit Anlagestrategien und Vermögensaufbau beschäftigt, kann Armut im Alter verhindern. Das gilt übrigens immer, nicht nur am Frauentag.


Literatur:

Köppl-Turyna, M. (2019). Kinder machen den Unterschied – Warum der Gender Pay Gap eigentlich ein Motherhood Pay Gap ist. Eine Publikation der Agenda Austria.

StepStone Österreich GmbH (2017). Studie zur Gehaltszufriedenheit. 

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