Föderalismus

Was Österreich aus der Causa „Hypo-Alpe-Adria“ lernen sollte

Aus aktuellem Anlass hat die Agenda Austria die von heimischen Bundesländern eingegangenen Haftungen analysiert. Lösungsansätze lassen sich in der Schweizer Gemeinde Leukerbad finden.

Die 1600 Einwohner zählende Schweizer Gemeinde Leukerbad zeigte sich in den frühen 1990er Jahren von ihrer großzügigen Seite: Ein neues Rathaus um 50 Millionen Franken, glitzernde Thermen, luxuriöse Hotels und Liftanlagen am letzten Stand der Technik. Obwohl die Gemeinde bereits mit 200.000 Franken pro Kopf verschuldet war, finanzierten die Geldgeber munter weiter. Sie rechneten damit, dass der Kanton einspringen würde, falls etwas schief gehen sollte. Und es ging auch etwas schief, die Gemeinde konnte ihre Kredite nicht mehr bedienen. Nur der Kanton Wallis hielt sich nicht ans Drehbuch, statt die angehäuften Schulden zu übernehmen, wurde Leukerbad in die Pleite geschickt und unter Kuratel gestellt. Die Gläubiger mussten zum Haircut, die Gemeinde veräußerte ihr Vermögen, selbst das feudale Rathaus.

In Österreich ist die Lage anders. „Überhebt“ sich hierzulande beispielsweise eine Stadt oder ein Bundesland, weil deren politische Führung über Jahre hinweg seine Wähler üppig beschenkte, führt das noch nicht in die Katastrophe. Der Schaden wird den Steuerzahlern des gesamten Staates übergeben, weil es hierzulande gesetzlich nicht vorgesehen ist, dass föderale Einheiten in die Zahlungsunfähigkeit schlittern. Weshalb die Financiers davon ausgehen, ihr Geld auf jeden Fall wiederzusehen, weil in letzter Konsequenz der Bund einspringen wird.

Für die Steuerzahler ist das eine unerfreuliche Information. Zumal es in Österreich ja nicht nur ein Bundesland gibt und niemand genau weiß, wie hoch die aufgetürmten Schulden und die eingegangen Haftungen landesweit tatsächlich sind. Der Staatsschuldenausschuss geht in seiner aktuellsten Schätzung (Daten aus 2011) davon aus, dass die Länder für knapp 70 Milliarden Euro gerade stehen. Gehaftet wird vor allem für landeseigene Betriebe und Banken. Das ist die Untergrenze, einige Haftungen konnten nicht ermittelt werden. Hinzu kommen noch einmal knapp 14 Milliarden Euro an (offiziellen) Schulden, macht unter dem Strich 84 Milliarden Euro. Das wiederum übersteigt die jährlichen Einnahmen der Länder um das Vierfache.

 

 

Dabei dürften die Länder nicht unbeschränkt Haftungen eingehen. An die im innerösterreichischen Staatspakt festgelegten Haftungsobergrenzen hält sich mit Ausnahme von Oberösterreich und Burgenland nur leider niemand. So hat Kärnten die selbst auferlegten Haftungsobergrenzen im Jahr 2011 um 1997 % (in Worten: eintausendneunhundertsiebenundneunzig Prozent) überschritten. Folgen? Keine.

Eine der Lehren aus dem Hypo-Alpe-Adria-Desaster sollte sein, genau das zu ändern.

  • Österreich braucht ein Bundesgesetz, das die Länder und Gemeinden zur Offenlegung aller Haftungen und Schulden (auch jene in ausgelagerten Gesellschaften) verpflichtet.
  • Zudem sollten die Haftungsobergrenzen vom Bund festgelegt werden, nicht mehr von den Ländern selbst.
  • Anstatt die Länder abzuschaffen, ist ein echter Föderalismus die zielführendere Variante. Ein Föderalismus, bei dem die Länder den größeren Teil ihrer Einkünfte selbst einheben und für ihre Schulden gerade stehen.
  • Das verlangt freilich nach einem klaren Insolvenzrecht für Länder und Gemeinden und nach einer glaubwürdigen Haltung des Bundes, dass er bei der Zahlungsunfähigkeit föderaler Einheiten nicht oder nur begrenzt in die Bresche springt (“No-Bailout“-Klausel). Dies würde nicht nur zu einem sorgsameren Umgang mit unseren Steuergeldern führen, sondern auch einen echten Innovations-Wettbewerb zwischen den Bundesländern fördern.
  • Überlegenswert wäre auch eine „Entnationalisierung“ der Bankenaufsicht. Im Zuge der europäischen Bankenunion werden systemrelevante Banken nicht mehr von nationalen Instanzen, sondern von der EZB kontrolliert. Das macht Interventionen politischer Würdenträger zwar nicht unmöglich, aber deutlich schwieriger.

Die Schweizer Gemeinde Leukerbad gibt es übrigens noch immer. Nur zeigt sie sich heute nicht mehr von der großzügigen Seite, sondern von ihrer „nachhaltigen“. Sie muss jährlich Schulden zurückzahlen und mit ihren Einnahmen haushalten. So wie jeder private Schuldner auch.

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