Unser Feind, der Unternehmer
Lotto-Millionäre genießen hierzulande mehr Ansehen als erfolgreiche Unternehmer, die Ideen mit viel Risiko umsetzen.
Nur einer von drei Millennials (27- bis 38-Jährige) glaubt, dass Unternehmen einen positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Das hat eine Studie des Beratungsunternehmens Deloitte ergeben. Was wiederum im Umkehrschluss bedeutet, dass eine breite Mehrheit der jungen Menschen in diesem Land der Ansicht ist, Unternehmen brächten der Gesellschaft keinen nennenswerten Nutzen. Das ist insofern überraschend, als der überwiegende Teil der Bevölkerung in Unternehmen sein Geld verdient, das wiederum vorwiegend für Güter und Dienstleistungen ausgegeben wird, die von Unternehmen bereitgestellt werden. So darf davon ausgegangen werden, dass viele der von Deloitte Befragten nach dem Aufstehen ihren Ikea-Kasten aufsuchten, ein lässiges H&M-T-Shirt überstreiften, in die globalisierte Zara-Jeans sowie die hippen Nike-Sneaker schlüpften, um nach einem kurzen Abstecher bei Starbucks ihren Ärger über die nutzlosen Unternehmen dieser Welt in ihre brandneuen iPhones zu hämmern.
Wer sich nun fragen sollte, woher das schlechte Image von Unternehmen kommt, muss nur ein wenig in heimischen Schulbüchern des Faches „Geografie und Wirtschaftskunde“ blättern. Oder täglich Radio hören, ein wenig Fernsehen, Zeitung oder „AK für Sie“ lesen. In diesem Fall wird man sich wundern, dass sich überhaupt noch jemand findet, der privates Unternehmertum für nicht ganz verkehrt hält. Schließlich wird hierzulande schon Kindern eingebläut, dass Unternehmer die Arbeiter ausbeuten, Steuern hinterziehen, tonnenweise Schwarzgeld in der Schweiz bunkern, sich mit Konkurrenten zu Lasten der Verbraucher absprechen, die Umwelt verpesten, krank machen und einzig und allein daran interessiert sind, möglichst viel Geld zu scheffeln. Nach österreichischer Logik kann nur jemand hohe Gewinne schreiben, der seinen Beschäftigten zu wenig bezahlt und seinen Kunden zu viel verrechnet hat. Jeder Lotto-Millionär wird in Österreich mehr bewundert als der findigste Unternehmer, der eine geniale Idee mit viel Risiko in die Tat umsetzt und damit zu Wohlstand kommt.
Ganz anders ist die Sache in den USA. Dort sind erfolgreiche Unternehmer die großen Helden. Jeder Amerikaner weiß, dass der Wohlstand der Bevölkerung nicht in den Ministerien entsteht, sondern in den Unternehmen. Einem Großteil der Bürger ist klar, wie hauchdünn der Grat zwischen Scheitern und Erfolg ist. Viele wissen, dass Unternehmen mit weltweit absetzbaren Produkten unerhört viel Geld verdienen können, ohne irgendjemandem etwas wegzunehmen. Sie verstehen, dass jemand, der seine gesamte Existenz auf das Spiel setzt, im Falle des Erfolgs für das eingegangene Risiko zu belohnen ist. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass Unternehmen wie Alphabet (Google), Apple, Amazon und Facebook allesamt in den USA entstanden sind. Die Gewinne dieser vier Internet-Giganten sind gigantisch. Allein Apple ist mehr wert als die 30 größten deutschen Aktiengesellschaften zusammen.
Und das ist erst der Anfang. Die erwähnten Internet-Giganten stecken den Großteil ihrer Gewinne in Start-Ups. Sie investieren also schon heute in die Wohlstandsgeneratoren von morgen. Konzerne wie Google suchen sich die größten Talente in internationalen Programmier-Wettbewerben aus. Während Programmierer und IT-Experten bei uns noch immer als schrullige „Nerds“ belächelt werden. Und Unternehmen als Institutionen, die für die Gesellschaft keinerlei Nutzen bringen. Wir sollten unsere Zugänge überdenken. Das gilt nicht nur für Millennials, vor allem aber für die Autoren der Schulbücher.
Gastkommentar von Franz Schellhorn für “Die Presse” (02.07.2021).
- Autor: Franz Schellhorn
- Themen: Unternehmer, Wirtschaftspolitik
- Datum: 03. Juli 2021