Jeder hat ein Bild im Kopf. Auch jene, die sich noch nie mit der Börse beschäftigt haben. Von frenetischen Szenen am Handelsparkett. Von fiktiven und realen Spekulanten wie Gordon Gekko oder George Soros. Oder von legendären Investoren wie Warren Buffett. Es ist im Grunde immer dieselbe Idee, die dahinter steckt. Jemand sucht ein Asset, ein Wertpapier, eine Aktie oder Anleihe - vielleicht sogar eine Währung - und profitiert von deren Kursentwicklung. Meistens nach oben. Manchmal sogar nach unten. Es ist die Jagd, nach der richtigen Spekulation zur richtigen Zeit. Es ist der Riecher, der zählt.
An Jack Bogle denkt kaum jemand, wenn es um die Börse geht. Vor genau zwei Jahren, am 16. Jänner 2019, ist der Amerikaner im Alter von 89 verstorben. Er war ein stiller Pionier. Einer, der die Investmentwelt für immer verändert hat. Er hat sich gegen dieses Bild von der Börse als Spiel der Zocker gestellt. Mit einer simplen, aber revolutionären Idee: Was, wenn man einfach den Markt kauft, statt zu versuchen, ihn zu schlagen?
Bogle wurde 1929 in New Jersey geboren. Seine Familie war schwer getroffen von der Great Depression. Der Vater verlor den Job, begann zu trinken, es kam zur Scheidung. Bogle sollte es dennoch an die Eliteuni Princeton schaffen, wo er sich schon als Student mit der amerikanischen Fondsindustrie beschäftigte. Er begann 1955 bei einer Fondsgesellschaft, arbeitete sich zu deren Chef empor – und versemmelte dann eine Übernahme derart, dass er gefeuert wurde. Das war, wie er später erzählen sollte, der Wendepunkt. Vier Jahre nach diesem einschneidenden Erlebnis gründete Bogle Vanguard – und legte sich mit der ganzen Wall Street an. Vanguard, das heißt übersetzt „Vorreiter“.
Heute ist sein Prinzip, das so genannte Index-Investing, sehr normal. Vanguard alleine verwaltet mehr als fünf Billionen Dollar. Dazu kommen unzählige andere Anbieter von Indexfonds und vor allem ETFs, also handelbare Indexfonds. Denen stand der alte Bogle selbst kritisch gegenüber. Denn die ständige Handelbarkeit von ETFs und die Tatsache, dass es auch Indexfonds für einzelne Sektoren oder Länder gibt, führt in seinen Augen zur Gefahr für Anlegerfehler. Er sah schon 1974 zwei Hauptprobleme: Selbstüberschätzung und Gebühren. Als Bogle den allerersten Indexfonds auflegte, wurde er verspottet. „Bogles Torheit” war das geflügelte Wort damals. Wie zum Teil auch heute noch wurden Manager, die Aktien kauften und verkauften, als Stars gefeiert. Aus ihnen wurden in den 1980er-Jahren die „Masters of the Universe”. Aber Bogles Idee wuchs und wuchs.
Wer den ganzen Markt kauft, den S&P500 etwa, spart Gebühren und geht das kleinste mögliche Risiko ein. Denn wer alle Aktien im Markt besitzt, erhält genau die Performance dieses Marktes. Und da Aktienmärkte (vor allem der amerikanische) in der Regel langfristig wachsen, wächst auch das Vermögen des Anlegers. In seinem Buch „Common Sense Investing” spricht er von den „unerbittlichen Regeln der bescheidenen Arithmetik”. Denn, so Bogle: Abgesehen vom Marktwachstum ist Investieren/Anlegen/Spekulieren ein Nullsummenspiel. Für jeden Dollar, den jemand über dem Markt liegt, steht jemand anderer einen Dollar im Minus. Die Daten zeigen eindeutig, dass Privatanleger den Markt in der Regel nicht dauerhaft schlagen können. Sie zeigen sogar, dass professionelle Anleger den Markt in der Regel nicht dauerhaft schlagen können. Langfristiges Index-Investing (Indexing) ist also die einzige Möglichkeit, um seinen „fairen Anteil” am Wachstum der Börse zu erhalten.
Natürlich entbehrt sein Ansatz nicht einer gewissen Ironie. Der Index-Investor ist stets auf die Buffetts, Gekkos und Soros’ dieser Welt angewiesen. Ohne aktive Investoren, Fondsmanager und Spekulanten gibt es keinen Markt. Aber trotz des Siegeszugs von Bogles Idee sind wir heute weit davon entfernt, dass alle nur noch passiv investieren. Jeden Dollar in ETFs zu „passivem” Vermögen zu zählen, ist auch ein Fehler. Denn diese ETFs werden in der Regel sehr aktiv gehandelt – das macht für viele ja ihren Reiz aus. Nach Bogles Ausscheiden aus der aktiven Firmenführung, ist auch Vanguard ins wachsende Geschäft mit den börsegehandelten Indexfonds eingestiegen. Inzwischen ist die Firma Nummer zwei hinter Blackrock.
Warren Buffett hat Kleinanlegern wiederholt empfohlen, auf Indexfonds zu setzen. Bogle habe seinen Kunden „Milliarden” an Gebühren und Verlusten durch Handelsfehler erspart. Wer sich selbst an die Börse wagt und seine Emotionen nicht perfekt im Griff hat, der weiß, wovon Buffett spricht. Bis heute ist Vanguard die einzige Fondsgesellschaft, deren Anleger in Krisen (netto) stets zugreifen. Sie sind auf den langfristigen Anlagehorizont fixiert. Sie wissen aber auch, dass sie zu wenig wissen, um vernünftige Entscheidungen zu einzelnen Wertpapieren treffen zu können. Dass der Markt tatsächlich schlauer ist als sie. Es braucht Größe, sich so etwas einzugestehen.
Die mediale Dauerberieselung mit Investmenttrends macht das nicht leichter. „Kaufe und halte einen langweiligen Weltfonds” zieht nicht als Schlagzeile. Und viele, ja wirklich viele, zeigen vor, dass man den Markt ja doch schlagen kann. Es geht. Aber nur wer überhaupt weiß, dass es eine Alternative gibt, kann sein Risiko einschätzen. Dank Jack Bogle wissen wir es.
Seine Maximen:
Gastkommentar von Nikolaus Jilch für „OWN360“ (22.01.2021)
Dass führende Politiker in Österreich nicht viel vom Aktienmarkt halten, ist nicht neu. Daher wollen sie auch nicht, dass in den Schulen etwas darüber erzählt wird. Lieber bedienen sie klassenkämpferische Ressentiments und malen die in Rauch aufgegangene Altersvorsorge an die Wand. Dabei zeigen die Zahlen, dass es sich lohnt, etwas über Aktie
Die ersten Jahre sind entscheidend für die sprachliche und soziale Entwicklung eines Menschen. Kinder sind in frühen Jahren besonders lernfähig. Was in dieser Zeit verpasst wird, erhöht später die Kosten für das Bildungssystem, aber auch für die Gesellschaft insgesamt.
Hätte jemand vor zehn Jahren angefangen, jeden Monat 180 Euro aufs Sparbuch zu legen, dann hätte er zwar real einen Teil seines Vermögenszuwachses schon wieder an die Inflation verloren, trotzdem hat er fast 20.000 Euro zur Verfügung.
Mittlerweile gibt es zwar wieder Zinsen, die Gratisgeldpolitik der EZB hat aber ein großes Loch in die Konten der Sparer gerissen. Das betrifft vor allem die Bürger Österreichs, die knapp 300 Milliarden Euro am Sparbuch und am Konto horten.
Die Notenbank erhöhte vergangene Woche die Leitzinsen um einen Viertelprozentpunkt, bereits zum zehnten Mal in Folge seit der Zinswende im Sommer 2022.
In Österreich ist es mittlerweile schwierig, sich aus eigener Kraft ein Vermögen aufzubauen. Das liegt auch daran, dass Sparformen wie Sparbuch oder Lebensversicherung – die beliebtesten Anlageformen der Österreicher – kaum Ertrag abwerfen.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennen