Was ist “Austerität”?
- 13.11.2018
- Lesezeit ca. 2 min
Spricht man in der öffentlichen Diskussion von „Austerität“, so ist nicht immer klar, was genau gemeint ist. Will man den Effekt von Austerität auf Italiens momentane wirtschaftliche und politische Lage analysieren, ist eine klare Definition der relevanten Begriffe von Vorteil.
Beginnen wir grundsätzlich: Allgemein wird unter Austerität Sparpolitik verstanden, also weniger Geld auszugeben, als eingenommen wurde. Doch die Sache ist komplexer. Der Duden defininiert den Begriff als „strenge Sparpolitik zur Verringerung der Staatsverschuldung“. Im Oxford English Dictionary hingegen werden mit „Austerity“ „difficult economic conditions created by government measures to reduce public expenditure“ bezeichnet, also „schwierige wirtschaftliche Bedingungen, die von einer Regierung geschaffen werden, um die Staatsausgaben zu senken“.
Die Definition von Austerität ist jedenfalls nicht unbedingt einheitlich. Der italienische Ökonom Alberto Alesina definiert sie als politische Maßnahmen, die darauf abzielen, das Defizit zu reduzieren, also als Summe der Ausgabensenkungen und Steuererhöhungen.[1] Ökonomen analysieren dabei nicht nur, ob ein Staat weniger ausgibt als zuvor, sondern ob eine Regierung/ein Parlament tatsächlich aktiv das Defizit ausweitet oder verringert. Dafür werden konjunkturelle Effekte ebenso aus dem Budgetsaldo herausgerechnet wie die Zinszahlungen. Eine positive Veränderung der sich daraus ergebenden Primärbilanz ist etwa in den meisten wissenschaftlichen Papieren als Austerität definiert.
Wiederum andere Diskussionsbeiträge greifen wie die Definition des Oxford English Dictionary bereits auf die möglichen Konsequenzen der Austeritätspolitik vor: Der Politikwissenschaftler Mark Blyth beschreibt in seinem Buch Austerität auch als eine Art „freiwillige Deflation“, also ein Absenken des Preis- und Lohnniveaus. Durch reduzierte Lohnstückkosten, Preise und Staatsausgaben sollen Wettbewerbsfähigkeit und Konjunkturoptimismus wiederhergestellt werden.[2]
Ein Staat finanziert seine Ausgaben aus Steuereinahmen, und wenn die Einnahmen nicht ausreichen, werden Schulden gemacht und Staatsanleihen begeben. Austerität kann also bedeuten, dass entweder Staatsausgaben sinken oder Steuereinahmen steigen, um damit kurzfristig das Defizit und langfristig die Staatsschulden zu senken.
Austerität, so könnte man also angesichts der Debattenbeiträge schließen, kann nicht nur an der Budgetpolitik, sondern an der Wirtschaftspolitik insgesamt festgemacht werden. Und nicht immer werden Ökonomen und die Öffentlichkeit dasselbe meinen, wenn sie von Sparpolitik sprechen.
Mehr interessante Themen
Sozialer Wohnbau: Das Vermögen der (gar nicht so) kleinen Leute
Auch wenn es niemand glauben mag: Wohnen in Österreich ist vergleichsweise günstig. Die Wohnkostenbelastung der Haushalte beträgt im Schnitt rund 19 Prozent des verfügbaren Einkommens. Damit liegen wir im EU-Vergleich im Mittelfeld. Mieterhaushalte zahlen natürlich mehr als Eigentümer, aber mehr als drei Viertel von ihnen profitieren hierzula
Bildungskarenz: Ich bin dann mal weg!
Die Bildungskarenz war eine gute Idee, erfüllt aber nicht die von der Politik gesetzten Ziele – und wird immer teurer. An einer grundlegenden Reform führt kein Weg vorbei.
Die Schuldenbombe tickt: Wird Österreich das neue Italien?
Mehr als ein Jahrzehnt lang konnten sich Staaten kostenlos verschulden, die Zinsen lagen praktisch bei null. Damit sollten den Staaten Zeit erkauft werden, sich nach der Finanzkrise zu modernisieren. Statt diese Zeit aber für Reformen zu nutzen, wurde das vermeintliche Gratisgeld mit beiden Händen ausgegeben. Österreich muss seinen Ausgabenrausc
Was die Preise in Österreich so aufbläht
Die Inflation in Österreich hält sich hartnäckig. Fast acht Prozent waren es im Jahr 2023. Für das Jahr 2024 werden vier Prozent vorhergesagt. Während viele andere Länder schon aufatmen können, ist die Inflationskrise für uns also noch nicht vorbei. Warum tut sich gerade Österreich so schwer? Wir prüfen drei Thesen.
Balken, Torten, Kurven Zweitausenddreiundzwanzig
Die Zeit der Lockdowns und Ausgangssperren war vorbei, die Wirtschaft zeigte sich nach den verheerenden Corona-Jahren in bester Laune, nur die hohe Teuerung hat uns die gute Stimmung verdorben (vom Finanzminister einmal abgesehen – der freute sich).
E-Government: „Hobn’S kan Ausweis?“
Die öffentliche Verwaltung soll digitalisiert werden. Das verspricht die Politik seit Jahren. Diverse Angebote gibt es bereits, doch der große Durchbruch wollte bisher nicht gelingen. Das liegt nicht nur an der Regierung. Auch die Bürger müssten, im eigenen Interesse, etwas mehr Bereitschaft zur Veränderung aufbringen.