Da Spanien direkt in die Preise eingreift, geht ihre Lenkungswirkung ein Stück weit verloren. Man sieht das am Gasverbrauch in beiden Ländern: Österreich hat im letzten Jahr um rund elf Prozent weniger Gas verbraucht als im Vorjahr; EU-weit lag der Rückgang bei 13 Prozent. Spanien hat seinen Verbrauch dagegen nur geringfügig reduziert. Dasselbe trifft auf Portugal zu, wo der iberische Gaspreisdeckel ebenfalls gilt. Während also die meisten europäischen Länder alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, möglichst wenig Gas zu verbrauchen, wurde in Spanien keine Anpassung für nötig erachtet.
Nun könnte man einwenden, dass Gassparen in Spanien weniger wichtig ist, weil das Land bereits vor der Krise einen guten Zugang zu LNG hatte und nicht von russischen Lieferungen abhängig war. Für Österreich war das keine Option; hier fehlte es an Gas. Langfristig kann es sich für Spanien und einige andere Länder aber noch rächen, dass sie die Inflation in den verschiedensten Lebensbereichen zu unterdrücken suchen.
Das gilt besonders für Maßnahmen, die man nicht ewig durchhalten kann. Zum Beispiel wurde in Spanien die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel ausgesetzt. Vielleicht bleibt man sogar dauerhaft dabei; der Steuersatz betrug ohnehin nur vier Prozent. Doch in Österreich wäre so eine Maßnahme wohl nur temporär möglich. Unklar ist auch, in welchem Ausmaß die Supermärkte diese Steuersenkung weitergeben würden. Wenn die Aussetzung irgendwann endet, werden die Preise sprunghaft nach oben gehen. Dieses Phänomen war zu beobachten, als während der Corona-Pandemie die Mehrwertsteuer auf touristische Dienstleistungen ausgesetzt wurde.[1] Die Steuersenkung wanderte direkt in die Kassen der Betriebe, obwohl in dieser Branche eine Steuersenkung vielleicht eher weitergegeben werden würde als im Lebensmittelhandel. Schmerzlich wird uns hierzulande auch bewusst, dass die Aussetzung der Mieterhöhungen im regulierten Wohnungsmarkt im Jahr 2021 keine gute Idee war. Nun müssen die Haushalte die jahrelang verschleppten Valorisierungen auf einmal und zum ungünstigsten Zeitpunkt nachholen. Spanien hat auch dafür eine Lösung gefunden: eine Mietpreisbremse. Sie dürfte mit den sinkenden Verbraucherpreisen zwar wenig zu tun haben – 75 Prozent der Spanier wohnen im Eigenheim, daher spielen die Mieten auch im spanischen Warenkorb nur eine untergeordnete Rolle (3,6 Prozent).[2]
Die langfristigen Auswirkungen auf den ohnehin schon kleinen und teuren spanischen Mietwohnungsmarkt sind jedoch abzuwarten. Die Erfahrung mit Mietpreisbremsen lehrt, dass sie die Zahl der Mietwohnungen auf lange Sicht noch mehr reduzieren, weil sich der Immobilienmarkt dann stärker auf Eigentumswohnungen konzentriert. In diesem Fall profitieren vor allem Besserverdiener, die zu vergleichsweise preiswerten Eigentumswohnungen kommen. Sie sind es auch, die im Zweifel die wenigen, aber günstigen Mietwohnungen erhalten, da die Vermieter weiterhin auf den Lohnzettel schauen.
Daher: Nein. Spanien bekämpft keinesfalls die Ursachen der Inflation. Die künstlich niedrigen Preise lassen nur die Symptome auf den ersten Blick weniger stark erscheinen.
Aber auch Österreich taugt hier nicht als Vorbild. Indem die Teuerung für alle Haushalte weitreichend kompensiert wird und die Hilfen nicht nur Bedürftigen zugutekommen, wird die Nachfrage noch zusätzlich gestützt. Da die aktuelle Inflation durch eine Verknappung des Angebots getrieben ist, schiebt diese Politik die Teuerung sogar noch leicht an. Die EZB weist darauf hin, dass vor allem dauerhafte und nicht zielgerichtete Hilfen, die zudem Sparanreize entziehen (etwa den, weniger Energie zu verbrauchen), den Inflationsdruck in der Eurozone verschärfen könnten.[3] Auch wenn manche der Maßnahmen – wie in Spanien – kurzfristig inflationsdämpfend gewirkt haben, erwartet man in Frankfurt mit dem Auslaufen dieser Maßnahmen ab 2024 verstärkende Effekte auf die Teuerung.
Fußnoten
Schwerpunkt 1: Mehr Wachstum braucht das Land! Wirtschaftswachstum ist in Österreich zu einem Fremdwort geworden. Nicht nur in der Statistik und in den Prognosen der Institute ist es inzwischen weitgehend der Stagnation gewichen. Auch in den Wahlprogrammen der Parteien kommt es kaum noch vor. Man sollte ja erwarten, dass ein Land, dessen reales Br
Wohnen ist in Österreich nicht teurer als in anderen europäischen Ländern. Die Wohnkostenbelastung liegt unter dem EU-Schnitt. Und doch gibt es Verbesserungsbedarf: Künftige Regierungen sollten den Aufbau von Wohneigentum in der Mitte der Gesellschaft erleichtern, den geförderten Mietmarkt treffsicherer machen und dafür sorgen, dass ausreiche
Der Sozialstaat ist eine Errungenschaft, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden – aber auch eine finanzielle Belastung, die sich immer schwerer stemmen lässt. Die nächste Regierung wird um Sparmaßnahmen nicht herumkommen, wenn das System zukunftsfit bleiben soll. Für die Bürger muss das nicht unbedingt Verschlechterungen mit sich br
Eigentlich wollte die Regierung ja die Staatsschulden senken und die Bürger entlasten. Beides ist leider spektakulär misslungen. In der kommenden Legislaturperiode muss die Politik das Ruder herumreißen und einen Sparkurs einschlagen. Die gute Nachricht: Es gibt ziemlich viele Maßnahmen, die man setzen kann.
Österreich gibt sehr viel Geld für Bildung aus – und bekommt dafür nur mittelmäßige Resultate. In Schulnoten ausgedrückt verdient der Bereich bestenfalls ein „Befriedigend“. Dabei wäre es gar nicht so schwer, Einserschüler zu werden, auf dem Bildungsmarkt gibt es viele gute Ideen. Die nächste Regierung muss das Rad also nicht neu erf
Die österreichische Wirtschaft leidet unter Personalmangel. Zugleich nimmt die Arbeitslosigkeit wieder zu und die Teilzeitjobs werden immer mehr. Die nächste Regierung hat es in der Hand, den toxischen Cocktail, der sich auf dem Arbeitsmarkt zusammen
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennen