Was zu tun wäre

Und wie es zu lösen wäre

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Die Zahl der Lehrlinge hat also wenig bis nichts damit zu tun, wie streng bzw. liberal die Gewerbeordnung ist. Die Agenda Austria tritt daher dafür ein, sich nicht hinter dem Thema “Lehrlinge” zu verschanzen, wenn die Absicht eigentlich eine andere ist, nämlich eine Reform der Gewerbeordnung möglichst klein zu halten. Konstruktiver wäre es, sich mit gezielteren Maßnahmen für eine Stärkung der Lehre einzusetzen.

Soll die Lehre wieder attraktiver werden, muss sie aufgewertet werden. Eine abgeschlossene Lehre und ein Jahr Berufserfahrung in der jeweiligen oder einer verwandten Branche sollten die Berechtigung geben, sich selbständig zu machen, alternativ zur Meisterprüfung. Dies soll als transparente und grundsätzlich geltende Regelung für alle Gewerbe der Fall sein, die weder streng reguliert noch völlig frei zugänglich sind. Hier sollte Österreich weiter gehen als Deutschland mit seiner ”Altgesellenregelung”. Wer eine Lehre absolviert hat, hat ohnehin schon Berufserfahrung gesammelt. Die duale Ausbildung würde mit dieser Maßnahme eindeutig gestärkt. Zudem gilt es die Möglichkeiten auszubauen, mit einem erfolgreichen Lehrabschluss auch die Fachhochschule zu besuchen. Auch das würde die Lehre attraktiver machen.

Neben dieser Regelung sollen die bestehenden Möglichkeiten erhalten bleiben, den Befähigungsnachweis zu erbringen. Dabei gilt es künftig sicherzustellen, dass die prüfende Institution in keinem Interessenskonflikt steht, wenn sie über die Leistungen eines Prüflings entscheidet. Bei der Entscheidung sollte es allein um die Qualitätssicherung gehen und nicht etwa auch darum, ob existierende Unternehmen Wettbewerb verhindern wollen.

Für die Unternehmen soll es leichter sein, Lehrlinge aufzunehmen. Das würde teures Geld für öffentliche Ausbildungsplätze sparen helfen. Dafür ist es wichtig, den ”Mismatch” zu bekämpfen – offene Lehrstellen in Branchen und an Orten, wo keine gesucht werden bzw. Nachfrage nach nicht vorhandenen Lehrstellen in Branchen und Orten.

  • In der Gastronomie gibt es viele offene Lehrstellen. Die Agenda Austria hat bereits im Paper ”Mindestlöhne: Gibt es Spielraum nach oben?” darauf hingewiesen, dass dort ein höherer Kollektivvertragslohn und damit auch eine höhere Lehrlingsentschädigung möglich wäre, ohne dass Arbeitsplätze verloren gehen. Dann könnten mehr Jugendliche in Betracht ziehen, Koch oder Kellner zu werden.
  • Lehrstellenanbieter können sich nicht darauf verlassen, dass ein Schulabgänger nach neun Jahren Schulpflicht ein Mindestmaß an Fähigkeiten mitbringt. Hier würde ein standardisierter Schulabschluss helfen: Nur wer über bestimmte Deutsch- und Mathematikkenntnisse verfügt, hat seine Schulpflicht absolviert. Das würde dagegen helfen, dass in den Bundesländern viele Lehrstellen offen bleiben, weil die Unternehmen keine ausreichend ausgebildeten Jugendlichen finden.
  • Die meisten Jugendlichen drängen in drei bis vier populäre Lehrberufe – Stichwort Friseurin und Automechaniker. Gezieltere Information in Schulen über die Vielzahl der Lehrberufe könnte dagegen helfen.

Auch der sogenannte ”Blum-Bonus” hat es in der Vergangenheit für Unternehmen attraktiver gemacht, Lehrlinge einzustellen. Nach diesem Modell haben Lehrbetriebe einige Jahre lang Förderungen für die Einstellung von zusätzlichen Lehrlingen erhalten; dies wurde 2008 aber wieder abgeschafft. Derzeit kursiert die Idee eines ”Blum-Bonus neu”.[1] Dieser ist sicher die bessere Alternative zu den teuren überbetrieblichen Ausbildungsplätzen des AMS, sollte aber nicht ohne die Maßnahmen gegen den ”Mismatch” eingeführt werden. Sonst würden damit allenfalls die Symptome behandelt.

Wichtig ist auch die Anpassung an das moderne Berufsumfeld. 2016 suchten junge Menschen Ausbildungsplätze in der Land- und Forstwirtschaft sowie in Büroberufen, wo es jetzt schon wenige offene Plätze gibt. Gerade in Büroberufen wird die Digitalisierung zu weniger Stellen führen. Das Angebot an Lehrberufen muss solche Trends berücksichtigen.

Nicht zuletzt würde jede Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Österreich zu mehr Unternehmen und damit mehr Lehrbetrieben führen – wie bereits aufgezeigt ist die Zahl der ausbildenden Firmen ja deutlich gesunken. Die entsprechenden Stichworte lauten: gutes Investitionsklima, weniger und klarere Regulierung, flache Verwaltungshierarchien und leicht erreichbare Anlaufstellen für die Unternehmen. Dies sind wesentliche Voraussetzungen für ein Engagement von Firmen in der dualen Ausbildung.[2]

 


Fußnoten

  1. Siehe Vorarlberger Nachrichten vom 18.09.2016
  2. Vgl. Schneeberger und Nowak (2007), S. 8.
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