Kurz und bündig
- 28.09.2016
- Lesezeit ca. 1 min
Und wie es zu lösen wäre
Mit der Publikation “Warum die Gewerbeordnung ein übler Geselle ist – Anleitung zur Entfesselung des österreichischen Gewerbes” hat die Agenda Austria einen umfassenden Vorschlag zur Modernisierung der Gewerbeordnung vorgelegt. In erwähnter Arbeit sprechen wir uns dafür aus, nur noch jene Gewerbe streng zu reglementieren, deren Ausübung Mensch, Tier oder Umwelt gefährdet und listen dabei 15 Gewerbe auf, für die das auf jeden Fall zutrifft. Für diese streng regulierten Gewerbe ist auch weiterhin eine Meisterprüfung abzulegen.
Wir orientieren uns dabei am Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof vom 27. November 2013, das die Regulierung des Fotografengewerbes für unzulässig erklärte. In diesem Erkenntnis lassen sich starke Hinweise darauf finden, dass weite Teile der österreichischen Gewerbeordnung verfassungswidrig sind.
Um den Konsumentenschutz zu erhalten bzw. im Vergleich zum Status quo sogar zu verstärken, hat jeder Gewerbetreibende eine Haftpflichtversicherung abzuschließen. Eine solche Regelung würde einen leichteren Zugang zu Dutzenden von Gewerben bedeuten. Die Meisterprüfung soll dann nur noch für die viel geringere Zahl der reglementieren Gewerbe verlangt werden, wobei sie in allen anderen Gewerben freiwillig abgelegt werden kann. Etwa, um sich von den Mitbewerbern zu unterscheiden.
Als Vorbild dient die deutsche Handwerksreform. Gegner einer solchen Liberalisierung der Gewerbeordnung stellten daraufhin die These auf, dass gerade die deutsche Reform ein abschreckendes Beispiel sei. Die Zahl der Ausbildungsplätze sei in den liberalisierten Gewerben spürbar gesunken. Kurz: Wer die Gewerbeordnung lockert, ist schuld daran, dass es weniger Lehrstellen in Österreich geben wird.
Nun ist festzuhalten, dass es nicht Aufgabe der Gewerbeordnung ist, die Zahl der Lehrstellen möglichst hoch zu halten. Die Einschränkung der Erwerbsfreiheit ist insbesondere mit einem Schutz von Leib und Leben zu rechtfertigen. Ungeachtet dessen ist die duale Ausbildung in Österreich ein Erfolgsmodell, das sich auch in der niedrigen Jugendarbeitslosigkeit niederschlägt.
Unbestreitbar ist, dass die Zahl der Lehrlinge in Deutschland rückläufig war. In diesem Policy Brief zeigen wir, dass es nicht die deutsche Reform der Handwerksordnung war, die dazu führte. Dass es in Deutschland – wie auch im streng regulierten Österreich – heute deutlich weniger Lehrlinge gibt als früher, hat andere Gründe:
- Demografie: Es gibt deutlich weniger Jugendliche als früher.
- Das schlechte Image der Lehre
- Das konjunkturbedingte Sinken der Zahl der Lehrbetriebe
- Die Diskrepanzen am Arbeitsmarkt (“Mismatches”): Angebot und Nachfrage bei Lehrstellen passen nicht zusammen.
Gerade weil aus Sicht der Agenda Austria die Lehre ein wichtiger Ausbildungsweg ist, geben wir Empfehlungen ab, wie diese Art der Berufsausbildung wieder attraktiver werden könnte. Statt eine Gewerbeordnung zu verteidigen, die vorhandene Privilegien unter dem Deckmantel des Konsumentenschutzes rechtfertigt, und gleichzeitig über sinkende Lehrlingszahlen zu klagen, plädiert die Agenda Austria für eine Aufwertung der Lehre:
- Eine abgeschlossene Lehre mit einem Jahr Berufserfahrung in derselben oder einer verwandten Branche sollten jedem die Berechtigung geben, sich selbständig zu machen.
- Diskrepanzen auflösen (“Mismatches”).
- Branchen mit vielen offenen Lehrstellen sollten höhere Lehrlingsentschädigungen anbieten.
- Mehr Anreize für innerösterreichische Mobilität: Lehrstellensuchenden ermöglichen, dort hinzugehen, wo die Lehrstellen sind.
- Ein standardisierter Schulabschluss: Nur wer bestimmte Grundkenntnisse nachweisen kann, hat seine Schulpflicht absolviert – damit Anforderungen und Kenntnisse zusammenpassen.
- Gezieltere Information über Lehrberufe und deren Möglichkeiten, um das Image einiger Berufe zu verbessern.
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