Budgetanalyse: Österreich zündet die Schuldenrakete
- 14.10.2020
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Auszahlungen
Die Auszahlungen des Bundes werden heuer erstmals in der Geschichte Österreichs bei über 100 Milliarden Euro liegen. In den kommenden fünf Jahren des Finanzrahmens bis 2024 werden gleichzeitig auch die fünf höchsten Auszahlungsbudgets der Republik eingeplant. Zwar sinken die Auszahlungen bis 2023 wieder, sie bleiben aber dauerhaft oberhalb des Trends der vergangenen fünf Jahre. Selbst im Jahr 2023 werden die Bundesausgaben noch immer um 6,4 Milliarden Euro über dem Trendwachstum liegen.[1] Bis ins Jahr 2024 wird diese Lücke aufgrund der demografischen Entwicklung auf 7,7 Milliarden Euro ansteigen.
Einige Kosten der Krisenbewältigung werden ins Jahr 2021 und darüber hinaus nachwirken. So werden unter dem Posten Konjunkturpaket (7,3 Milliarden Euro) teilweise die Fortsetzung von Corona-Hilfen wie der Verlustrücktrag (zwei Milliarden Euro) oder die Senkung der Umsatzsteuer (1,6 Milliarden Euro) gelistet. Hinzu kommen noch Projekte, die ohnehin geplant waren, wie beispielsweise die Senkung der ersten Tarifstufe der Lohn- und Einkommensteuer (1,8 Milliarden Euro), der Ausbau des öffentlichen Verkehrs (inklusive 1-2-3-Klimaticket 0,2 Milliarden Euro) oder Umweltförderungen (0,2 Milliarden Euro).
Wirklich neue Konjunkturmaßnahmen wären u.a. die Investitionsprämie in Höhe von 400 Millionen Euro oder die Digitalisierungsoffensive in der Bildung mit 235 Millionen Euro. Das stellt allerdings nur einen Bruchteil der hier angeführten Summe in der Höhe von sieben Milliarden Euro dar.
Inwiefern angesichts eines geschätzten Realwachstums von über vier Prozent die Verlängerung einiger Hilfen überhaupt sinnvoll ist, muss kritisch hinterfragt werden. Ob es wirklich noch eines Fixkostenzuschusses bedarf oder die Gemeinden eine Finanzspritze für Investitionen benötigen, ist äußerst strittig. Auch die Verlängerung der Kurzarbeit ist zunehmend kritisch zu sehen, da es hier zur Verschleppung von Problemen auf dem Arbeitsmarkt kommt. Das Instrument ist hervorragend für eine kurzfristige Überbrückung geeignet, aber nicht als dauerhafte Lösung konzipiert. Positiv hingegen ist die Arbeitsstiftung zu beurteilen, die gezielt Umschulungen und Weiterbildungen fördern soll. Die geplanten Kosten belaufen sich bis 2022 (inklusive Bildungsbonus) auf 700 Millionen Euro. Die vorgesehenen Entlastungsmaßnahmen für Landwirte dürfte hingegen vor allem der Parteipolitik geschuldet sein und sind ebenfalls kritisch zu sehen. Schließlich wird niemand behaupten wollen, dass die österreichischen Landwirte besonders hart von der Krise getroffen wurden. Die Nahrungsmittelproduktion ist eine der wenigen Branchen ohne Rückgänge.
Die Ausgaben für Arbeit und Soziales werden deutlich über dem Vorkrisenniveau liegen und im Jahr 2024 ihren Höhepunkt mit knapp 50 Milliarden Euro erreichen. Ursächlich dafür sind die Ausgaben für die ältere Bevölkerung. Den größten Posten in dieser Rubrik machen die Zuschüsse zu den Pensionen aus, dies wird auch bis 2024 der größte Kostentreiber sein. So gehen drei von vier zusätzlichen Euro im Bereich Arbeit und Soziales in die Finanzierung der Pensionsauszahlungen. Während die Ausgaben im Bereich Arbeit im Jahr 2021 ihren Höhepunkt erreichen, sorgt der demografische Wandel für einen weiteren Anstieg bei den Pensionsausgaben. So werden die Bundesbeiträge zu den Pensionen (ohne Beamte) bis ins Jahr 2024 kräftig ansteigen. Im Vergleich zu 2019 werden sie um 43 Prozent höher sein. Der Anstieg der Inflationsrate wird für den gleichen Zeitraum mit acht Prozent prognostiziert. Auch für 2021 liegt der nominelle Anstieg bei den Pensionsausgaben hinter den Arbeitsmarktmaßnahmen an zweiter Stelle.
Es erscheint unverantwortlich, dass in einer Krise, die zu Einkommensverlusten für die meisten Menschen geführt hat, die Pensionen über das gesetzliche Ausmaß hinaus erhöht werden. Insbesondere unter Berücksichtigung der Wahlgeschenke aus den Vorjahren. Weiters wurden abschlagsfreie Pensionen bei Pensionsantritt mit 540 Beitragsmonaten oder die Abschaffung der Wartefrist für die erstmalige Pensionsanpassung eingeführt. Gerade auch im Hinblick auf die demografische Entwicklung müssten Schritte in die Stabilität dieses Systems gesetzt werden, anstatt es weiter auszuhöhlen. Inklusive der Beamtenpensionen liegt allein der Zuwachs für das Jahr 2021 gegenüber dem Vorjahr mit zwei Milliarden Euro oberhalb der geplanten Investitionen in Klima, Bildung oder Sicherheit.
Ein nachhaltiges Budget für kommende Generationen sieht jedenfalls anders aus. Zu kritisieren ist zudem, dass zuerst an das eigene Personal und erst dann an die Bürger gedacht wird. Denn im Budget ist auch ein ordentliches Lohnplus für die öffentlichen Bediensteten vorgesehen, das deutlich über der Inflation liegen soll. Einen Teil des Konjunkturpaketes für nachhaltige Zwecke wie die Umrüstung auf erneuerbare Energiequellen oder die Sanierungen von Wohnraum zu nutzen, ist sinnvoll. Zusätzlich sind die Investitionen in ökologische Innovationen zu begrüßen, denn nachhaltig lässt sich der Klimawandel nicht durch Steuergeld, sondern durch marktfähige Technologien positiv beeinflussen. Zusätzliche Forschungsmittel in diesem Bereich können langfristig ebenso den Wissenschaftsstandort Österreich stärken.
Wichtige Maßnahmen sind zudem auch die Investitionen in die digitalen Möglichkeiten im Bildungswesen. Auch wenn sie reichlich spät kommen. Zudem könnten sie ambitionierter sein und sie werden letztlich nur dann Erfolg haben, wenn die Lehrkräfte eingebunden werden. Wichtig sind zweifelsohne auch Investitionen in den Forschungsstandort Österreich. Als kleine Volkswirtschaft können wir nur mit Qualität und Innovation an den Weltmärkten konkurrieren. Ob die angepeilte Verteilung der Mittel im Bildungswesen aber auch den tatsächlichen Herausforderungen entspricht, darf bezweifelt werden. Gerade im frühkindlichen Bereich sind Bildungsinvestitionen besonders rentabel. Dieser ist in Österreich noch sehr ausbaufähig.
Etwas absurd klingt der Digitalisierungsfonds, mit dessen Hilfe die Effizienz der öffentlichen Verwaltung erhöht werden soll. Zwar ist das ein wichtiges Anliegen. Wenn damit aber tatsächlich Effizienzpotenziale gehoben werden sollen, sollte sich die Maßnahme doch Großteils selbstfinanzieren.
Zu Hilfe kommt dem Finanzminister die Europäische Zentralbank (EZB). Die expansive Geldpolitik senkt trotz steigender Staatsschulden die Zinszahlungen des Staates. Im Jahr 2021 gehen die die Ausgaben gegenüber dem Vorjahr für den Schuldendienst um knapp 400 Millionen Euro zurück. Mussten 2009 noch neun Milliarden Euro für die Bezahlung der Zinsen ausgegeben werden, wird der jährliche Aufwand bis 2024 auf 3,9 Milliarden Euro gesunken sein. Trotz eines Anstiegs der Gesamtschulden im gleichen Zeitraum um mehr als 60 Prozent zahlt der Staat also rund fünf Milliarden Euro pro Jahr weniger an Schuldendienst.
Fußnoten
- Der Trend zeigt die Entwicklung, wie die Ausgaben gestiegen wären, hätte es die Corona-Krise nicht gegeben und folgten stattdessen dem durchschnittlichen Wachstum der Jahre 2014 bis 2019. ↩
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