Ausgangslage

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Über viele Jahre war Österreich in Sachen Arbeitslosigkeit das europäische Vorzeige­modell: Immer wieder reisten ausländische Delegationen an, um das „österreichische Arbeitsmarktwunder“ aus nächster Nähe zu bestaunen.

Eine generell niedrige Arbeitslosenrate und die kaum vorhandene Jugendarbeitslosigkeit sorgten für bewundernde Blicke. Selbst die hartnäckige Wirtschaftskrise konnte dem heimischen Arbeitsmarkt nicht viel anhaben. Wer genauer hinsah, bemerkte freilich, dass es sich dabei um kein wirkliches Wunder handelte, sondern um einen gepflegten Umgang mit der Statistik. Es war nicht zuletzt die großzügige Frühpensionierung hunderttausender Beschäftigter (nicht nur in privaten Unternehmen, sondern auch im öffentlichen Bereich, insbesondere in den staatsnahen Betrieben wie Post, Österreichische Bundesbahnen u.a.), die Österreichs Arbeitslosenstatistik in hellstem Glanz erstrahlen ließ.

Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften kann nicht mehr gedeckt werden

Heute kommt niemand mehr nach Österreich, um zu sehen, wie ein vorbildlicher Arbeitsmarkt aussieht. Das Land hat längst nicht mehr die niedrigste Arbeitslosenrate Europas, vielmehr zählte Österreich zu den wenigen Ländern, in denen die Arbeitslosigkeit über viele Jahre gegen den europäischen Trend angestiegen war. Erst mit der Hochkonjunktur ging sie wieder leicht zurück, wenn auch von hohem Niveau.

Zudem sieht sich Österreich in den letzten Jahren mit einem unerfreulichen Phänomen konfrontiert: Sowohl die Zahl der offenen Stellen steigt als auch die Zahl der Arbeitslosen. Das liegt einerseits daran, dass die Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften nicht mehr gedeckt werden kann. Andererseits werden gering qualifizierte Arbeitssuchende kaum noch nachgefragt, weil es die entsprechenden Stellen nicht mehr gibt (sogenannter „struktureller Mismatch“). Gleichzeitig ist ein starkes Ost-West-Gefälle zu bemerken: Im Osten des Landes sind viele Menschen in Branchen arbeitslos, die in anderen Teilen des Bundesgebietes jede Menge freie Stellen anbieten (sogenannter „regionaler Mismatch“).

Hinzu kommt, dass auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen seit einigen Jahren deutlich steigt – während sie in Deutschland stark rückläufig ist. Nun ist klar, dass angesichts der fortschreitenden Automatisierung und Digitalisierung eine wachsende Zahl von arbeitslos gewordenen Menschen kaum eine Chance hat, einen neuen Job zu finden. Andererseits zeigen andere, mit Österreich vergleichbare Länder, dass es durchaus möglich ist, die Arbeitslosenraten zu reduzieren – insbesondere jene der Langzeitarbeitslosen. Womit sich die Frage aufdrängt, ob die österreichische Arbeitsmarktpolitik die richtigen Hilfestellungen anbietet, damit Arbeitslose rasch einen neuen Job finden.

Um die richtigen Schlüsse zu ziehen, zeigen wir zu­nächst, wie das aktuelle System aus Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und bedarfsorientierter Mindestsicherung in Österreich funktioniert. Anschließend vergleichen wir das System der sozialen Absicherung mit jenem in anderen europäischen Ländern. Danach geben wir einen Überblick über die Befunde aus vergangenen Reformen der Arbeitslosenversicherung in Österreich und in anderen Staaten und leiten daraus einen aus unserer Sicht sinnvollen Vorschlag für ein überarbeitetes Modell der Arbeitslosenversicherung für Österreich ab.

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