
Adam Smith: Klimaaktivist
Der richtige Policy-Mix
Kann sich die Politik nach der Einführung einer globalen Bepreisung von Treibhausgasemissionen zurücklehnen und die Verantwortung für die Rettung des Klimas in Adam Smiths unsichtbare Hände legen? Eher nicht! Bei einigen Punkten sollte der Staat eine aktive Rolle spielen.
Viele der technischen Klimalösungen, die uns unmittelbar zur Verfügung stehen (zum Beispiel Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen) brauchen Strom. Viel Strom! Die Orte, an denen er produziert und verbraucht wird, werden zukünftig nicht mehr dieselben sein wie heute. Dafür wird Infrastruktur benötigt. Das wird in jedem Fall öffentlicher Investitionen bedürfen, da der österreichische Energiesektor überwiegend im Staatseigentum ist. Das gilt auch für den Ausbau des Schienennetzes und des öffentlichen Nahverkehrs.
Das ETS führt dazu, dass Treibhausgase dort eingespart werden, wo es am günstigsten und damit am effizientesten möglich ist. Doch die low hanging fruits sind irgendwann gepflückt. Auf den letzten Metern kann es teuer werden oder sogar technisch unmöglich sein. Kommen die technischen Innovationen nicht rechtzeitig, dann kann auch das ETS nicht mehr helfen. Wir müssten dann entweder auf gewisse Produkte und Wohlstand verzichten oder uns von den Klimazielen verabschieden. Der CO2-Preis setzt einen Anreiz, innovative und klimaschonende Produktionsprozesse zu entwickeln und zu implementieren. Der Staat kann durch Forschungsgelder, aber auch durch Technologieoffenheit und ein Verzicht auf Denkverbote dazu beitragen, dass sich die Wahrscheinlichkeit für die nötigen Durchbrüche und Lernkurveneffekte erhöht. Je mehr der Staat den Weg vorgibt, desto unwahrscheinlicher wird die Klimawende.
Was kann ich tun?
Was ist nun mit meinem individuellen CO2-Fußabdruck? Führt der Wasserbetteffekt dazu, dass mein Konsumverzicht und meine Verhaltensänderungen am Ende wertlos sind, weil sie nur den Preis für andere reduzieren und damit an anderer Stelle mehr emittiert wird? Kann ich also wieder bedenkenlos fliegen und mich meinen Fleischgenüssen hingeben?
Tatsächlich reduziert es die Emissionen nicht, wenn ich auf Produkte verzichte, deren Herstellung dem EU-ETS unterliegt. Dazu gehört auch der innereuropäische Flugverkehr. Aber es kann durchaus sinnvoll sein, emissionsarme Produkte zu konsumieren oder eine PV-Anlage aufs Dach zu schrauben. Je umweltbewusster die Kunden sind, desto mehr Unternehmen müssen sich mit diesen Themen beschäftigen und gute Produkte und Prozesse entwickeln. Wettbewerb bringt dann die beste Lösung hervor. Das kann allemal eine unterstützende Wirkung haben. Jeder kann sich also einbringen. Ein schlechtes Gewissen muss aber niemand haben. Klimapolitik setzt immer noch bei den Produzenten an und nimmt sie vor allem über das ETS in die Pflicht. Jede Art der Moralisierung ist unredlich.
Wer will, kann sogar indirekt in das ETS eingreifen und dafür sorgen, dass für die Unternehmen weniger Zertifikate zur Verfügung stehen. Inzwischen gibt es eine Reihe von Dienstleistern, die solche Tools anbieten. Statt darauf zu hoffen, dass irgendwo auf der Welt Bäume gepflanzt werden, um das eigene Gewissen zu beruhigen, trägt man so aktiv dazu bei, dass überhaupt weniger Emissionen entstehen. Da die Menge an Zertifikaten fix ist, bedeutet ein Zertifikat in der Brieftasche weniger CO2 in der Atmosphäre.
- Autor: Jan Kluge, Hanno Lorenz, Carmen Treml
- Themen: Adam Smith: Klimaaktivist, CO2, Emissionen, Emissionshandel, ETS, Klima
- Datum: 27. April 2023