
Gewerbeordnung neu schreiben, Unternehmertum erleichtern
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Österreich liebt die Regulierung. Das betrifft auch die Gründung von Betrieben. In keinem westeuropäischen Industrieland müssen angehende Unternehmer so viele Befähigungsnachweise erbringen wie in Österreich.
Allein die Ausübung von 82 Gewerben ist streng geregelt, eine Meisterprüfung wird vorausgesetzt. Hinzu kommen 21 Teilgewerbe, für die es einen erleichterten Zugang gibt. Der Unternehmer stellt aus Sicht des Gesetzgebers offensichtlich eine permanente Gefahrenquelle dar, die es zu entschärfen gilt. In Österreich werden sogar die freien Gewerbe bis ins Detail beschrieben.[1]
Die Wirtschaftskammern Österreich wiederum rechtfertigen den schwierigen Zugang zum Unternehmertum mit der Sicherung der Qualität der erbrachten Leistung – nicht selten steckt dahinter aber nur der Schutz bereits bestehender Betriebe vor der unliebsamen Konkurrenz. Ginge es nur um die Qualität, wäre das Verpacken und Herstellen von Fallschirmen wohl kaum ein freies Gewerbe, während es für Entwurf und Herstellung von Damenkleidern eine Meisterprüfung braucht. Ein weiteres Problem ist darin zu sehen, dass eineinzelner Unternehmer oft mehrere Gewerbescheine haben muss, um eine Firma betreiben zu können. Für jeden Gewerbeschein fällt eine Kammerumlage an.
Was zu tun wäre:
- Die Gewerbeordnung ist nicht zu reformieren, sondern neu zu schreiben. Die neue Fassung ersetzt die bestehende.
- Beispiele aus anderen Ländern zeigen,dass eine Liberalisierung weder die Qualität der angebotenen Leistungen schmälert, noch ruinösen Wettbewerb auslöst. Orientierung könnte Deutschland geben, das die Handwerksordnung 2004 gelockert hat. Oder auch ein Initiativantrag der Abgeordneten Helmut Peter & Co. vom seinerzeitigen LiF aus dem Jahr1996[2].
- Streng reglementiert werden sollten nur noch jene Gewerbe, deren Ausübung eine Gefahr für Menschen, Tiere und Umwelt darstellt. Etwa jene:
- Baumeister
- Chemische Laboratorien, Herstellung von Arzneimitteln und Giften[3]
- Elektrotechniker
- Gas- und Sanitärtechnik
- Zimmermeister
- Technische Büros
- Sprengungsunternehmer
- Herstellung von Medizinprodukten
- Augenoptiker und Kontaktlinsenoptiker
- Waffengewerbe (Büchsenmacher)
- Erzeugung von pyrotechnischen Artikeln und Zündmitteln
- Zahntechniker
- Orthopädietechniker
- Hörgeräteakustiker
- Rauchfangkehrer
- Alle anderen Gewerbe sind frei ausübbar. Jeder Gewerbetreibende braucht nur noch einen Gewerbeschein.
- Jeder Gewerbetreibende hat eine Betriebshaftpflichtversicherung abzuschließen. Diese muss sämtliche Schäden abdecken, die durch den Betrieb entstehen können, womit die Verbraucher finanziell besser abgesichert sind als derzeit.
- Auch in freien Gewerben kann natürlich – freiwillig – eine Meisterprüfung abgelegt werden. Etwa, um sich von Konkurrenten abzugrenzen und eine Verringerung der Prämie zur Betriebshaftpflicht zu erwirken.
- Die Dauer der Unternehmensgründung ist von 22 auf 5 Tage zu reduzieren. Damit läge Österreich um drei Tage besser als der OECD-Schnitt.
- Das Betriebsanlagenrecht ist zu überarbeiten. Jede gewerbliche Anlage ist anzuzeigen. Die Behörde hat drei Monate Zeit, ein Genehmigungsverfahren einzuleiten oder nicht tätig zu werden, womit die Anlage automatisch als genehmigt gilt.
- Autor: Franz Schellhorn, Wolfgang Feller, Monika Köppl-Turyna, Dénes Kucsera, Hanno Lorenz, Michael Christl
- Datum: 04. Juli 2016
Fußnoten
- http://www.bmwfw.gv.at/Unternehmen/Gewerbe/Documents/Bundeseinheitliche_Liste_der_freien_Gewerbe.pdf ↩
- https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XX/A/A_00014/index.shtml ↩
- Zahlreiche andere Gewerbe im medizinischen Bereich sind hier nicht ausdrücklich erwähnt, weil sie bereits außerhalb der Gewerbeordnung in einem eigenen Gesetz reguliert sind. ↩