Staatshaushalt

Mit Lord Keynes und Mister Ogris gegen den Rechtspopulismus

Ein österreichischer Soziologe hat eine Möglichkeit entdeckt, wie der rasante Aufstieg der Rechtspopulisten in ganz Europa zu stoppen wäre.

Hin und wieder muss man auch einen zweiten Blick riskieren, um die Dinge klar und deutlich zu sehen. So wie das der Soziologe Günther Ogris vom SORA-Institut unlängst getan hat. Wer sich zum Beispiel wundert, warum eine wachsende Zahl von Menschen die Zukunft des Landes einer rechtspopulistischen Partei anvertraut, bekommt von Ogris folgenden Befund geliefert: Während die etablierten Parteien den Menschen die Abstiegsangst nicht mehr zu nehmen vermögen, böten die Freiheitlichen zwar keine Lösungen an, bedienten aber die Fantasie nach einem ausländerfreien Österreich. Das sei kein österreichisches Phänomen. Denn, so Ogris weiter, um den Vormarsch der Rechten zu stoppen, müsse dem europäischen Sparkurs ein Ende gesetzt und zu einer keynesianischen Ausgabenpolitik zurückgekehrt werden.

Was genau damit gemeint ist, erklärt Standard-Kolumnist Hans Rauscher mit einer (rhetorischen) Frage: Geht es also in erster Linie darum, jungen Männern niedriger Bildungsschichten, die hauptsächlich der FPÖ zulaufen, eine staatliche Beschäftigungspolitik zu bieten? Ja, genau darum geht es. Nun ist Ogris’ Analyse, wonach die Regierungsparteien der Bevölkerung keine plausible Zukunftserzählung mehr zu bieten haben, nichts entgegenzusetzen. Aber dass der Aufstieg der Rechten mit einer Rückkehr zu einer keynesianischen Ausgabenpolitik zu stoppen wäre, ist wohl das, was man gemeinhin als eine zweifelhafte These bezeichnet.

Austeritätsländer driften nach links

Das beginnt schon einmal damit, dass der „europäische Sparkurs“ so nicht existiert. Allein im vergangenen Jahr haben die EU-Mitgliedsstaaten um 420 Milliarden Euro mehr ausgegeben, als sie eingenommen haben; seit 2009 waren es 3,7 Billionen Euro. Gesenkt wurden die Staatsausgaben nur in wenigen Ländern, wie etwa in Griechenland. Dort regiert bekanntermaßen seit fast einem Jahr die radikale Linke, die sich ohne jegliche Not ein paar Antisemiten in die Regierung geholt hat. So etwas wie einen Sparkurs gab es bis vor kurzem auch in Portugal. Dort haben aber vor wenigen Wochen die Kommunisten eine Regierung unter Führung der Linken ermöglicht. Dasselbe gilt für Spanien, das ebenfalls mit Haushaltskürzungen von sich reden machte und demnächst wohl ebenfalls in die Hände der Linken fallen dürfte.

Keynesianische Hochburgen wählen rechtsaußen

Regen Zulauf erhält die äußere Rechte hingegen ausgerechnet in jenen Ländern, deren Regierungen seit vielen Jahren versuchen, ihre Volkswirtschaften mit stark steigenden Staatsausgaben aus dem konjunkturellen Jammertal „herauszuinvestieren“. Frankreich hat seine Staatsausgaben seit dem letzten Boomjahr (2007) von 52,3 auf 57,5 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöht, Österreich hat die öffentlichen Ausgaben im selben Zeitraum von 48,3 Prozent auf 52,7 Prozent des BIP hochgefahren. Diese beiden Staaten haben also genau das getan, was Lord Keynes und Mister Ogris für goldrichtig halten. Und das Resultat? Fulminante Wahlsiege für die Parteien am rechten Rand. Warum? Vermutlich weil die Menschen erkennen, dass sich die Versprechungen eines selbsttragenden Aufschwungs nicht erfüllen.

Österreich zählt trotz massiv erhöhter Staatsausgaben heute zu den Ländern mit den schwächsten Wachstumsraten in der gesamten Europäischen Union. Im kommenden Jahr droht mit 500.000 Arbeitssuchenden eine Rekordarbeitslosigkeit, die Staatsschulden werden demnächst die Grenze von 300.000.000.000 Euro überschreiten. Die österreichische Regierung findet das alles nicht weiter schlimm. Sie lässt sämtliche Reformvorschläge von den Sozialpartnern zu Tode verhandeln und hat in Sachen Flüchtlinge nicht gerade das, was man einen Plan nennt. Das treibt die Wähler in die Hände der Rechtspopulisten, nicht der ominöse Sparkurs, den Österreich ohnehin nur vom Hörensagen kennt.

Aber wie gesagt, hin und wieder braucht es eben einen zweiten Blick, um die Dinge klar und deutlich zu sehen.

 

Der Artikel erschien als Gastkommentar auf NZZ.at

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