Anmerkungen zur Debatte über die kalte Progression.
Löhne und Gehälter werden jedes Jahr an die Inflation angepasst, damit keine Kaufkraft verlorengeht. Die Steuertarifstufen und die Absetzbeträge aber nicht, was dazu führt, dass die Bürger mehr Steuer zahlen müssen und ihnen trotz Lohnsteigerung real weniger bleibt. Diese sogenannte kalte Progression wollen sowohl SPÖ als auch ÖVP abschaffen, sagen sie. Es geht um viel Geld: Wie die Dinge stehen, müssen die Lohnsteuerzahler bis 2020 fast 1,8 Milliarden mehr bezahlen als das, was aufgrund des Steuersystems eigentlich beabsichtigt ist.
Beide Parteien schlagen vor, die Steuersätze an die Inflation anzupassen, wenn diese über mehrere Jahre zusammengerechnet fünf Prozent erreicht. Den Prognosen nach dauert das bis 2019 – die zusätzliche Belastung würde also noch einige Jahre bleiben. Zusätzlich möchte die SPÖ, dass die Bezieher geringer Einkommen mehr von dieser Entlastung profitieren, da sie von der Inflation stärker betroffen sind: Sie zahlen eher Mieten, die besonders stark gestiegen sind. Die Entlastung der Lohnsteuerzahler wäre also ein Instrument für Umverteilung.
Umverteilung ist für einen funktionierenden Sozialstaat gut und wichtig. Sie erfolgt im Normalfall über das Steuersystem: Geringverdiener zahlen weniger Lohnsteuer, Gutverdiener mehr, so auch in Österreich. Das ist nachvollziehbar und transparent. Tatsächlich findet Umverteilung, und das ist problematisch, hierzulande noch über viele andere Wege statt: das Pensionssystem, die Wohnbauförderung, diverse Gebührenbefreiungen.
Nun die Eindämmung der kalten Progression zu einem weiteren Instrument der Umverteilung zu machen wäre ein Fehler. Erstens: Folgt man dem Argument, dass einzelne Gruppen von der Inflation unterschiedlich betroffen sind, dann müsste man bei der Abschaffung der kalten Progression auch zwischen Stadt und Land, Jüngeren und Älteren unterscheiden, dürfte auch hier Ungleiches nicht gleich behandeln.
Zweitens ist es kein Zufall, dass in keinem Land, das Gesetze gegen die kalte Progression kennt, Gering- und Gutverdiener unterschiedlich behandelt werden. Schweiz, Schweden, Spanien oder die Niederlande: Alle Lohnsteuerzahler werden von der gesamten Mehrbelastung befreit, egal wie hoch sie im Einzelfall ist.
Zum Dritten: Viele Geringverdiener zahlen ohnehin keine Lohnsteuer. Sie sind im Sinne des sozialen Ausgleichs von der kalten Progression also gar nicht betroffen. Dass auch ihr Nettolohn deutlich geringer als der Bruttolohn ist, liegt an den Sozialversicherungsabgaben.
Will die Regierung mehr umverteilen, dann sollte sie dies transparent über geänderte Steuersätze tun. Geschieht dies noch stärker als ohnehin schon über diese und jene isolierte Einzelmaßnahme, kann niemand abschätzen, wie sich das im Gesamten auswirkt – es entsteht ein intransparentes Durcheinander, dessen Ergebnis schwer absehbar ist.
Wie viel Umverteilung es geben soll und wie sie genau umzusetzen ist, wird zu Recht immer wieder diskutiert werden. Die Eindämmung der kalten Progression führt jedenfalls zu einer Entlastung aller Lohnsteuerzahler, auch wenn es keine eigene Regelung für jene mit einem niedrigeren Gehalt gibt. Diese Entlastung ist in Österreich überfällig. Aber sie ist kein geeigneter Weg, um für mehr sozialen Ausgleich zu sorgen.
Gastkommentar von Dénes Kucsera in “Der Standard” vom 27.01.2017
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Alljährlich beginnt für die Arbeiterkammer der Jänner mit dem so genannten „Fat Cat Day“. Dabei handelt es sich um eine fragwürdige Berechnung, die zeigen soll, dass unsere Firmenchefs zu viel verdienen. Was Arbeitnehmervertreter gegen flauschige Haustiere haben, wenn diese wohlgenährt ihr Dasein fristen, bleibt eines der großen Rätsel d
Die Inflation ist besonders deswegen so schädlich, weil sie ärmere Haushalte stärker trifft. Deswegen wurde auch jahrelang davor gewarnt. Als sie dann schlussendlich kam, blieb der Regierung nur mehr, den Bedürftigen zu helfen, diese schwere Phase zu überstehen. Trotz Rekordinflation ist es aber gelungen, die Kaufkraft der Bevölkerung zu erh
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