Was zu tun ist, damit Frauen höhere Löhne erhalten
- 05.03.2017
- Lesezeit ca. 3 min
Der Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen ist zu einem guten Teil erklärbar. Daher kann dieser Gender Pay Gap auch gezielt abgebaut werden: Etwa durch kürzere Karenzzeiten, einen Betreuungsscheck für jedes Kind und mehr Verantwortung für Väter.
„Der Umstand, dass der Gender Pay Gap zum Teil erklärt werden kann, entbindet niemanden von der Verantwortung, sich darum zu bemühen, dass er schrumpft.“ Dies ist einer der zentralen Sätze in der neuesten Publikation der Agenda Austria. In „Mind the Gap“ haben Michael Christl, Monika Köppl-Turyna und Anna Stürgkh berechnet, wie viel Lohn weniger Frauen tatsächlich erhalten als Männer – und zwar Frauen, die mit der gleichen Qualifikation im gleichen Beruf arbeiten und in ihrem Job konkret auch die gleiche Funktion erledigen. Dies ist die erste Berechnung für Österreich in dieser Exaktheit.
(Un)erklärbare Lohnunterschiede
In der Öffentlichkeit werden unterschiedliche Zahlen betreffend den Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern diskutiert. Dabei schwingt mit, dass allein die Tatsache, Frau zu sein, den Unterschied verursacht. Ein Teil davon ist jedoch nicht per se geschlechtsspezifisch und gut erklärbar: Gründe für den Lohnunterschied sind etwa die Berufswahl, tatsächlich angewendete Kompetenzen im Job oder mehr Familienarbeit (was in Österreich freilich zum sehr großen Teil auf Frauen zutrifft).
Ein anderer Teil des Gender Pay Gaps ist aber tatsächlich nicht erklärbar: Je nach Einkommenshöhe liegt er zwischen 3,5 und 11,2 Prozent. Bei geringeren Gehältern ist der Unterschied näher an der Untergrenze von 3,5 Prozent:
Für jedes Kind einen Betreuungsscheck
Wie hoch auch immer: Arbeitgeber wie Arbeitnehmer, die Regierung, Ehemänner bzw. Partner sowie Eltern, die sich um die Berufswahl ihrer Kinder kümmern, sind aufgefordert, das Notwendige zu unternehmen, damit der erklärbare Teil des Gehaltsunterschieds bald verschwindet. Da dessen Ursachen bekannt sind und also zielgerichtete Gegenmaßnahmen möglich sind, sollten die folgenden konkreten Schritte Vorrang haben:
- Für jedes Kind gibt es einen Betreuungsscheck, der in Kindergärten, bei Tagesmüttern usw. gilt. Dieses System führt zu einem größeren und qualitativ besseren Angebot an Kinderbetreuung.
- Eine Karenzzeit für Mutter und Vater von jeweils sechs Monaten. Geht der Vater nicht in Karenz, verfällt sein Anspruch. Denn weniger Berufserfahrung aufgrund langer Karenz ist einer der wichtigsten Faktoren, warum Frauen schlechter entlohnt werden. Das Karenzgeld beträgt 80 Prozent des Letztgehalts, wird aber nach unten und oben begrenzt. Wer sein Kind länger als ein Jahr zuhause betreuen will, muss selbst finanzielle Verantwortung übernehmen.
- Stärkere Anstrengungen, um junge Frauen und Eltern, wenn sie Einfluss auf die Berufswahl ihrer Kinder nehmen, für Berufe mit einer höheren Wertschätzung zu begeistern.
Mehr Frauen für technische Berufe interessieren
Und hier noch weitere Ergebnisse der Publikation:
- Der gesamte Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen beträgt zwischen 12,9 und 26,2 Prozent. Der Teil davon, der nicht erklärbar ist, beträgt wie erwähnt zwischen 3,5 und 11,2 Prozent. Gründe für den hingegen erklärbaren Gehaltsunterschied sind vor allem geringere Berufserfahrung durch Karenzzeiten, Teilzeitarbeit aufgrund von Kinderbetreuung oder die Wahl eines Jobs mit geringeren Stundenlöhnen.
- Frauen arbeiten seltener in Berufen, in denen besser bezahlte numerische Fähigkeiten eine Rolle spielen.
- Frauen arbeiten öfter in kleineren Betrieben, und diese bezahlen weniger als große.
- Frauen arbeiten öfter unterhalb ihres Qualifikationsniveaus als Männer.
- Frauen bekommen deutlich seltener Boni als Männer. Und wenn, fallen diese niedriger aus.
Den Männern Mut zur Karenz machen
Fazit: Ohne gesellschaftliches Umdenken insgesamt wird der Gender Pay Gap nicht signifikant kleiner werden. Bleibt die Familienarbeit weiter vor allem Frauensache, werden Frauen weiter weniger Berufserfahrung haben und gemäß dem herrschenden Senioritätsprinzip (mehr Arbeitserfahrung bedeutet einen höheren Lohn) schlecht aussteigen. Wer Frauen stärken will, muss daher ihren Ehemännern bzw. Partnern Mut zur Karenz machen und den Eltern mehr Möglichkeiten an guter Kinderbetreuung geben.
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