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Nur ein Dolm freut sich darüber, das Porzellan wieder mühsam zusammenzusetzen.
100 Tage sind vergangen, seitdem die ersten Corona-Fälle auch in Österreich für Schlagzeilen gesorgt haben. Seit Ende Februar ist viel passiert: Ein staatlicher Lockdown ab 16. März hat viele Freiheiten eingeschränkt, aber auch die Ausbreitung des Virus verhindert. Der gesundheitspolitisch gewünschte Stillstand hat die tiefste Rezession seit Jahrzehnten und den größten Jobverlust in der Geschichte der Zweiten Republik zur Folge gehabt.
In diesen 100 Tagen haben wir viel gelernt: Über Reproduktionszahlen, die es zu senken gilt, Skiorte als Virenschleudern, über Risikogruppen oder „Koste es, was es wolle“-Budgets. Die Corona-Krise macht viele Abwägungen nötig. Ein strenger Shutdown, geschlossene Grenzen oder Schulen und Kindergärten haben Folgen für Familien, kleine Firmen oder Lieferketten. Bei diesen Abwägungen geht es aber nicht darum, Gesundheit oder Wohlstand zu wählen, sondern beides im Blick zu haben. Länder, die die Pandemie besser überstanden haben, stehen auch wirtschaftlich grosso modo besser da.
Das Einfrieren des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens ging rasch vonstatten. Das Auftauen allerdings wird sich ziehen. Nicht nur weil Beschränkungen wie der Mund-Nasen-Schutz oder Abstandsregeln Branchen wie die Gastronomie und den Eventbereich noch länger beschäftigen. Die Konsum- und Investitionslaune wird angesichts der Gefahr temporärer oder regionaler Lockdowns ohne Impfstoff gedämpft bleiben und dort, wo Ausgangsbeschränkungen vor allem mit dem Instrument der Angst abgesichert wurden, wird sich das nun rächen.
38 Milliarden Euro an Hilfen waren in Österreich schnell versprochen. Aber sie sind kaum geflossen. Die Bürokratie Österreichs hat den Zaubertrick vollbracht, dass sich der Finanzminister zwar zu Recht über die Größe des Hilfspakets freuen darf, aber ebenso zu Recht von Unternehmen heftig kritisiert wird, wie langsam sie an Mittel kommen. Wer schnell hilft, hilft doppelt, lernt jeder Ersthelfer. Wer langsam hilft, hilft nur halb, ist die Lektion in Österreich. Das Ziel in der Pandemie war stets, das Gesundheitssystem vor dem Kollaps zu bewahren. Doch wie viele Intensivbetten gibt es überhaupt in Österreich, wieviele Masken und wieviel Personal? Viele dieser Fragen konnten lange nicht richtig beantwortet werden, weil im real existierenden Föderalismus Österreichs der Datenfluss oft weniger gut funktioniert als der Geldfluss.
Bei vielen Kommentatoren und politischen Aktivisten hat die Krise so etwas wie freudige Erregung erzeugt. Weil plötzlich die staatliche Rettung einer gefährdeten Fluglinie oder die Stützung von Millionen von Einkommen durch die Kurzarbeit im Raum steht, wähnen sie den vermuteten Neoliberalismus überwunden. Das hält zwar keiner Faktenprüfung stand – auch vor der Corona-Krise betrug die Staatsquote immerhin 48 Prozent. Aber diese Staatseuphorie ist vor allem eine gefährliche Schadenfreude. Nur ein Dolm freut sich darüber, das Porzellan wieder mühsam zusammenzusetzen, das gerade in seine Einzelteile zerbrach. Für eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik wäre es dringend nötig, dass man sich nicht mehr mit Rettung, Einfrieren und Subventionen beschäftigen muss.
Kolumne von Lukas Sustala in der „Wiener Zeitung“ (05.06.2020)
(Über) 100 Jahre Interventionsspirale im österreichischen Wohnungsmarkt
Die Mietpreisbremse für den freien Markt wird kommen. Und mit ihr eine ganze Reihe an unbeabsichtigten Nebenwirkungen. In Österreich haben wir über 100 Jahre Erfahrung mit Mietpreiseingriffen. Nur gelernt haben wir nichts daraus.
Nein – zumindest nicht bei den Bestandsmieten. In Österreich sind die meisten Mietverträge an den Verbraucherpreisindex (VPI) gekoppelt. Diese Wertsicherungsklauseln sorgen dafür, dass sich die Mieten parallel zur Inflation entwickeln – aber sie können ihr nicht davonlaufen. Selbst im freien Mietmarkt passen sich Bestandsmieten in aller Reg
Die Mietkostenbelastung österreichischer Haushalte hat sich über die vergangenen Jahre kaum verändert, wie eine Grafik der Agenda Austria zeigt. Trotz hoher Inflation und steigender Preise in vielen Lebensbereichen bleibt der Anteil der Miete am verfügbaren Einkommen stabil bei rund 23 Prozent. Seit Beginn der Inflationskrise 2022 ist dieser We
Auf den ersten Blick klingt die neue Mietpreisbremse harmlos: Steigt die Inflation über drei Prozent, dürfen Mieten künftig nicht mehr voll an die Teuerung angepasst werden – sondern um maximal drei Prozent plus halbe Restinflation. Seit 1990 wäre das lediglich sieben Mal zum Tragen gekommen. Doch der entscheidende Punkt ist nicht nur, wie of
Die Zahl der Baubewilligungen für neue Wohnungen in Österreich ist seit der Zinswende 2023 massiv zurückgegangen. Wo zuvor regelmäßig mehr als 15.000 Wohnungen pro Quartal genehmigt wurden, sind es zuletzt oft unter 10.000. Der Rückgang ist damit der stärkste seit über einem Jahrzehnt.
Die Mietunterschiede zwischen gefördertem und freiem Wohnbau klaffen in Österreich inzwischen deutlich auseinander. Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen sind im Schnitt rund 30 Prozent günstiger als vergleichbare Objekte am freien Markt, Richtwert- und Kategoriemieten immerhin um etwa 13 Prozent.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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