Die Krise, die niemandem wehtut, ist noch nicht erfunden
- 17.03.2022
- Lesezeit ca. 2 min
Die Bürger dieses Landes sind eine interessante Spezies. Monat für Monat lassen sie sich widerstandslos die Hälfte ihrer Arbeitseinkommen vom Staat abnehmen, aber wenn der Liter Diesel mehr als zwei Euro kostet, keimt Revolutionsstimmung auf. Nicht gerade beruhigt werden die Gemüter durch die noch stärker steigenden Strom- und Gaspreise. Weshalb die Politik fieberhaft nach Lösungen sucht.
Das ist nicht ganz ohne Ironie, zumal der Staat der größte Kostenfaktor in unserem Leben ist und die hohe Abhängigkeit von russischem Erdgas einer politischen Entscheidung folgte. Aber wir wollen nicht nachtragend sein.
Wie also sehen die im Angebot stehenden Lösungen aus? Von einer Absenkung der Mehrwertsteuer über niedrigere Energieabgaben bis zu einer Deckelung der Preise ist alles dabei.
Die Regierung wird einmal mehr mit der Fördergießkanne durch das Land spazieren und in Jörg-Haider-Manier die Hunderter verteilen. Statt im Höchststeuerland Österreich die Lohn- und Einkommensteuer spürbar zu senken, um die Kaufkraft der Bürger zu stärken.
Was fehlt, ist eine ehrliche Botschaft an die Bevölkerung. Die da lauten müsste: „Liebe Bürgerinnen und Bürger. Falls wir Politiker den Eindruck vermittelt haben, dass Sie finanziell keine Krise mehr spüren werden, weil der Staat immer und überall die Kosten übernimmt, dann sollten wir dieses Missverständnis schleunigst ausräumen. Die Krise, die niemandem wehtut, ist noch nicht erfunden. Die Frage ist nur, wer bezahlt. Entweder wir stecken Ihnen heute das nötige Geld zu, um die Kosten steigender Energiepreise abzufedern, und schicken nachkommenden Generationen die Rechnung. Oder Sie übernehmen die Kosten selbst und der Staat sorgt dafür, dass niemand in die Armut abrutscht.“
Das alles wird ungesagt bleiben. Die Regierung wird einmal mehr mit der Fördergießkanne durch das Land spazieren und in Jörg-Haider-Manier die Hunderter verteilen. Statt im Höchststeuerland Österreich die Lohn- und Einkommensteuer spürbar zu senken, um die Kaufkraft der Bürger zu stärken. Und mit gezielten Zuschüssen einkommensschwachen Haushalten zu helfen. Also jenen, die es tatsächlich brauchen. Und nicht allen, die das gerne hätten.
Gastkommentar von Franz Schellhorn für die “Kleine Zeitung” (17.03.2022).
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