Die EU-Kommission hat ein Defizitverfahren gegen Österreich eröffnet. Gewöhnen wir uns lieber daran. Es könnte länger dauern.
Seit Dienstag schaut die EU-Kommission wieder genauer hin, was im österreichischen Finanzministerium vor sich geht. Hausherr Markus Marterbauer hat vor dem nun eröffneten Defizitverfahren aber nach eigenem Bekunden keine Angst; eine Einstellung, die wohl neun Millionen Österreicher teilen dürften. Gut so. Angst ist bekanntlich ein schlechter Ratgeber.
Doch was ist dann ein guter Ratgeber? Erfahrung? Immerhin durchläuft Österreich die Prozedur nach 2009 schon zum zweiten Mal. Damals wie heute fand die Politik nach einer Wirtschaftskrise nicht die Kraft, das Land neu aufzustellen, sondern brauchte die sanfte Ermutigung aus Brüssel. Nun ist natürlich nicht alles, was hinkt, ein Vergleich. Doch vielleicht hilft der Blick in den Rückspiegel dabei, die aktuelle Misere zu überwinden.
Das Lohnsteueraufkommen lag erst 2011 wieder über Vorkrisenniveau; die Körperschaftsteuer sogar erst 2013. Die Arbeitslosigkeit blieb dank Kurzarbeit aber moderat; hier liegt eine Gemeinsamkeit mit der Coronakrise. Doch im Unterschied zu damals sprudelten die Steuereinnahmen diesmal schon ab 2021 wieder kräftig. Dass wir heute noch viel weniger als damals ein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem haben, sieht man schon daran, dass das Finanzministerium im Herbst 2023 die Einnahmen für 2024 punktgenau prognostizieren konnte, bei der Ausgabenprognose aber selbst im Herbst des laufenden Jahres noch krachend danebenlag. Ein Schuldnerberater der Arbeiterkammer würde sich mit der Regierung an den Küchentisch setzen und erst einmal ein Haushaltsbuch anlegen.
Obwohl die Ausgaben freilich auch 2008/09 galoppierten, geriet der damalige Konsolidierungsplan doch sehr einnahmenseitig. Man erfand die Stabilitätsabgabe und den CO2-Zuschlag zur Mineralölsteuer und griff überhaupt bei allem zu, was pfui ist: Tabak, Alkohol und so weiter. Bedauerlich. Aber damals hatten wir auch noch nicht die zweithöchste Abgabenquote der EU (sondern „nur“ die fünfthöchste). Doch ausgabenseitig bewies man durchaus Mut: Die Beamten bekamen eine Nulllohnrunde verpasst. In der Verwaltung wurde gespart; Stellen wurden abgebaut. Auch viele Pensionisten sollten eine Nullrunde erleben; ihre Bezüge sollten sich eine Zeit lang unterhalb der Inflationsrate entwickeln. Man fühlt sich bei der Lektüre dieser Analysen des Budgetdiensts in eine Zeit zurückversetzt als Autos noch keine Sicherheitsgurte brauchten und Cornflakes noch keinen Nutri-Score. Dabei ist das alles nur ein paar Jahre her. Das Defizitverfahren endete 2013.
Gebührenerhöhungen und Sonderdividenden der Staatsunternehmen nennt die Regierung „sparen“. Was sie „größte Pensionsreform seit 20 Jahren“ nennt, bringt auf absehbare Zeit keine Milliardenbeträge ein, obwohl das nötig und möglich wäre. Noch schnell ein paar ÖBB-Investitionen auf ein Datum verschoben, das der Doppelhaushalt nicht mehr einschließt, und fertig ist das Sparpaket. Irgendwelche Mehreinnahmen durch die Bekämpfung von Steuerbetrug, die am Ende sowieso niemand nachrechnen kann, inklusive.
Glaubt man dem Fiskalrat, dann werden wir das Defizitverfahren während der aktuellen Amtsperiode Marterbauers keinesfalls abschließen können. Wann wäre eigentlich ein geeigneter Zeitpunkt, um mit dem Angsthaben anzufangen?
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