Budget: Eine vertane Chance
- 21.03.2018
- Lesezeit ca. 4 min
Die Wirtschaft brummt, die Steuereinnahmen gehen durch die Decke, dennoch werden erneut Schulden gemacht. Zum 64. Mal in Folge. Erfreulich ist, dass die Steuer- und Abgabenquote weiter sinken soll. Dafür werden zusätzlich 4,4 Milliarden Euro ins Pensionssystem zuzuschießen sein, schon heute wird jeder vierte Budgeteuro für das Stopfen des Pensionslochs verwendet.
Das heute von Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) präsentierte Doppelbudget 2018/2019 wird von Licht und Schatten begleitet. Erfreulich ist, dass das Defizit heuer kleiner ausfallen soll als in den vergangenen Jahren, dass die Steuer- und Abgabenquote weiter sinken wird und dass 2019 erstmals seit 1954 ein echter Haushaltsüberschuss des Bundes vorgesehen ist. Zudem werden die Ausgaben des Bundes erstmals wieder langsamer steigen als die allgemeinen Preise, zumindest in den kommenden zwei Jahren.
Strukturreformen bei Pensionen und Pflege fehlen
Weniger erfreulich ist hingegen, dass jene Strukturreformen fehlen, die das Budget nachhaltig entlasten würden, die also dafür sorgen würden, dass zumindest in Zeiten der Hochkonjunktur verlässlich Überschüsse anfallen. Vor allem fehlen Antworten auf die rasant steigenden Kosten in den Bereichen Pensionen, Gesundheit und in der Pflege. „Dass die Regierung in diesen Bereichen keinerlei Lösungen anzubieten hat, ist ihr schon deshalb vorzuwerfen, weil der Finanzminister im Budget ja explizit auf die drohende Kostenexplosion hinweist“, meint Hanno Lorenz, Ökonom der Agenda Austria.
Hinzu kommt, dass bereits heuer ein Haushaltsüberschuss alles andere als überambitioniert wäre. Die Zinslast für den Schuldenberg ist dank der Niedrigzinspolitik der Notenbank gering. Die Arbeitslosigkeit ist nach langem Anstieg endlich wieder am Sinken, die milliardenschweren Belastungen durch die Hypo Alpe Adria fallen weg und die Konjunktur läuft bestens – und damit die Steuereinnahmen. Der wirtschaftliche Aufschwung führt dazu, dass die Staatseinnahmen auf einen neuen Rekord zusteuern werden. Zwischen 2018 und 2022 werden die Staatseinnahmen um knapp 9,2 Milliarden Euro steigen, das ist ein Plus von 12 Prozent.
Einnahmen sollen Ausgaben übertreffen
Aus Sicht der Agenda Austria ist es zweifellos positiv zu bewerten, dass die Ausgaben des Bundes erstmals seit vielen Jahren nominell sinken, was allerdings nahezu ausschließlich auf die wegfallenden Kosten der Bankenrettungen zurückzuführen ist. Um diesen Effekt bereinigt, steigen die Ausgaben des Bundes weiter an. Von 2018 bis 2022 wird ein Anstieg von 7 Milliarden Euro, das entspricht 8,8 Prozent, prognostiziert. Heuer und kommendes Jahr wird der Ausgabenanstieg zwar unter der Inflation liegen, danach werden die Ausgaben des Bundes laut Budgetplan aber erneut schneller steigen als die Inflationsrate. „In diesem Punkt widerspricht sich der Finanzminister selbst, denn die Staatsausgaben sollen laut seinen Aussagen generell unter der Inflationsrate liegen“, so Lorenz.
Warum das Budget trotzdem eine Verbesserung darstellt, zeigt folgende Grafik, in der die Einnahmen die Ausgaben zukünftig wieder übertreffen:
Den mit Abstand größten Brocken der steigenden Ausgaben stellen übrigens die Pensionen dar. Bis 2022 werden alleine 4,4 Milliarden Euro der Mehrausgaben auf die Pensionen entfallen. „2018 muss der Staat 9,6 Milliarden Euro zu den Pensionen zuschießen, 2022 sind es schon 12,8 Milliarden Euro. Das ist ein Anstieg um mehr als ein Drittel“, hält Lorenz fest. Wie im Budget richtigerweise festgehalten, wird es durch die Alterung der Gesellschaft langfristig zu einer Kostenexplosion im Bereich der Pensionen, der Gesundheit und der Pflege kommen. „Diese Probleme wurden nicht ansatzweise angegangen. Leidtragend sind die nachkommenden Generationen, die für die Mutlosigkeit der Regierung bezahlen werden“, sagt Lorenz.
Entlastung für Familien
Die sinkende Steuer- und Abgabenquote sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Belastung der Einkommen von Arbeitnehmern und Selbstständigen nach wie vor hoch bleibt und erst im kommenden Jahr sinken wird, unter anderem durch den Familienbonus. Familien werden dann in Österreich dank des neuen „Familienbonus Plus“ künftig um bis zu 1.500 Euro pro Kind und Jahr weniger Steuern zahlen. Das ist angesichts der hohen Kosten, die beim Heranwachsen von Kindern anfallen, ein durchaus vertretbarer Ansatz. Zumal es in einem Hochsteuerland wie Österreich längst an der Zeit ist, jene zu entlasten, die in den allgemeinen Steuertopf einzahlen.
Klar ist aber auch, dass ohne die Abschaffung der kalten Progression die Belastung der Einkommen wieder sukzessive steigen wird. „Am einfachsten und am besten für die Arbeitnehmer wäre es, die Tarifstufen jedes Jahr automatisch an die Inflation anzupassen. So wie das beispielsweise auch die Schweiz macht“, so Lorenz.
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