Konjunktur & Wachstum

Böse Amerikaner, nette Russen

Mit einer beispiellosen Fake-News-Kampagne wurde das Handelsabkommen mit den USA zu Fall gebracht. Wir sollten einen neuen Anlauf wagen. Lieber heute als morgen.

Während die Österreicher ihre Vorurteile gegenüber den Vereinigten Staaten von Amerika seit Jahrzehnten hegen und pflegen, zählte Russland bis zum Angriff auf die Ukraine zu unseren besten Freunden. Sie stünden uns deutlich näher als die kulturimperialistischen Amerikaner, denen es doch nur immer um das große Geschäft und den Export ihrer Werte gehe, hieß es früher. Gut, mit der Demokratie haben es die Russen nicht so, aber manche Völker bräuchten eben eine starke Hand. Und ja, sie trinken gerne einen über den Durst, aber wer sollte das besser verstehen als wir Österreicher? Zudem seien sie verlässliche Vertragspartner Was einmal in wodkagetränkten Nächten paktiert wurde, hielt für die Ewigkeit.

Wie froh wären wir heute, wenn wir dieses Flüssiggas aus den USA zur Verfügung hätten.

Die Freiheitlichen pilgerten immer wieder zu ihren Freunden nach Moskau, die ÖVP-Spitze genoss die Aufmerksamkeit durch die russische Staatsführung und feierte den Abschluss langfristiger Gaslieferverträge. Die Sozialdemokraten konnten eine gewisse Sowjet-Nostalgie nie ganz abstreifen. Verlässlich waren sie auf der Seite Russlands zu finden. Noch im Sommer 2017 beschwerten sich der damalige Bundeskanzler Christian Kern sowie der damalige deutsche Außenminister Sigmar Gabriel in einer gemeinsamen Erklärung über jene Sanktionen, die von den USA gegen Russland wegen der vermuteten Beeinflussung des US-Präsidentschaftswahlkampfs verhängt wurden. „In bemerkenswerter Offenheit beschreibt der US-Gesetzentwurf, worum es eigentlich geht: um den Verkauf amerikanischen Flüssiggases und die Verdrängung russischer Erdgaslieferungen vom europäischen Markt”, analysierten die beiden ehemaligen Spitzenpolitiker messerscharf.

Wie froh wären wir heute, wenn wir dieses Flüssiggas aus den USA zur Verfügung hätten. Stattdessen fürchten wir einen eisigen Winter, weil wir uns mit Haut und Haaren Russland ausgeliefert haben, das die vertraglich zugesicherten Gaslieferungen nun als politischen Faustpfand einsetzt. Die Ernüchterung ist groß, weshalb nun die Rufe immer lauter werden, dass sich der Westen wieder deutlich unabhängiger von Schurkenstaaten machen müsse. Mehr noch: Künftig sollten wir nur noch mit befreundeten Ländern Handel treiben. Der in politischen Reden gepredigten Moral müssten endlich Taten folgen. Das ist leider nicht ganz so einfach wie gedacht. Unglücklicherweise schlummern nämlich viele von uns dringend benötigte Rohstoffe tief unter den Böden von Ländern, die es mit der Demokratie und den Menschenrechten nicht so genau nehmen.

Was tun wir, wenn China Taiwan angreift?

Schon bald könnte sich zeigen, wie naiv diese Haltung ist. Was tun wir, wenn China Taiwan angreift? Wird China dann das neue Russland, wie der Energieexperte Karl Rose im aktuellen Podcast mit der Agenda Austria meint? Konsequenterweise müsste das so sein. Nur würden wir das nicht durchhalten. Die Liste der Länder, mit denen wir ruhigen Gewissens Handel betreiben können, wäre eine sehr kurze. Der hohe Wohlstand in unserer kleinen Volkswirtschaft würde sich ohne internationale Einbindung schnell in Luft auflösen. Rund eine halbe Million Arbeitsplätze hängen am Handel mit Ländern außerhalb der EU, mehr als die Hälfte unseres Wohlstands erwirtschaften wir jenseits unserer Staatsgrenzen.

Nichts aber spricht dagegen, die Handelsbeziehungen zu befreundeten Demokratien weiter auszubauen. Nichts wäre richtiger, als die von NGOs mit höchst fragwürdigen Methoden zu Fall gebrachten Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU wieder aufzunehmen. Das Handelsabkommen mit Kanada (CETA) hat eindrucksvoll gezeigt, mit welch unlauteren Mitteln die Gegner des Freihandels operieren. Die Arbeiterkammer bezeichnete die Unterzeichnung des Abkommens als „schwarzen Tag für einen fairen internationalen Handel“, Grünen-Chef Werner Kogler warnte vor Sonderklagerechten, mit deren Hilfe kanadische Konzerne die Privatisierung wichtiger Branchen einklagen würden.

Fast fünf Jahre später hat es weder ein amerikanisches Chlorhuhn über die kanadische Grenze in ein österreichisches Kühlregal geschafft, noch wurden Krankenhäuser, die Wasserversorgung, die Müllabfuhr oder der Nahverkehr privatisiert. Und kein einziges kanadisches Unternehmen hat die EU verklagt, um bestimmte Sektoren zu liberalisieren und Unternehmen zu privatisieren. Alles ist fest in staatlicher Hand, und wir freuen uns weiterhin über den höchsten Konsumenten-, Umwelt- und Arbeitnehmerschutz der Welt.

Was sich aber geändert hat, ist die wirtschaftliche Verflechtung mit Kanada. Die österreichischen Exporte nach Kanada erhöhten sich um mehr als ein Viertel und damit doppelt so stark wie jene in den Rest der Welt. Noch deutlich stärkere Impulse wären von einem Handelsabkommen mit den USA zu erwarten. Angesichts dessen, was da wirtschaftlich alles auf uns zukommt, sollten wir die antiamerikanischen Ressentiments so rasch wie möglich über Bord werfen. Und erkennen, dass die Amerikaner die besseren Russen sind.

Kolumne von Franz Schellhorn, “profil” (17.07.2022).

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