Innenpolitik

Andreas Babler ist ein Anti-Kreisky

Wir schreiben das Jahr 1967. Zwei Jahre vor der Mondlandung und dem ersten Farbfernsehprogramm in Österreich. Die ÖVP hat ein Jahr zuvor die absolute Mehrheit bei den Nationalratswahlen erreicht, die SPÖ ist in Opposition.

Wie heute stehen sich in der Sozialdemokratie zwei Lager gegenüber: Wien und die Gewerkschaften hinter Hans Czettel, die meisten Bundesländer hinter Bruno Kreisky. Im Unterschied zu heute setzt sich damals der Pragmatiker Kreisky durch.

Wer bereit war, Leistung zu erbringen, dem sollte der Aufstieg offen stehen und damit soziale Sicherheit aus eigener Kraft. Der Staat gab jedem das Werkzeug in die Hand und räumte die gröbsten Hürden aus dem Weg, den Weg gehen musste jedoch jeder selbst.

Aus dieser Zeit stammt der legendäre SPÖ Slogan „Leistung, Aufstieg, Sicherheit.“ Die Botschaft signalisierte ein klares Aufstiegsversprechen. Wer bereit war, Leistung zu erbringen, dem sollte der Aufstieg offen stehen und damit soziale Sicherheit aus eigener Kraft. Der Staat gab jedem das Werkzeug in die Hand und räumte die gröbsten Hürden aus dem Weg, den Weg gehen musste jedoch jeder selbst. Mit diesem Versprechen dominierte die SPÖ die folgenden Wahlen.

Mehr als 55 Jahre danach: Andreas Babler hat sich in einer chaotischen Wahl gegen Hans Peter Doskozil durchgesetzt und ist neuer SPÖ-Chef. Der neue Vorsitzende tritt mit selbstbewussten linken Tönen an. Man sei „kein Bittsteller“, wenn es um das Durchsetzen politischer Forderungen gehe. „Wir kämpfen um Rechte, die uns zustehen“, so Babler. Aufmerksame politische Beobachter müssen an Christian Kern und das Jahr 2017 zurückdenken. „Hol dir, was dir zusteht“, ließ Kern damals plakatieren.

Mit beiden Aussagen hätte Kreisky wohl wenig anfangen können. Dahinter verbirgt sich eine Anspruchsmentalität. Die eigene Leistung besteht darin, laut zu protestieren und die Hände aufzuhalten. Den Rest soll der gütige Vater Staat erledigen. Auf Dauer kann so eine Haltung nur zu Enttäuschungen führen: Wenn Versprechen an der harten Realität zerschellen und den Politikern wieder einmal das Geld anderer Leute ausgegangen ist.

Gastkommentar von Christoph Hofer für die “Kleine Zeitung” (15.06.2023).

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