Innenpolitik

Andreas Babler ist die große Chance für das bürgerlich-liberale Lager

Statt sich an den neomarxistischen Ideen des neuen SPÖ-Chefs abzuarbeiten, sollten sich dessen politische Gegner lieber an die eigenen Überzeugungen erinnern.

Statt sich an den neomarxistischen Ideen des neuen SPÖ-Chefs abzuarbeiten, sollten sich dessen politische Gegner lieber an die eigenen Überzeugungen erinnern.

Im innenpolitischen Geschäft dieses Landes gibt es kaum etwas Schlimmeres, als sein Gegenüber einen Ideologen zu nennen. Dabei ist eine klar definierte Sicht auf die Welt die wohl wichtigste Ware, die ein Politiker im Angebot hat. Insofern halte ich Andreas Babler für einen Glücksfall. Der neue SPÖ-Chef lässt keinerlei Zweifel daran aufkommen, wohin die Reise führte, sollte er die Geschicke dieses Landes lenken: stramm nach links und zurück in die für seine Partei so glorreiche Vergangenheit. Das Land würde von einer neuen Verstaatlichungswelle erfasst, die Preise wichtiger Güter und Dienstleistungen würden amtlich festgelegt. Gearbeitet würde nur noch 32 Stunden die Woche, das dafür bei vollem Lohnausgleich. Gewinne, die aus Sicht der Löwelstraße „unverschämt hoch“ sind, würden im Namen der Solidargemeinschaft beschlagnahmt, Erbschaften und Vermögen großflächig besteuert, und das Erfragen eines Asylgrundes käme unter einem Bundeskanzler Babler einer unverzeihlichen Menschenrechtsverletzung gleich.

Nun könnte man sich ausgiebig an all seinen Vorschlägen abarbeiten und deren programmiertes Scheitern empirisch nachweisen. All diese Ideen sind schließlich nicht neu, sie wurden hinlänglich erprobt. Der Traum von der klassenlosen Gesellschaft endete ausnahmslos in Massenarmut und Verzweiflung. Aber das ändert nichts daran, dass Babler und seine Anhänger dem sozialistischen Traum eine weitere Chance geben wollen. Irgendwann muss es schließlich auch einmal klappen.

Statt sich über Bablers neomarxistische Ideen zu echauffieren, sollte sich das bürgerlich-liberale Lager lieber mit der Frage beschäftigen, wie denn sein Gegenentwurf aussieht. Was die Bürgerlichen den Wählern anzubieten haben, außer einer weichgewaschenen Version der Sozialdemokratie. Die ÖVP spricht zwar gern über die Vorzüge der „Sozialen Marktwirtschaft“, legt den Fokus aber immer stärker auf den ersten Teil. Immer wieder betont sie, wie wichtig es im Sinne nachkommender Generationen sei, ordentlich hauszuhalten. Um im nächsten Moment das Land mit schuldenfinanzierten Ausgabenprogrammen zu überschwemmen, die selbst gestandene Sozialdemokraten blass werden lassen. Bei den liberalen Neos scheint sich die Mehrheit der Partei mittlerweile für marktwirtschaftliche Positionen zu genieren. In Salzburg haben die Liberalen den Gratiskindergarten für alle erkämpft, in Wien begnügen sie sich mit der Rolle des schüchternen Mehrheitsbeschaffers für die allmächtige SPÖ. Es sagt eine Menge, wenn sich sowohl Andreas Babler als auch Hans Peter Doskozil die Neos dezidiert als Partner für eine Mehrheit links der Mitte wünschen.

Es liegt an der Lethargie des bürgerlich-liberalen Lagers, das sich zu gut dafür ist, mit Leidenschaft für seine Sache zu kämpfen.

Wir leben in einem Land, das zwar gesellschaftspolitisch konservativ, wirtschaftspolitisch aber überzeugt links denkt. Der Ruf nach dem fürsorglichen Staat, der uns von allen Lasten befreit, kommt auch Nicht-Linken viel zu leicht über die Lippen. Das Verteilen von Geld durch den Staat wird romantisiert, dessen Erwirtschaften dämonisiert. Wir leben in einem wohlhabenden Land, in dem man sich in TV-Diskussionen von überzeugten Kommunisten erklären lassen darf, wie uns die profitorientierte Marktwirtschaft in die Armut treibt. Während in Venezuela, dem jüngsten marxistischen Experiment, die Menschen im Müll nach Nahrung suchen. Wir leben in einem wirtschaftlich starken Land, das durch die Öffnung der Handelsgrenzen zu einem sagenhaften Massenwohlstand gekommen ist, heute aber zu den erbittertsten Freihandelsgegnern zählt. Das liegt nicht nur an schmerzbefreiten NGOs, die mit viel Elan und jeder Menge Unwahrheiten im Gepäck die Bevölkerung in die Irre führen. Es liegt vor allem an der Lethargie und der Selbstzufriedenheit eines blutleeren bürgerlich-liberalen Lagers, das sich zu gut dafür ist, mit Leidenschaft für seine Sache zu kämpfen. Sie überlassen linken Demagogen kampflos das Feld und sitzen kopfschüttelnd vor ihren Fernsehern, hin und wieder reicht die Energie noch für das Verfassen eines erzürnten Leserbriefs.

Wir haben in Österreich nicht zu viele Ideologen, die mit Leidenschaft für ihre Sache kämpfen. Wir haben zu wenige davon, vor allem auf der bürgerlich-liberalen Seite. Aber vielleicht sorgt ausgerechnet der Marxist Babler für mehr Wettbewerb.

Kolumne von Franz Schellhorn für die “Presse” (10.06.2023).

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