Von umfassender Erneuerung ist wenig zu sehen
- 17.12.2017
- Lesezeit ca. 3 min
Wer sich von der neuen Regierung eine Generalsanierung des Hauses Österreich erwartet hat, wird nach Lektüre des Arbeitsprogramms bitter enttäuscht sein. Bleibt die Hoffnung, dass nach den vier Wahlgängen 2018 noch mehr kommt.
Nach einem Jahrzehnt hat Österreich nun wieder eine Regierung, die keine große Koalition ist. Wer sich aber von ÖVP und FPÖ eine große Veränderung oder gar eine Generalsanierung des Hauses Österreich erwartet hat, bleibt nach Lektüre des am Samstag vorgelegten Arbeitsprogramms bitter enttäuscht zurück. Das türkis-blaue Kabinett fürchtet offensichtlich nichts mehr als den Vorwurf, eine Politik der „sozialen Kälte“ zu betreiben. Etwas, das ihr nur mit jeder Menge Phantasie vorzuwerfen ist. Einzig die Obergrenze für die Mindestsicherung geht in diese Richtung.
Keine Sanierung des Pensionssystems?
Geradezu ernüchternd ist das Kapitel Pensionen. Im staatlichen Pensionssystem klafft eine Finanzierungslücke von 21 Milliarden Euro im Jahr, das ist ein Viertel des Bundeshaushalts. Eine Sanierung des staatlichen Pensionssystems ist weit und breit nicht zu sehen, das ist vor allem für die jüngeren Generationen eine schlechte Nachricht. Die allseits geforderte Pensionsautomatik ist nicht vorgesehen, das gesetzliche Pensionsalter bleibt trotz rasant steigender Lebenserwartung unverändert.
Vergleichsweise harmlos sind die Vorhaben in puncto Steuern und Finanzen. Hier dominieren die Überschriften, im Detail bleibt die neue Regierung vage bis mutlos. Ja, die Steuern und Abgaben sollen gesenkt werden; das Wie bleibt aber völlig offen. Nicht einmal die Kalte Progression wird eliminiert, dieser Schritt soll lediglich geprüft werden. Dabei wäre gerade jetzt eine deutliche Absenkung der Steuern und Abgaben angesagt, denn die öffentlichen Kassen gehen geradezu über vor Geld.
Richtige Schritte in der Bildung
Ermutigend sind hingegen die Vorhaben in Sachen Bildung. Mit der völligen Neugestaltung des Lehrerdienstrechts (inklusive leistungsorientierter Entlohnung), einer Durchforstung der Lehrpläne, einer größeren Schulautonomie und einer Evaluierung der Pädagogenausbildung sieht es im Bereich Bildung am ehesten nach dem aus, was vom künftigen Kanzler im Wahlkampf versprochen wurde: Zeit für Neues.
Auch dass ein Arbeitsmarktprogramm wie die Aktion 20.000 deutlich verkleinert wird, ist richtig. Es war bereits aus Unternehmen zu hören, dass nun geförderte Jobs aufgrund des Konjunkturaufschwungs ohnehin entstanden
wären.
Wunsch nach Modernisierung des Landes
Aus taktischen Gründen ist die Zurückhaltung der Regierung vielleicht zu verstehen. Dem Land mangelt es allerdings nicht an politischer Taktik, sondern an einer umfassenden Erneuerung aller öffentlichen Bereiche. Und davon ist sehr wenig zu sehen. Die Regierung wird damit die Kritiker nicht beruhigen, aber jene enttäuschen, die sich eine mutige Modernisierung des Landes gewünscht haben.
Zu hoffen ist, dass nach den geschlagenen Landtagswahlen im kommenden Jahr noch deutlich mehr von der Regierung kommt als das vorgelegte Programm vermuten lässt.
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