Ungleichheit – was wirklich zu tun ist
- 18.09.2015
- Lesezeit ca. 3 min
Der Alarm der OECD über immer weiter auseinander klaffende Einkommen ist für Österreich ein falscher. Hierzulande gilt: Wer mehr Gleichheit will, muss sich um Kindergärten und Vorschulen kümmern.
Das Thema Ungleichheit rückt immer öfter in den Fokus von Ökonomen und nimmt auch in der öffentlichen Debatte einen prominenten Platz ein. So warnte die OECD vor nicht allzu langer Zeit, die Kluft zwischen Arm und Reich sei heute in vielen Mitgliedsländern so groß wie seit 30 Jahren nicht mehr. Und diese Einkommensungleichheit hat laut der OECD einen negativen und statistisch signifikanten Einfluss auf das Wirtschaftswachstum. Als Grund dafür wird genannt, dass die unteren Einkommensschichten, die immer weiter zurückfallen, zu wenig Zugang zu Bildung haben. All dies klingt natürlich beunruhigend. Als Gegenmaßnahme wird Umverteilung über bestimmte Steuern und Transferleistungen empfohlen.
Wer aus der Problemlage die richtigen Schlüsse ziehen und passende Lösungen finden will, kommt um eine genauere Analyse freilich nicht herum. Wie viel von dem, was die OECD sagt, gilt auch für Österreich? Ein Blick auf Daten und Statistiken zeigt: Nicht besonders viel.
Die OECD untermauert ihre Warnung mit Daten über die Einkommensungleichheit von 22 Ländern – Österreich ist allerdings nicht darunter. Wer wissen will, ob die Einkommen auch hierzulande immer weiter auseinanderdriften, kann bei Eurostat nachschlagen und wird feststellen, dass dies seit 1995, also seit knapp 20 Jahren, nicht der Fall ist: Der Gini-Koeffizient – je niedriger er ist, umso gleicher sind die Einkommen – hat sich von 0,270 auf 0,276 verändert und ist damit praktisch konstant.
Hier kann glücklicherweise also Entwarnung gegeben werden.
Wie sieht es mit dem Einfluss der ungleichen Einkommen auf das Wachstum aus? Wobei festzuhalten ist, dass dies nur einer von vielen Faktoren ist, die Wachstum beeinflussen, und nach Ansicht vieler Ökonomen nicht der wichtigste. Hier hat die OECD Österreich sehr wohl berücksichtigt und errechnet, dass die Ungleichheit über 20 Jahre zusammengenommen 2,5 Prozent Wachstum gekostet hat. Damit liegt Österreich im internationalen Vergleich als fünftbestes von 19 untersuchten Ländern recht gut.
Man sollte es freilich noch besser machen wollen. Dass Ungleichheit das Wachstum hemmt, liegt, wie erwähnt, laut OECD daran, dass Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen zu wenig Zugang zu Bildung haben. Mehr Chancengerechtigkeit in der Bildung also – ein Ziel, das die Agenda Austria befürwortet. Dies ist nicht über mehr Familienförderung zu erreichen, die in Österreich bereits hoch ist, sondern über bessere Bildungsstätten: Es darf keinen Unterschied mehr machen, ob ein Kind im Arbeiter- oder im Nobelbezirk in die Schule geht. Am effektivsten wären Investitionen in die frühkindliche, vorschulische Bildung: Es gilt, Lern- und Sprachhandikaps von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern so früh wie möglich zu beseitigen. Damit sie frei nach ihren Talenten und Wünschen leben können.
Und woher kommt das Geld dafür? Wir meinen, nicht aus noch höheren Steuern, die ja erst recht wachstumsdämpfend wirken. Ungezählte Rechnungshofberichte – zuletzt jener über die Landesschulräte – haben aufgezeigt, dass durch eine Kompetenzentflechtung in der Schulverwaltung Millionen von Euro eingespart werden können. Hier findet die Arbeitsgruppe der Regierung zur Bildungsreform jenes Geld, das in Kindergärten und Vorschulen besser investiert ist.
So ergibt eine genauere Betrachtung der alarmistischen OECD-Meldung einen deutlich anderen Befund. Wenn Sie an mehr Hintergründen über Ungleichheit und Armut interessiert sind, dann steht Ihnen hier unser Handbuch “Armut, Ungleichheit und Verteilung” zur Verfügung.
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