Steuerreform: Und jetzt bitte den nächsten Schritt
- 07.07.2015
- Lesezeit ca. 3 min
Die Absenkung der Steuerbelastung ist ein gelungener Auftakt, um nun die Ausgaben des Staates auf deren Notwendigkeit hin zu durchforsten.
In dieser Legislaturperiode fasst das Parlament wohl nicht sehr viele Beschlüsse von so großer Tragweite wie es die sogenannte Steuerreform ist. Klar ist: Im kommenden Jahr zahlen gut 4,3 Millionen Österreicherinnen und Österreicher weniger Lohnsteuer. Die Lohn- und Einkommensteuerzahler werden mit knapp fünf Milliarden Euro entlastet. Auch wenn damit nicht die seit 2009 angefallene „kalte Progression“ ausgeglichen wird, ist der Regierung diese Tarifsenkung zugute zu halten – hier hat sie Reformbedarf erkannt und auch dementsprechend gehandelt.
Gegenfinanzierung über neue Einnahmen
Weniger ambitioniert zeigt sich die Koalition bei den Staatsausgaben. Die Gegenfinanzierung für den Großteil der Steuerentlastung wurde nicht nur unter großer Mühe zusammengezimmert. Sie wird auch nahezu ausschließlich über neue Einnahmen versucht: wie über die spürbare Anhebung der Grunderwerbsteuer, eine Art Erbschaftssteuer light, die Erhöhung der Kapitalertragssteuer um zehn Prozent, einen höheren Spitzensteuersatz oder die neuerliche Anhebung der Sozialversicherungsbeiträge, womit der Faktor Arbeit wieder verteuert wird. Obwohl die Bundesregierung bei jeder sich bietenden Gelegenheit die Verteuerung der menschlichen Arbeit beklagt – so, als hätte sie nichts damit zu tun.
Hinzu kommen höchst ambitionierte Einnahmenerwartungen, insbesondere über die Betrugsbekämpfung. Ob diese Konstruktion, der das Bankgeheimnis zum Opfer fiel, hält, darf bezweifelt werden. Abgesehen davon wäre es höchst erfreulich, wenn die Regierung mit demselben Eifer an die Durchforstung der Staatsausgaben auf deren Notwendigkeit hin heranginge wie sie das bei der Erschließung neuer Einnahmequellen immer wieder tut. Der einzige nennenswerte Posten in dieser Hinsicht ist der Plan, die Verwaltungskosten zu senken. Wie das geschehen soll, ist ähnlich vage formuliert wie die Reformvorschläge der griechischen Regierung an die Euro-Länder.
Österreich hat Ausgabenproblem
Dabei wäre gerade auf der Ausgabenseite jede Menge Potenzial vorhanden, um die Steuerbelastung der Bürger dauerhaft und weitergehend abzusenken. Wie die Agenda Austria seit ihrer Gründung betont, hat dieses Land kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem. Allein seit dem Jahr 2000 sind die Ausgaben der Republik Österreich (ohne die jetzt historisch niedrigen Zinsen) fast doppelt so schnell gestiegen wie die allgemeinen Preise. Das betrifft sowohl die Zeit vor als auch jene nach Ausbruch der Wirtschaftskrise. Fast so stark steigen seit Beginn des Jahrtausends auch die Einnahmen – und obwohl der Staat regelrecht im Geld schwimmt, steigt die Neuverschuldung von Jahr zu Jahr. Während Deutschland die niedrigen Zinsen dazu genutzt hat, am Höhepunkt der Wirtschaftskrise mit sinkenden Ausgaben den Haushalt zu sanieren, verwendet die Republik Österreich das viele billige Geld zur Ausweitung der Staatsausgaben. Mit dem Ergebnis, dass Österreich seit 1962 keinen einzige Überschuss im Bundeshaushalt zu Stande brachte und trotz heftigem Deficit Spending heute zu den wachstumsschwächsten Volkswirtschaften der Eurozone zählt.
Schweden und Schweiz als Vorbild
Die großen Brocken blieben im Rahmen der aktuellen Tarifreform nahezu unangetastet: Soziale Ausgaben wie der jährliche Budgetzuschuss von zehn Milliarden Euro zu den Pensionen – sie sind seit 2010 um neun Prozent gestiegen. Österreichs sündteure Interpretation des Föderalismus, bei dem die Länder die Spendierhosen anhaben, das Geld dafür aber nicht bei den Bürgern eintreiben müssen. Der Förderdschungel, dessen Lichtung von den beteiligten Akteuren beharrlich verweigert wird, auch wenn gleichzeitig von den Bürgern volle Transparenz gefordert wird. Die überbürokratisierte Schulverwaltung, die unseren Kindern mehr schadet als nützt.
Dass es anders geht, zeigen die Beispiele Schweden und Schweiz: Beide Länder haben ihre Staatsverschuldung gesenkt, liegen in puncto Wachstum deutlich besser als Österreich und können ein respektables Sozialsystem, ein saniertes Pensionssystem und ein taugliches Bildungswesen vorweisen. Inspirationsquellen für eine weitere Großtat noch in dieser Legislaturperiode gäbe es also mehr als genug.
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