Foto: © BMKÖS/Fuhrer
Sollten Sie keine Zeit oder auch keine allzu große Lust haben, das 211 Seiten dicke Regierungsprogramm von Schwarz-Rot-Pink durchzuackern, erlaube ich mir, eine stark verkürzte Fassung anzubieten: Österreichs Wirtschaft droht das dritte Jahr in Folge zu schrumpfen, Unternehmen kollabieren in Rekordzahl, der Staatshaushalt gleicht einem Scherbenhaufen und die Arbeitslosenzahlen kennen nur eine Richtung: nach oben.
Sollten Sie keine Zeit oder auch keine allzu große Lust haben, das 211 Seiten dicke Regierungsprogramm von Schwarz-Rot-Pink durchzuackern, erlaube ich mir, eine stark verkürzte Fassung anzubieten: Österreichs Wirtschaft droht das dritte Jahr in Folge zu schrumpfen, Unternehmen kollabieren in Rekordzahl, der Staatshaushalt gleicht einem Scherbenhaufen und die Arbeitslosenzahlen kennen nur eine Richtung: nach oben. Die Antwort der neuen Regierung auf diese dramatische Lage ist eine Armada von Ministern und Staatssekretären, die mit kosmetischen Korrekturen und höheren Steuern über die Runden zu kommen versucht. Statt den Mut aufzubringen, echte Strukturreformen anzupacken, einigen sich die drei Parteien auf den kleinsten gemeinsamen Nenner: Die SPÖ verzichtet großzügigerweise auf Vermögensteuern, im Gegenzug verschonen ÖVP und NEOS den aufgeblähten Staatsapparat vor den längst überfälligen Korrekturen. Ein paar Reförmchen hier, ein paar Absichtserklärungen dort. Mehr ist es nicht.
Die Gewinner der Regierungsverhandlungen sind nicht die einfachen Bürger. Die Gewinner sind die Sozialdemokraten. Sie haben zwar die Nationalratswahlen krachend verloren, aber die Regierungsverhandlungen überlegen gewonnen. Mit den Ministerien für Finanzen, Soziales und Infrastruktur kontrollieren sie künftig alle großen Geldtöpfe, die diese Republik zu bieten hat. Sie haben sich auch inhaltlich durchgesetzt, das Regierungsprogramm liest sich über weite Strecken wie ein SPÖ-Grundsatzpapier ohne Vermögensteuern. Die strengste Mietpreisregulierung außerhalb von Havanna wird noch einmal verschärft, jede nennenswerte Änderung im Pensionssystem verhindert, die Strafsteuern für ertragreiche Banken werden erhöht, die Arbeitskosten nur dann gesenkt, wenn es die budgetäre Lage zulässt. Also nie.
Mit dem historisch schlechtesten Wahlergebnis im Gepäck einen derart imposanten Verhandlungssieg einzufahren, muss den Sozialdemokraten erst mal jemand nachmachen. Zu verdanken haben sie das nicht nur dem Verhandlungsgeschick der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures. Sondern vor allem der ÖVP, die der SPÖ die wichtigsten Ressorts überlässt. Und das nur, um der Partei das Innenministerium zu sichern. Warum die ÖVP, die sich ja immer noch als Wirtschaftspartei versteht, das Finanzministerium zugunsten des Innenressorts aufgibt, ist und bleibt ihr großes Geheimnis.
Während die ÖVP die wichtigsten Ressorts verschenkt, setzen die Neos ihr gesamtes politisches Kapital auf Schwarz-Rot. Sie riskieren mit diesem Regierungsbündnis alles, was sie sich in den letzten 13 Jahren aufgebaut haben, allen voran ihre Glaubwürdigkeit. Was wurde aus der flammenden Rede von Parteichefin Beate Meinl-Reisinger von Anfang Jänner, als sie der Öffentlichkeit in beeindruckender Manier mitteilte, dass sie die Regierungsverhandlungen beendet, weil mit ihrer Partei ein „Weiter wie bisher“ nicht zu machen sei? Zwei Monate später machen die Neos genau dieses „Weiter wie bisher“ möglich. Sie plädieren für einen schlanken Staat, sind aber gleichzeitig Teil der dicksten Regierung der jüngeren Vergangenheit. Ja, sie haben durchgesetzt, dass man künftig nicht mehr im Alter von 62 Jahren mit 480 Versicherungsmonaten in Frühpension gehen kann, sondern erst mit 63. Das ist zwar besser als nichts, wird aber nicht einmal den eigenen Funktionären als Reform, geschweige denn großer Wurf zu verkaufen sein.
Vielleicht wäre es ja besser gewesen, als konstruktive Oppositionspartei ÖVP und SPÖ bei ernsthaften Reformen zu unterstützen. Statt einen sozialdemokratischen Retrokurs mitzutragen, höhere Steuern zu akzeptieren, die partielle Wiedereinführung der Kalten Progression zu schlucken und sich mit nebulosen Sparankündigungen abspeisen zu lassen. Neos-Abgeordneter Niki Scherak brachte es in einem „Kurier“-Interview auf den Punkt: „Wir haben gesagt, was staatspolitische Verantwortung bedeutet. Dass man dringend notwendige Reformen angeht, sei es im Föderalismus, sei es im Gesundheitssystem, sei es bei den Pensionen“. Davon fehlt nur leider jede Spur. Staatsräson heißt eben nicht, mit einem höchst bescheidenen Regierungsprogramm einen Kanzler Kickl zu verhindern. Staatsräson heißt, das in schweren wirtschaftlichen Turbulenzen steckende Land mit einer grundlegenden Modernisierung auf Vordermann zu bringen und damit die nächsten Wahlen zu gewinnen. Diese Chance hat die neue Regierung schon vor ihrem offiziellen Start verspielt. Schade.
Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (1.3.2025)
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