COVID-19

Österreichs Wirtschaft in der Corona-Krise

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Drei unterschiedliche Schocks zeichnen sich durch die Ausbreitung des Corona-Virus ab:

  1. Die anfängliche Krise in China hat Wertschöpfungsketten und damit insbesondere international ausgerichtete Industrieunternehmen getroffen.
  2. Die Maßnahmen der „Sozialen Distanzierung“ treffen vor allem Dienstleistungssektoren hart und zwingen Mitarbeiter und Unternehmen zu einem Stopp.
  3. Beide Schocks treffen die internationale Konjunktur merklich

– Der erste Schock war bereits deutlich: Die chinesische Industrie hat ihre Produktion während der Corona-Krise massiv gedrosselt. Österreichische Industrieunternehmen sind durch die Produktionsstopps ihrer Töchter und Zulieferer betroffen, für derartige Schocks ist ein System der Kurzarbeit und Überbrückungskredite sinnvoll.

Ein Kurzarbeitsmodell ist hier wohl effektiv zu wenig, es braucht ein Kurzarbeitslosigkeitsmodell.

– Der zweite Schock betrifft die Folgen und Kosten der Sozialen Distanzierung. Branchen wie der Tourismus, die Gastronomie, aber auch andere Dienstleistungsbranchen (vom Frisör bis zum Modegeschäft) verzeichnen aktuell dramatische Umsatzeinbußen. Ein Kurzarbeitsmodell ist hier wohl effektiv zu wenig, es braucht ein Kurzarbeitslosigkeitsmodell, das Arbeitgebern die Lohnkosten für eine Zeit weitgehend abnimmt. Darüber hinaus sind Stundungen von Steuer- und Abgabenzahlungen nötig, um die Liquiditätssituation nicht zu gefährden.

– Der dritte Schock ist der globale Konjunktureffekt der oben beschriebenen Situation. Es besteht aber weitgehend Konsens darüber, dass die Weltwirtschaft im zweiten Quartal schrumpfen wird.

– Um die wirtschaftlichen Folgen dieser Schocks abzufangen, hat der Nationalrat am 15. März 2020 einen COVID-19-Krisenbewältigungsfonds beschlossen, dotiert mit vier Milliarden Euro. Neben der Stabilisierung des Gesundheitssystems sollen aus diesen Mitteln auch die Kurzarbeit und Einnahmeausfälle von Unternehmen finanziert werden.

Steuern und Abgaben werden vorerst nicht eingemahnt oder eingetrieben.

– Klar ist, dass sich die Liquiditätssituation vieler Unternehmen rasch verschlechtern wird. Ziel der Regierung ist das Verhindern einer Pleitewelle. So werden das Finanzministerium und die Sozialversicherungsträger ausständige Steuern und Abgaben vorerst nicht einmahnen oder eintreiben.

– Liquiditätsengpässe sollen mit staatlich besicherten Krediten und Kreditstundungen verhindert werden. Die Abbaugesellschaft ABBAG wird Unternehmen mit Kreditgarantien für die Zeit des eingeschränkten Betriebs unterstützen. Die Österreichische Kontrollbank wird zwei Milliarden Euro an Garantien für Exporteure zur Verfügung stellen. In Härtefällen soll die Förderbank aws Überbrückungsgarantien gewähren und damit Kredite der Banken an Unternehmen besichern, die sonst wegen der angespannten Finanzsituation nicht an Geld kommen würden. Unternehmen erhalten so zur Zahlung weiterer Fixkosten Kredite der Geldinstitute, die öffentliche Hand nimmt das Risiko durch eine Garantie ab.

Abb. 1: Die Corona-Krise ist eine Riesen-Herausforderung für das Gesundheitssystem und sie trifft auch die Wirtschaft hart. Es hat Priorität, den Brand zu löschen.

– Um die vier Milliarden Euro des Krisenbewältigungsfonds ein wenig einzuordnen, eignen sich die Daten zu Umsätzen und Personalkosten der Unternehmen in Österreich (siehe Abbildung 1 und 2). Diese zeigen, dass sich kräftige Umsatzeinbußen, beispielsweise in Sektoren wie dem Einzelhandel (außer Lebensmittel) und Gastronomie zu erwarten sind, schnell auf Milliarden Euro summieren, umso mehr wenn die Rückgänge länger als eine Woche andauern. 400 Millionen Euro aus dem Krisenbewältigungsfonds werden aktuell für die Kurzarbeit vorgesehen. Allerdings betragen die wöchentlichen Personalkosten in einigen der besonders betroffenen Branchen mehrere hundert Millionen Euro. Bleiben die Ausgangsbeschränkungen länger in Kraft, müssen die verfügbaren Mittel für Liquidität und Kurzarbeit wohl deutlich aufgestockt werden.

Abb. 2: Die neue Corona-Kurzarbeit soll Arbeitnehmer in Beschäftigung halten. Am meisten Personalkosten zahlen im Vergleich der Sektoren die Industrie und der Handel. Bereits pro Woche liegen die Personalkosten bei mehreren hundert Millionen Euro.

– Österreich geht dabei kommunikativ einen etwas anderen Weg als etwa Deutschland. In Deutschland wurde ein Schutzschirm mit unendlicher Kapazität aufgespannt, begleitet vom Hinweis auf „whatever it takes“. Also jene Floskel, die Ex-EZB-Präsident Mario Draghi zur Eindämmung der Eurokrise nutzte. Konkret sollen über bestehende und neue Kreditlinien der KfW alle Liquiditätsengpässe von Unternehmen ausgeglichen werden. Der aktuelle Garantierahmen beträgt 460 Milliarden Euro und kann um 93 Milliarden Euro erhöht werden. Unternehmen erhalten dabei über die Hausbanken Zugang zu den Mitteln der KfW.

Schweden hat ein Paket im Ausmaß von umgerechnet bis zu 28 Milliarden Euro angekündigt, dort übernimmt der Staat unter anderem die vollen Kosten von Krankenständen und hat neben einem Kurzarbeitsmodell[1] auch noch die Möglichkeit geschaffen, Lohnsteuern, Umsatzsteuern und Dienstgeberbeiträge zur Sozialversicherung zu stunden.

Ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von fünf Prozent bedeutet einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit und ein massives Defizit.

– In Dänemark wird künftig der Staat die Löhne zu 75 Prozent weiterbezahlen, um Entlassungen zu vermeiden (gedeckelt mit 23.000 DKK oder 3.076 Euro). Das gilt für maximal drei Monate. Die Mitarbeiter müssen fünf Tage Urlaub konsumieren.

Allen Modellen gemein ist: 1. Liquidität sichern, damit das Corona-Virus nicht gesunde Unternehmen und damit verbundene Arbeitsplätze vernichtet. 2. Kurzarbeitsmodelle in Kurzarbeitslosigkeitsmodelle verwandeln, die stärker mit Steuermitteln subventioniert sind.

– Bereits ein Rückgang der Wirtschaftsleistung von fünf Prozent (analog zum Crash 2008/2009) hätte für Österreich drastische Auswirkungen. Zwar würden die „automatischen Stabilisatoren“, also etwa das Arbeitslosengeld oder die reduzierte Steuerlast, in der Krise den Einkommensverlusten entgegenwirken. Doch insgesamt würde ein Rückgang der Wirtschaftsleistung um fünf Prozent die Arbeitslosigkeit um 20 Prozent erhöhen, die Steuereinnahmen um 6,5 Milliarden Euro reduzieren und das Defizit um neun Milliarden Euro steigen lassen. Nach aktuellem Stand ist aber fraglich, ob die drastischen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Corona-Virus weltweit, in Europa und in Österreich die Wirtschaftsleistung nicht stärker senken werden.


Fußnoten

  1. Schweden hat „temporary layoffs“ eingeführt, also quasi Kurzarbeitslosigkeit.
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