Ein Tag im Pflegeheim kostet im Durchschnitt 127 Euro. Die Kosten variieren je nach Bundesland allerdings deutlich.
Im Jahr 2015 gaben Länder und Gemeinden 3,4 Milliarden Euro für den Pflegebereich aus. Für 1,3 Milliarden Euro kamen die Leistungsempfänger selbst auf, der Finanzierungsanteil aus dem Steuertopf lag mit 2,1 Milliarden Euro bei rund 60 Prozent der Gesamtkosten. „Aufgrund des föderalen Pflegesystems gibt es in jedem Bundesland verschiedene Leistungen zu unterschiedlichen Kosten“, so Agenda Austria-Ökonomin Monika Köppl-Turyna.
Obwohl Wien und Oberösterreich 2015 in etwa gleich viele Tage verrechneten, gab Wien dafür um etwa 380 Millionen Euro mehr aus. Diese Unterschiede sind zum Beispiel auf unterschiedliche Betreuungsschlüssel zurückzuführen. In der Pflegestufe 0 kommt in Vorarlberg ein Pfleger auf 60 zu Betreuende, in Wien ist das Verhältnis 1:20 und in Oberösterreich liegt es bei 1:24. Für Pflegestufe 7 beträgt der Schlüssel in der Steiermark 1:1,7 und in Wien 1:1.
Die komplizierten Finanzströme zwischen Bund und Ländern bei der Pflege sind ein Paradebeispiel dafür, dass Österreichs Föderalismus dringend überarbeitet werden sollte. Das Recht, Steuern einzuheben, liegt ja zum größten Teil beim Bund. Gleichzeitig können die Länder aber Ausgaben beschließen, ohne den Bund zu fragen – und holen sich dann aber das nötige Geld über den Finanzausgleich. „Die Länder haben naturgemäß wenig Interesse die unterschiedlichen Kosten anzugleichen, solange ihnen die Kosten durch den Finanzausgleich aus dem allgemeinen Steuertopf erstattet werden“, so Köppl-Turyna.
Helfen könnte eine aktuelle Debatte. Bund und Länder streiten über die Kosten durch die Abschaffung des Pflegeregresses. Der Bund hat 100 Millionen Euro zugesagt, die Länder beklagen durch den Wegfall des Pflegeregresses Einbußen in Höhe von mehreren hundert Millionen. Bevor die Regierung die Übernahme sämtlicher Kosten zusichert, sollte eine Harmonisierung der Pflegekosten durch die Länder erfolgen.
Die Pflege völlig neu zu denken ist daher eine wichtige Aufgabe für die neue Regierung. Abgesehen davon, dass es beim Föderalismus wie auch bei den Sozialversicherungen Einsparungspotenzial gibt, könnte das zum Beispiel so gehen: Jeder Österreicher ist verpflichtet, auf sein individuelles Pflegekonto einzuzahlen; das sollte steuerfrei sein. Braucht er im Alter Pflege, ist das Geld dafür da. Falls nicht, freuen sich die Kinder. Ein anderer Weg wäre eine Versicherungspflicht, wie sie in den Niederlanden besteht.
In Österreich sind die gesamten Pflegeausgaben in Höhe von 5 Milliarden Euro nicht nachhaltig finanziert. Die Lösung wäre die Einführung eines individuellen Pflegekontos.
Videomitschnitt
Wer sollte für die Pflege naher Angehöriger aufkommen? Der Staat? Eine eigene Pflegeversicherung? Über diese und andere Fragen haben wir am 11. Oktober mit den beiden Sozialrechts-Experten Prof. Bernd Marin und Prof. Wolfgang Mazal in der Agenda Austria diskutiert.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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