Foto: © contrastwerkstatt / Fotolia.com
Die Idee der Bundesregierung, kostenlos Tablets und Laptops an alle Schüler zu verteilen, zäumt das Pferd von hinten auf. Erst sind die Lehrer besser auszustatten und in Didaktik auszubilden - Kommentar von Wolfgang Feller
Kostenlose Tablets und Laptops für alle Schüler ab 2018 – dieser Plan der Bundesregierung ruft bei vielen Lesern wohl die spontane Reaktion “Spät, aber gut” hervor. Schließlich haben andere Länder schon vor vielen Jahren solche Maßnahmen gesetzt.
Doch so einfach ist die Sache leider nicht. Die flächendeckende Verteilung von Tablets an Schüler der fünften Schulstufe und Laptops an Schüler der neunten Schulstufe stellt eine Idee dar, die längst überholt ist. Sie lenkt die beträchtlichen Geldmittel, die eine Digitalisierungsstrategie zweifellos benötigt, an die falsche Stelle. Für die Geräte werden ca. 100 Millionen Euro jährlich veranschlagt.
Überholt ist dieses Vorhaben, weil es dem alten Gießkannenprinzip folgt. Alle sollen ein staatlich finanziertes Gerät geschenkt bekommen, unbeschadet der Tatsache, ob sie das überhaupt benötigen.
Laut einer aktuellen Studie verfügen bereits die Hälfte der Kinder mit zehn Jahren über ein eigenes Smartphone, bei älteren Schülern gehört das bereits zum Standard. Der Zugang zu einem privaten PC oder Laptop im Haushalt ist beinahe flächendeckend gegeben. Viele Schüler, die 14 Jahre oder älter sind, haben Laptops oder PCs in ihrem eigenen Zimmer.
Viel sinnvoller wäre es, nur jenen Kindern, die aus sozial schwachen Familien stammen, Geräte zur Verfügung zu stellen und die dabei eingesparten Mittel in die technische Infrastruktur an Schulen zu investieren. Denn um digitale Medien im Unterricht didaktisch sinnvoll einsetzen zu können, ist wesentlich mehr nötig, als alle Schulen “ans Internet anzubinden”.
Von so trivialen Dingen wie Steckdosen an jedem Arbeitsplatz über WLAN mit ausreichender Kapazität in jedem Klassenzimmer bis zu einem bedienungsfreundlichen IT-Netzwerk in der gesamten Schule reichen hier die Anforderungen.
Abgesehen davon, dass derzeit in vielen Schulen noch nicht einmal für jeden Lehrer ein Computerarbeitsplatz vorhanden ist, gilt es zunächst zu ermöglichen, dass jeder Lehrer bei Bedarf auf ausreichend viele – gewartete und ans Schulnetz angeschlossene – Laptops oder Tablets für bestimmte Unterrichtseinheiten zugreifen kann.
Allein das in den nächsten Jahren umzusetzen bedeutet eine strategische, logistische und finanzielle Herausforderung, die alles übersteigt, was im österreichischen Schulwesen in den letzten Jahren verwirklicht wurde. Diese technische Infrastruktur ist an den städtischen “Brennpunktschulen” besonders wichtig, damit auch Kinder aus sozioökonomisch schwachen Familien gleichberechtigt am Kompetenzaufbau im digitalen Bereich teilhaben können. Denn sonst setzt sich die digitale Kluft zwischen den bildungsaffinen und bildungsfernen Familien in der nächsten Generation ungebrochen fort.
Die zweite Voraussetzung, um den Unterricht mit digitalen Medien didaktisch sinnvoll zu ergänzen und digitale Kompetenzen zu vermitteln, besteht im Aufbau flächendeckender Kompetenz in der Lehrerschaft. Hier ist die Herausforderung noch weit größer. Und auch hier hinken die Vorhaben des Bildungsministeriums rund zehn Jahre hinterher.
Damals wäre es sinnvoll gewesen, digitale Kompetenzen und das entsprechende methodische und didaktische Know-how in der Lehrerausbildung verpflichtend zu verankern. Dann wären bereits jetzt genug aktive Lehrer mit den Grundanforderungen vertraut. Nun eilt die Zeit, und man kann nicht auf die kommende Lehrergeneration warten.
Die ministeriellen Vorhaben zur Aus- und Weiterbildung der Lehrer mögen für österreichische Verhältnisse ambitioniert erscheinen. Dem tatsächlichen Bedarf an Lehrerfortbildung im Bereich digitaler Kompetenzen werden sie jedoch bei weitem nicht gerecht.
Hier wäre eine nationale Kraftanstrengung notwendig, bei der alle Lehrer, die dies benötigen, in zwei bis drei Jahren auf ein Niveau gebracht werden, das ihnen den sinnvollen Einsatz digitaler Medien im Unterricht ermöglicht. Ohne dieses Wissen bringt der Einsatz von Smartphones, Tablets und Laptops im Unterricht keinen Mehrwert. Und alle Schulen und alle Schüler mit digitalen Geräten auszustatten hieße dann, das Pferd von hinten aufzuzäumen.
Gastkommentar von Wolfgang Feller im „Standard“, 26.06.2017
Warum Österreichs Schüler so wenig über Wirtschaft wissen. Und warum das nicht gut ist.
Was ist ein Markt? Wie bilden sich Preise? Was ist der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn? Viele Österreicher wissen das nicht; die Welt der Ökonomie ist ihnen ein Rätsel und deshalb oft auch unheimlich. Ein Schulfach Wirtschaft würde diese Defizite schon bei den Jüngsten beheben – und eine Menge Irrtümer aus der Welt schaffen.
Österreich profitiert seit Jahrzehnten von einem Wirtschaftssystem, das ziemlich viele Menschen im Land für böse und ungerecht halten: dem Kapitalismus.
Die beliebteste Anlageform der Österreicher ist nach wie vor das Sparbuch.
Kinder und junge Erwachsene fühlen sich in wirtschaftlichen Fragen schlecht oder gar nicht informiert.
Ein großer Teil der verbleibenden Lücke beim Gender Pay Gap ist historisch gewachsen und lässt sich durch Einkommensunterschiede zwischen den verschiedenen Branchen oder auch zwischen einzelnen Berufen erklären.
Dieses muss aber nicht durch neue Steuereinnahmen aufgetrieben werden, sondern könnte durch eine Umstrukturierung der Bildungsausgaben frei werden. Hierzulande wird für die frühen Phasen der Bildungskarriere – im Verhältnis zu fortgeschrittenen Ausbildungsstufen – wenig Geld ausgegeben. Länder wie Dänemark, Schweden oder Estland investier
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
Lernen Sie uns kennenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie müssen den Inhalt von reCAPTCHA laden, um das Formular abzuschicken. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten mit Drittanbietern ausgetauscht werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr InformationenSie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Mehr Informationen