Sozialer Aufstieg ist im Wohlfahrtsstaat Österreich nicht möglich. Das behaupten nicht dessen Gegner, sondern seine Befürworter. Irgendwie seltsam.
In Österreich verläuft das Leben noch in geordneten Bahnen. Wer in einen sozialdemokratischen Haushalt hineingeboren wird, bleibt sein Leben lang ein Roter (auch wenn hin und wieder Blau oder Grün gewählt wird). Wer in den Höhen des 19. Wiener Gemeindebezirks das Licht der Welt erblickt, besucht eine katholische Privatschule, fährt als Erwachsener Range Rover und hält der ÖVP die Treue, solange sie vom Steuersenken wenigstens redet.
Geringverdienern ist der Weg in ein besseres Leben verbaut, reich werden hierzulande nur noch Erben. Österreich zählt nämlich zu jenen Ländern, in denen die „soziale Mobilität“ besonders schwach ausgeprägt ist. Nur wenige erreichen ein höheres Bildungsniveau als ihre Eltern, fast niemand schafft den Aufstieg in eine höhere Einkommensklasse. Das jedenfalls behaupten Statistiker, Wirtschaftsforscher und Politiker.
Ein Befund, der Mitte vergangener Woche kurzzeitig gehörig ins Wanken geriet. Die Industriellenvereinigung hat nämlich von der Statistik Austria auswerten lassen, wie vielen Menschen es tatsächlich gelingt, einkommensmäßig aufzusteigen. Und wie leicht oder anstrengend es ist, sich dann auch oben zu halten (sofern man dort überhaupt ankommt). Ergebnis: In kaum einem anderen Land Europas ist der soziale Aufstieg einfacher zu schaffen als in Österreich.
Die SPÖ müsste jubeln. Kommunikationstechnisch gesehen ist das so etwas wie ein aufgelegter Elfmeter ohne Tormann. Lässig in die Maschen zu schieben von jenen, die seit jeher einen stark intervenierenden Wohlfahrtsstaat propagieren, weil ja nur mit seiner Hilfe soziale Ungerechtigkeiten aus der Welt zu schaffen seien. Ihnen hat der Klassenfeind gerade frei Haus den Beweis geliefert, dass der österreichische Sozialstaat zwar nicht ganz gratis, aber keineswegs umsonst ist. Dass das staatliche Gratisbildungswesen Kindern aus einkommensschwachen Familien die Türen zu besserer Bildung öffnet und ihnen nach erfolgter Starthilfe ein Leben mit weniger Entbehrungen ermöglicht. So wie das die SPÖ immer versprochen hat.
Und was machen die Linken? Sie sehen sich nicht etwa in ihrem Weg bestätigt, sondern bestreiten vehement, dass es im Land der „sozialen Gerechtigkeit“ einen Weg nach oben gibt. Die Arbeiterkammer hält es beispielsweise für keine große Sache, wenn jemand vom zehnten Dezil (der Gruppe der untersten zehn Prozent der Einkommenspyramide) in das dritte Dezil vorrückt. Schließlich würden auch dort nur Hungerlöhne bezahlt.
Auch die Statistik Austria rudert zurück. Sie dementiert zwar nicht das rege Auf und Ab zwischen den Einkommensgruppen, womit sie den zentralen Befund einer hohen sozialen Mobilität bestätigt. Sie relativiert aber die daraus gezogenen Schlussfolgerungen. In der Datenreihe seien nämlich nur die Einkommen von Menschen erfasst worden, die zwischen 2000 und 2011 beschäftigt waren. Nicht aber jene von Arbeitslosen, für die sich also möglicherweise nichts geändert habe. Deshalb könne nicht behauptet werden, dass in Österreich die Flucht aus der Armut besonders schnell gelänge.
Zudem verweist das staatliche Statistikamt darauf, dass es in den meisten Einkommensgruppen mehr Absteiger als Aufsteiger gegeben habe. Was nicht dazu gesagt wird: Untersucht worden sind nicht die verfügbaren Nettoeinkommen, sondern die Bruttolöhne – also die Arbeitseinkommen vor Steuern und staatlichen Transferzahlungen. Das wiederum lässt den Schluss zu, dass der pekuniäre Aufstieg aus den unteren Einkommensgruppen weit öfter gelingt als in der heftig kritisierten Studie angenommen wurde. Schließlich weiß man aus einer Untersuchung der OECD aus dem Jahr 2008, dass die niedrigen Einkommen in keinem industrialisierten Land der Welt so stark vom Staat aufgepäppelt werden wie in Österreich. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass der Abstiegsdruck in den oberen Regionen höher ist als vermutet. Der Staat zieht Besserverdienern bekanntermaßen viel mehr Geld aus der Tasche als er ihnen später über Sozialtransfers wieder zusteckt. Womit all das bestätigt scheint, wofür die SPÖ seit Jahren kämpft.
Der Partei zu Dank verpflichtet. Bleibt nur noch die Frage, warum die Kanzlerpartei dieses PR-Geschenk dann dankend ablehnte. Weil es von der „falschen“ Seite zugestellt wurde? Weil sich damit neue Steuern und mehr Staat nur schwer rechtfertigen ließen? Vermutlich eine Mischung aus beidem.
Generell scheint den politischen Vertretern aller Lager nicht viel an Menschen zu liegen, die das Leben aus eigener Kraft meistern. Die ohne den Herrn Funktionär zurechtkommen, die nicht permanent nach der starken Hand des gebenden Staates greifen, sondern die Chancen nutzen, die ihnen die Marktwirtschaft bietet.
Erwünscht sind hierzulande Menschen, die wissen, wem sie am Tag der Wahl zu danken haben. Etwa dafür, dass ihnen ein paar hundert Euro Familienbeihilfe mehr überwiesen werden (Geld, das ihnen vorher abgenommen wurde). Von Kindesbeinen an lernen die Bürger, dass sie hilflose kleine Geschöpfe in einem furchtbar komplexen System sind. Einem System, das sie nicht durchschauen, weshalb ihnen alle wichtigen Entscheidungen abgenommen werden. Von Beamten und Politikern, die meinen besser zu wissen, was für die Bevölkerung gut ist. Von wohlgesinnten Experten, die mit ihrer Arbeit noch lange nicht am Ende sind, weshalb sie soziale Aufsteiger nicht wirklich gut gebrauchen können.
So ist das eben in einem Land, in dem das Leben noch in geordneten Bahnen verläuft.
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