Finnen müssten wir sein
Dénes Kucsera über die dringende Notwendigkeit einer bleibenden Steuerentlastung für Österreich.
Die Steuerbelastung des Faktors Arbeit verharrt hierzulande auf einem konstant hohen Niveau. Und das, obwohl in Österreich schon häufig von der „größten Steuerreformen aller Zeiten“ die Rede war. Doch tatsächlich muss sich der typische Steuerzahler wie auf der Achterbahn vorkommen. Eine Steuerreform führt dazu, dass die Steuerlast merklich nach unten rasselt, nur um in den Jahren danach wieder rasch zu steigen. Weil das Steuersystem bei dem Inflationsausgleich der Löhne kräftig mitschneidet, bleibt real dann weniger netto vom brutto.
Nur in vier Ländern der Europäischen Union wird der Faktor Arbeit höher belastet als in Österreich. Die Differenz zwischen den Arbeitskosten und dem, was den Mitarbeitern netto davon bleibt, ist in Österreich anhaltend groß: Bei einem durchschnittlichen Angestellten kassiert der Staat fast genau so viel wie der Arbeitnehmer.
Österreich braucht also eine bleibende Steuerentlastung. Für eine Arbeitsbelastung, die dem EU-Durchschnitt entsprechen würde, wäre eine dauerhafte Entlastung im Ausmaß von rund neun Milliarden Euro nötig. Bei einer solchen Entlastung würde einem vollzeitbeschäftigten Durchschnittsverdiener monatlich knapp 250 Euro netto mehr bleiben als jetzt. Nur zur Einordnung: Selbst in den skandinavischen Wohlfahrtsstaaten ist die Abgabenbelastung auf Arbeit spürbar geringer: So hätte unser Durchschnittsverdiener im finnischen Steuersystem 268 Euro monatlich mehr am Konto und in Dänemark sogar doppelt so viel. Vor 18 Jahren war das aber noch ganz anders: Im Jahr 2000 lag die Steuer- und Abgabequote in Finnland über dem österreichischen Niveau, heute liegen die Finnen nahe dem Europäischen Durchschnitt und Dänemark sogar weit darunter.
Das liegt unter anderem daran, dass die kalte Progression in diesen Ländern längst abgeschafft wurde. Würde man selbiges hierzulande machen und das Steuersystem „auf Räder“ stellen und die Steuerstufen mit der Inflation ansteigen lassen, dann blieben den Steuerzahlern über den Zeitraum von 2016 bis 2022 Mehrbelastungen von rund 8,5 Milliarden Euro erspart. Der Wegfall dieses Körberlgeldes würde es schwieriger machen, die nächste „Entlastung“ ohne echte Reformen anzukündigen.
Und die Steuerzahler würden endlich aus der Achterbahn aussteigen können, in der auf jede Ent- eine rasche Belastung folgt.
Kommentar von Dénes Kucsera in der “Kleine Zeitung” (08.11.2019).
- Autor: Dénes Kucsera
- Themen: Steuerbelastung, Steuern, Steuerreform
- Datum: 08. November 2019