Der vergangene Jänner brachte Österreich eine Rekordarbeitslosigkeit, der Zustrom in die Mindestsicherung übertrifft alle Erwartungen. SPÖ, Grüne und Gewerkschaften haben aber schon eine Lösung des Problems gefunden: höhere Löhne.
Irgendwie sieht die Sache nicht allzu gut aus: Innerhalb von drei Jahren wurde aus dem „Jobwunder Österreich“ eine Art Hotspot der Arbeitslosigkeit, allein im Jänner waren fast 500.000 Menschen ohne Job: Tendenz steigend, Hoffnung auf Anstellung sinkend. Als das zehnmal größere Deutschland vor fast genau zehn Jahren fünf Millionen Arbeitslose zählte, war dort die Hölle los. Deutsche Medien nötigten die Regierung Schröder zum Handeln, ein umfassendes Reformprogramm wurde auf den Weg geschickt und damit die Arbeitslosigkeit spürbar unter die Drei-Millionen-Grenze gedrückt. Nicht so in Österreich. Hier wird bereits ein schwächer werdender Anstieg der Arbeitslosigkeit als Trendwende gefeiert und die steigende Zahl der offenen Stellen als „Licht am Ende des Tunnels“ interpretiert.
Nun wollen wir einmal hoffen, dass das grelle Licht nicht zum entgegenkommenden Zug gehört. Wer die Debatte um die Höhe der Mindestsicherung aufmerksam verfolgt, wird jedenfalls seine Zweifel haben. Soll sie gedeckelt werden, um den Sozialstaat angesichts der Flüchtlingswelle nicht in den Ruin zu treiben? Oder reicht sie in der beschlossenen Höhe gerade einmal aus, um ein würdiges Dasein zu führen? Klar ist, dass sich vor allem jene Bürger des Landes leicht tun, über die Höhe der Mindestsicherung zu debattieren, die von ihr nicht leben müssen. Und Menschen zu beneiden, die mit 830 Euro im Monat ihr Leben zu finanzieren haben, ist kein wirklich sympathischer Charakterzug.
Unbestritten ist aber auch, dass es bei kinderreichen Familien zu beachtlichen Verwerfungen kommt. Wie der Steuerexperte Gottfried Schellmann unlängst vorgerechnet hat, kommt eine Familie mit drei Kindern in Wien auf 31.000 Euro Mindestsicherung im Jahr (inklusive Familienbeihilfe und anderer Zuschüsse). Steuerfrei. Ein erwerbstätiger Alleinverdiener müsste knapp 2.200 Euro netto im Monat verdienen, um über dasselbe Jahreseinkommen zu verfügen. Wofür 28.000 Euro an Steuern und Sozialversicherungsbeiträge (inklusive Dienstgeberbeiträge) abzuführen sind.
Nun muss man kein großer Verhaltensforscher sein, um zu erkennen, dass bei derart hohen Zuwendungen aus der Mindestsicherung (inklusive Sozialleistungen) die Anreize zur Arbeitsannahme nicht berauschend hoch sind. Dies gilt insbesondere für schlechter qualifizierte Personen, die einen massiven Einkommensverlust hinnehmen müssten, würden sie einer Arbeit nachgehen. Dieses Dilemma beschreiben Ökonomen gerne als Inaktivitätsfalle.
Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschaften sehen das ähnlich, haben aber schon eine Lösung des Problems im Angebot. Nicht die Mindestsicherung soll gekürzt werden, sondern die Löhne sollen endlich steigen. Würden die Arbeitsentgelte endlich angehoben, erhöhte sich auch der Anreiz für Mindestsicherungsbezieher, intensiv nach einem Job zu suchen. Mit anderen Worten: Erhöht doch endlich die Löhne und schon ist der Abstand zwischen Arbeitseinkommen und Mindestsicherung wieder in Ordnung.
So kann man die Sache natürlich auch angehen. Vorausgesetzt, man hält sich konsequent von tiefergehenden Analysen des heimischen Arbeitsmarkts fern. Beispielsweise jener, die gerade von der Intelligence Unit des britischen Economist publiziert wurde. Dort sind die Gründe für die österreichische Misere recht anschaulich dokumentiert. Die Arbeitsproduktivität ist in Österreich seit 2010 kaum messbar gestiegen, die Lohnstückkosten haben sich hingegen um zwölf Prozent erhöht.
Das Ergebnis ist die eingangs beschriebene Rekordarbeitslosigkeit. Warum die kräftig steigenden Arbeitskosten nicht als Lohn in den Brieftaschen der Arbeitnehmer landen? Ganz einfach: Weil sie vorher auf die Konten der Sozialversicherungsträger, der Gemeinden, Finanzämter und Arbeiterkammern umgeleitet werden. Das ist eine der Erklärungen dafür, dass die Einnahmen des Staates seit 2010 um 17,7 Prozent (!) zulegen konnten. Und das in einer Zeit der Wirtschaftsflaute.
Natürlich wäre es höchst an der Zeit, die Nettolöhne zu erhöhen – ohne gleichzeitig die Arbeitskosten zu erhöhen. Mehr Netto, weniger Brutto-Brutto und höhere Produktivität heißt die Losung bzw. Lösung. Das wäre tatsächlich auch möglich, wenn sich der Staat endlich mit einem kleineren Stück des wachsenden Kuchens begnügte. So etwas haben Sozialdemokraten, Grüne und Gewerkschaften aber natürlich nicht im Sinn. Sie wollen den Staat nicht zum sorgsamen Umgang mit Steuergeld zwingen – weshalb höhere Löhne nur über höhere Arbeitskosten zu erreichen sind.
Was steigende Arbeitskosten bei sinkender Produktivität in Zeiten einer wirtschaftlichen Flaute auslösen, lässt sich Tag für Tag an den AMS-Außenstellen beobachten. Wie gesagt: Die Sache sieht nicht wirklich gut aus.
Der Artikel erschien am 05.02.2016 als Gastkommentar auf NZZ.at
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