Die Entlastung haben Sie schon gezahlt!
Dénes Kucsera über eine Steuerreform, für die sich die Steuerzahler bei sich selbst bedanken können.
Österreich ist ein Hochsteuerland, insbesondere der Faktor Arbeit ist stark belastet wie in kaum einem anderen Land. Der Abstand zwischen Nettogehalt und den Kosten für den Arbeitgeber ist nur in vier Industrieländern höher als hierzulande. Wäre die Arbeit der österreichischen Durchschnittsverdiener so belastet wie jene der Briten, könnten sie sich monatlich über fast 850 Euro netto mehr freuen. Selbst in traditionellen Wohlfahrtsstaaten wie Schweden oder Dänemark ist die Abgabenbelastung auf Arbeit spürbar geringer.
Mit der geplanten Steuerreform wäre ein Durchschnittsverdiener nach aktuellem Stand mit gerade einmal 100 Euro pro Monat entlastet. Das ist zu wenig, um die Arbeitsbelastung in Österreich nachhaltig zu senken. Eine tiefgreifende Steuerreform müsste fast dreimal so hoch ausfallen.
Und eine Entlastung ist alleine schon aufgrund der Tatsache nötig, weil die letzte Steuerreform bereits drei Jahre zurückliegt und die kalte Progression in der Zwischenzeit zu automatischen Steuererhöhungen geführt hat. So steigen zwar Löhne und Gehälter mit der Inflation, nicht aber die Einkommensgrenzen für die Steuerstufen, weshalb sich der Finanzminister über versteckte Steuererhöhungen in Milliardenhöhe freuen darf. Einen Gutteil der geplanten Entlastung werden sich die Steuerzahler also jedenfalls selbst finanzieren. Eine Reform, die ihren Namen verdient, sollte nicht nur einmalig die Steuerlast dämpfen, sondern auch die kalte Progression abschaffen und das Steuersystem vereinfachen. Am Ende sollte ein einfaches, transparentes und leistungsfreundliches Steuersystem stehen.
Will die Regierung den Bürgern mehr Geld in der Tasche lassen, muss sie auch bei den eigenen Ausgaben ansetzen: eine Ausgabenbremse wie in Schweden wäre notwendig, um dafür zu sorgen, dass die Ausgaben des Staates langsamer wachsen und eine Entlastung der Bürger nicht in überschießende Defizite mündet. Sonst wird aus der Steuersenkung von heute die automatische Steuererhöhung von morgen. Das Kunststück eines ausgeglichenen Staatshaushalts ist 2018 erstmals seit mehr als 40 Jahren wieder gelungen. Der Bundeshaushalt ist seit 1954 im Minus – und das trotz enormer Belastung der Bürger.
Kommentar von Dénes Kucsera in der “Kleine Zeitung” (25.04.2019).
- Autor: Dénes Kucsera
- Themen: Abgaben, Arbeitsbelastung, Ausgabenbremse, Entlastung, Steuerreform
- Datum: 25. April 2019