Beschäftigung

Bitte keine Austro-Lösung!

Arbeitsminister Martin Kocher peilt Reformen am Arbeitsmarkt an. Wie könnte die entsprechende Roadmap aussehen? Im Folgenden fünf Lösungen, die eine Verbesserung der Lage versprechen.

Der Arbeitsmarkt konnte die Coronakrise viel schneller hinter sich lassen, als die meisten Experten vorhergesagt hatten. Das ist sehr erfreulich. Allerdings zeigen sich die Schwachstellen im österreichischen System jetzt besonders deutlich: Etwas mehr als 100.000 offene Stellen können nicht besetzt werden, obwohl noch immer fast 400.000 Menschen arbeitslos sind. Was läuft da falsch?

Langzeitarbeitslose sollten die Chance bekommen, wieder ein selbstbestimmtes, aktives Leben zu führen. Dem steht das Sozial- und Steuersystem derzeit im Weg.

Arbeitsminister Martin Kocher veranstaltete jüngst eine Enquete, um den Diskussionsprozess über eine Reform der Arbeitslosenversicherung zu starten. Noch vor dem Sommer will er Ergebnisse präsentieren. Kocher wünscht sich eine degressive Gestaltung der finanziellen Unterstützung. Das heißt, zu Beginn der Arbeitslosigkeit gäbe es mehr Geld, bei längerer Dauer weniger. Das ist wichtig und richtig. Erste Wortmeldungen von Verhandlungsteilnehmern lassen leider befürchten, dass am Schluss eine typisch österreichische Lösung herauskommen wird: anfangs mehr, später nicht weniger Geld. Das wäre eine vertane Gelegenheit und längst nicht so sozial, wie es sich anhören mag. Langzeitarbeitslose sollten die Chance bekommen, wieder ein selbstbestimmtes, aktives Leben zu führen. Dem steht das Sozial- und Steuersystem derzeit im Weg.

Wer in Österreich arbeitslos wird, bekommt 55 Prozent des letzten Monatsgehalts. Dieser Wert ist im EU-Vergleich eher niedrig. Dafür sinkt er mit der Zeit kaum, weil nach dem Arbeitslosengeld die Notstandshilfe bezogen werden kann, die nur geringfügig unter dem Niveau des Arbeitslosengeldes liegt. In vielen anderen Ländern sinkt die Unterstützung mit der Zeit. Das ist ein Anreiz, sich so schnell wie möglich einen neuen Job zu suchen.

Ebenfalls zeitlich unbegrenzt können heimische Arbeitslose bis zu einer gewissen Grenze — derzeit 485,85 Euro pro Monat — dazuverdienen. Gedacht war das als Sprungbrett zurück in den Arbeitsmarkt. Geworden ist daraus in vielen Fällen ein Hindernis, das die Arbeitslosigkeit sogar verlängert. Gerade bei niedrigen Einkommen gibt es kaum noch finanzielle Anreize, aus Arbeitslosigkeit und geringfügiger Beschäftigung in ein sozialversicherungspflichtiges Dienstverhältnis zu wechseln. Sowohl für Arbeitnehmer als auch -geber ist dieses Modell oft attraktiver als eine Vollzeitstelle. Auch die Schattenwirtschaft wird damit gefördert.

Es muss mehr Netto bleiben

Bei einem Mindestlohn von 1500 Euro monatlich gibt es finanziell quasi keinen Unterschied mehr zwischen Arbeitslosengeld plus geringfügiger Beschäftigung und einer Vollzeitstelle.

Um das Problem zu verdeutlichen: Ein Durchschnittsverdiener, der arbeitslos wird, müsste mehr als 29 Wochenstunden arbeiten, um finanziell besser auszusteigen als mit der Kombination von Arbeitslosigkeit und geringfügigem Einkommen. Noch weniger lohnt es sich für Niedrigverdiener. Bei einem Mindestlohn von 1500 Euro monatlich gibt es finanziell quasi keinen Unterschied mehr zwischen Arbeitslosengeld plus geringfügiger Beschäftigung und einer Vollzeitstelle.

Eine gelungene Reform müsste also die Zuverdienstmöglichkeiten finanziell wie zeitlich begrenzen und auch beim Arbeitslosengeld ansetzen. Dieses sollte zu Beginn höher sein und bei langer Bezugsdauer unter das heutige Niveau sinken.

Außerdem verfügt fast jeder zweite Langzeitarbeitslose nur über einen Pflichtschulabschluss. Zielgerichtete Qualifizierungsmaßnahmen können Betroffene in den Arbeitsmarkt zurückbringen. Bessere Kinderbetreuungsangebote würden es auch Frauen erleichtern, ihre Fähigkeiten im Berufsleben einzubringen. Der arbeitenden Bevölkerung muss netto mehr Geld bleiben: Ein Durchschnittsverdiener, der in Teilzeit 30 Wochenstunden arbeitet, wird für jede zusätzliche Stunde mit einer Abgabenlast von 55,7 Prozent bestraft. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf.

Gastkommentar von Dénes Kucsera für die “Presse” (17.03.2022).

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