In den kommenden Wochen werden Vertreter von ÖVP, SPÖ und Neos vollmundig erklären, warum es jetzt doch höhere Steuern und mehr Staatsausgaben braucht.
Zwei Monate nach geschlagener Nationalratswahl sind ÖVP, SPÖ und NEOS so weit, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Diese Art der Gelassenheit ringt einem Respekt ab: Österreich steuert trotz astronomisch hoher Staatsausgaben auf das dritte Jahr mit einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung zu, weite Teile der Industrie liegen am Boden, die Arbeitslosigkeit schnellt im zweistelligen Prozentbereich in die Höhe, das Budgetdefizit steigt ungebremst, die Staatsschulden klettern auf über 400 Milliarden Euro – und die potenziellen Koalitionsparteien brauchen zwei volle Monate, um herauszufinden, ob sie überhaupt miteinander reden wollen. In den nun beginnenden Verhandlungen wird nicht nur der Kurs des Landes für die nächsten Jahre festgelegt. Es müssen auch Wahlversprechen gebrochen und Kompromisse gefunden werden. Der Wortbruch wird mit einer Reihe von Stehsätzen erklärt werden, die wir aus früheren Verhandlungsrunden kennen. Hier eine kleine Auswahl:
„Ohne neue Steuern geht es nicht“: Diese Position steht bei zahlreichen heimischen Wirtschaftsforschern hoch im Kurs. Zwar sind auch sie der Meinung, dass Österreich ein veritables Ausgabenproblem hat. Dieses aber sei nicht über gekürzte Ausgaben, sondern über höhere Einnahmen zu lösen. Das ist ungefähr so, als würde man in der Betty-Ford-Klinik eine Flasche Vogelbeerschnaps als Begrü.ungsgeschenk für die anstehende Entziehungskur ins Zimmer gestellt bekommen. Das Hochprozentige für die nächste Regierung ist ein Bündel an neuen Steuerideen: von einer Anhebung der Grundsteuer, über höhere Mineralöl- und Tabaksteuern bis hin zu Erbschaftssteuern. Höhere Steuern sanieren aber kein Budget – sie verschaffen der künftigen Regierung nur Zeit, das Budget nicht sanieren zu müssen.
„Die Sanierung wird zu zwei Dritteln über die Ausgabenseite erfolgen“. Die künftige Regierung wird hoch und heilig versprechen, das Budget zum überwiegenden Teil ausgabenseitig zu sanieren. Schon jetzt darf darauf gewettet werden, dass ein Evergreen der politischen Kommunikation neu aufgelegt wird: „Zwei Drittel werden über Ausgabenkürzungen hereingeholt, ein Drittel über höhere Einnahmen“. Dieses Versprechen blieb in Österreich stets ein leeres, meist wurde nicht einmal das umgekehrte Verhältnis erreicht. Heimische Politiker setzen in Zeiten eskalierender Staatsausgaben stets auf höhere Einnahmen, weshalb das Staatsbudget strukturell auch nie saniert wurde. Die Bürger akzeptieren das. Weil sie fürchten, von staatlichen Ausgabenkürzungen stärker getroffen zu werden als von höheren Steuern.
„In der Krise zu sparen, schadet der Konjunktur“. Das behauptet nicht nur SPÖ- Chef Andreas Babler, auch Wifo-Chef Gabriel Felbermayer warnt vor den Folgen eines Sparpakets. Gekürzte Staatsausgaben dämpften die Nachfrage, was in Zeiten einer schrumpfenden Wirtschaft nicht wirklich ratsam sei. Der Zeitpunkt für höhere Steuern scheint hingegen stets ideal und die Kürzung der Nachfrage privater Haushalte und Unternehmen konjunkturell völlig risikolos zu sein. Hinzu kommt dann auch noch, dass die heimischen Regierungen beim Geldausgeben kein glückliches Händchen haben. Andernfalls hätten die auf Rekordstand befindlichen Staatsausgaben zu mehr Wachstum und nicht zu einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung geführt.
„Ausgabenkürzungen treiben die Wähler zur FPÖ“. Das ist einer der beliebtesten Schlager aus den Reihen der Sozialdemokraten und Grünen. Würde der Staat jetzt seine hohen Ausgaben zurückfahren, liefen die Wähler in Strömen in das Lager der Freiheitlichen über. Kleiner Hinweis an die linke Reichshälfte: Sie sind schon längst dort, die FPÖ hat die letzte Nationalratswahl klar gewonnen. Und das, obwohl die Staatsausgaben auf 55 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit einen der höchsten Werte weltweit getrieben wurden. Es war also nicht knallharte Sparpolitik, die den freiheitlichen Erfolg möglich machte.
„Es geht nicht um Posten, es geht um Inhalte“. Ein Stehsatz, der vor allem von Vertretern der Neos immer wieder bemüht wird. Sie propagieren seit Jahren eine evidenzbasierte Politik und ein Ende des Postenschachers. Um jetzt schon im Vorfeld der Verhandlungen das Finanzministerium für sich zu reklamieren. Weil auch sie wissen, dass eine vernünftige Budgetpolitik nicht aus dem Kulturstaatssekretariat zu machen ist. Sondern eng mit dem dazugehörigen Posten verbunden ist. In den kommenden Wochen wird es also vor allem um Posten gehen, mit denen dann mögliche Inhalte umzusetzen sind. Bleibt nur zu hoffen, dass die Inhalte nicht ganz auf der Strecke bleiben.
Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (22.11.2024)
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