5 Chancen: Eine Roadmap für den österreichischen Arbeitsmarkt
- 25.02.2022
- Lesezeit ca. 2 min
🇬🇧 Die Bildungsdefizite korrigieren wie die Briten
Zwar hat sich der Arbeitsmarkt in Österreich rasch von der Pandemie erholt. Ein Problem ist jedoch geblieben: die hohe Langzeitarbeitslosigkeit. Dabei handelt es sich um ein strukturelles Problem. Die Zahl der offenen Stellen hat im dritten Quartal 2021 einen langjährigen Höchststand erreicht, jedoch bringen viele Arbeitssuchende oftmals schlichtweg die notwendige Qualifikation nicht mit, um diese Stellen auch besetzen zu können. So verfügt knapp die Hälfte aller Langzeitbeschäftigungslosen in Österreich maximal über Pflichtschulabschluss. Wiederum die Hälfte hat Migrationshintergrund und oft nur unzureichende Deutschkenntnisse. Die Ursache für diese Problematik liegt auch im Bildungssystem. Jeder vierte im Ausland geborene 16- bis 24-Jährige in Österreich befand sich vor Ausbruch der Corona-Pandemie weder in Ausbildung noch in Beschäftigung. Ein international hoher Wert und konträr zur Lage der im Inland Geborenen.
Anders stellt sich die Lage beispielsweise im Vereinigten Königreich dar. Auch dort ist das Bildungssystem längst nicht so gut, wie es sein sollte. Auch im ehemaligen EU-Mitgliedstaat gibt es viele junge Menschen, die weder in Ausbildung noch in Beschäftigung sind. Auffallend ist aber, dass es trotz überdurchschnittlich vieler Zugewanderten in dieser Altersgruppe kaum einen Unterschied zu den im Inland Geborenen gibt. Das hängt auch mit der Art der Schulfinanzierung zusammen. Während unsere Finanzierungsströme durch föderale Strukturen kaum jemand versteht, geschweige denn erfolgreich lenken kann, wurde unter der Regierung von Tony Blair Anfang des Jahrtausends die sogenannte „London Challenge“ ins Leben gerufen.
In der britischen Hauptstadt wurden Zahlungen an die Schulen stärker von deren Bedürfnissen abhängig gemacht. Damit wurde der strukturellen Benachteiligung dieser Schulen entschieden entgegengetreten. Damals stand London vor ähnlichen Problemen, wie sie Wien heute hat. Bestimmte Schulen galten als sogenannte „Problemschulen“ mit hohem Anteil an Schülern mit Migrationshintergrund und aus einem bildungsfernen Umfeld. Unterricht auf einem normalen Niveau war aufgrund von Sprach- oder anderen Lerndefiziten nicht vorstellbar. Diese Problemschulen bekamen mehr Geld, die Direktoren konnten sich die Lehrer aussuchen und bekamen organisatorische Hilfe zur Seite gestellt. Das Programm half, aus den schlechtesten Schulen Bildungseinrichtungen mit Vorzeigecharakter zu machen.
Eine Finanzierung anhand eines Chancenindex würde auch in Österreich dazu führen, dass jene Schulen, die auf die größten Herausforderungen bei den Schülern stoßen, mehr finanzielle Möglichkeiten erhalten. Bildungseinrichtungen, in denen ein Großteil der Schüler sprachliche Probleme aufweist, hätten dann mehr Möglichkeiten, diese Defizite frühzeitig zu beseitigen. Wie in London sollten die Erfolge wissenschaftlich begleitet werden, damit Schulen auch voneinander lernen können.
Die Digitalisierung ist in diesem Bereich ein Segen. Die Technik kann helfen, Stärken und Schwächen der Schüler strukturell zu erheben, Unterstützungsbedarf aufzuzeigen und damit ein individuelles Lernen zu ermöglichen. Gleichzeitig bietet die Digitalisierung der Bildung die Chance, dass eine moderne Schule bereits heute die notwendigen Fähigkeiten von morgen vermittelt. Jeder Schulabgänger sollte in der Lage sein, die digitale Welt zu seinen Vorteilen zu nutzen. Wo Informationen zu finden sind und wie diese einzuschätzen sind. Wo nachgeschlagen werden kann, wenn etwas vergessen oder nicht verstanden wurde. Ein digital aufgeklärter Mensch kann das Internet als Hilfe zur Selbsthilfe nutzen. Auch Langzeitarbeitslosigkeit wird sich nur dann deutlich senken lassen, wenn wir es schaffen, den Menschen die notwendigen Qualifikationen mitzugeben.
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