Warum Österreich nicht mehr das bessere Deutschland ist
Vor zwölf Jahren schaute das Nachbarland neidisch auf uns, doch das ist vorbei. Um wieder aufzuschließen, sollte die Regierung den Arbeitsmarkt flexibilisieren, die Steuerzahler entlasten und die Ausgaben dämpfen.
Österreich sei das bessere Deutschland, befand vor zwölf Jahren das Hamburger Magazin „Stern“ auf seinem Cover. Doch das war einmal. Bei Arbeitslosigkeit, Wachstum, Ausmaß der Verschuldung oder im Standortwettbewerb: In allen diesen Kategorien konnte unser nördlicher Nachbar in den letzten Jahren bessere Werte verzeichnen.
Unter dem Titel „Warum Österreich nicht mehr das bessere Deutschland ist“ hat ein Team von Ökonomen der Agenda Austria die Gründe für diese Umkehr untersucht und macht Vorschläge, wie hierzulande wieder mehr Wohlstand entstehen könnte.
Flexibler Arbeitsmarkt und strenge Budgetregeln
Was hat Deutschland also besser gemacht als Österreich? Deutschland steht besser da, weil dort zu Beginn der 2000er-Jahre, noch unter der rot-grünen Regierung, die Weichen hin zu einem flexibleren Arbeitsmarkt gestellt wurden. Nun sind die Anreize für Arbeitssuchende, einen Job anzunehmen, höher. Weiters hat sich Deutschland auch strengere Budgetregeln gegeben; der Staat kommt mit einer niedrigeren Steuer- und Abgabenquote aus. In Österreich hingegen dämpft die hohe Belastung auf Arbeit das Wachstum.
Unsere Grafik zeigt: Bis 2009 hat sich die Wirtschaft hierzulande meist besser entwickelt als jene im Nachbarland. Aber seit acht Jahren zeigt der negative Saldo (unter der Nulllinie), dass fast durchgehend Deutschland ein stärkeres Wachstum verzeichnen kann:
Österreich hat in den vergangenen Jahren nicht unbedingt so viel falsch gemacht, Länder wie Deutschland aber eben vieles richtig. Was wäre also zu tun?
Was wir von Deutschland lernen können
- Beim Arbeitsmarkt sollte Österreich dem Vorbild Deutschlands folgen und die bedarfsorientierte Mindestsicherung, die Notstandshilfe und das Arbeitslosengeld bei einer zentralen Stelle zusammenlegen. Generell braucht es in Österreich mehr Anreize, nach einer gewissen Zeit auch einen Job anzunehmen, der nicht jeden einzelnen Wunsch des Arbeitssuchenden erfüllt. Warum soll ein alleinstehender Koch aus Wien nicht eine Stelle in Tirol annehmen? Zu oft wird vergessen, dass längere Arbeitslosigkeit die Chance auf einen neuen Job senkt.
- Die Arbeitskosten sind zu hoch. Diese Diagnose ist nicht neu, aber trotzdem richtig. Daher gehört die kalte Progression abgeschafft, und der Beitrag zur Sozialversicherung sollte für alle Arbeitnehmer um einen Prozentpunkt gesenkt werden. Eine Reform in Richtung mehr Effizienz bei den Sozialversicherungen ist ohnehin angebracht. Wenn dann auch noch der oft zweckentfremdete Wohnbauförderungsbeitrag abgeschafft wird, bleibt spürbar mehr Netto vom Brutto.
- Drittens muss die Republik ihre Ausgaben dämpfen. Diese steigen vor allem wegen der Pensionszuschüsse und auch wegen der Sozialleistungen für Arbeitslose. Die Regierung sollte sich selbst eine strengere Ausgabenbremse auferlegen und von den Bundesländern mehr Eigenverantwortung bei den Finanzen verlangen. Die Länder geben Geld aus, haben aber nicht die lästige Pflicht, es auch bei ihren Bürgern einzuheben. Wäre das anders, würden die Länder bei ihren Ausgaben weniger großzügig sein. Nicht zuletzt: Ohne eine Pensionsreform werden die Ausgaben weiterhin zu stark anwachsen. Die steigende Lebenserwartung war schon für Deutschland ein guter Grund, das Pensionsantrittsalter schrittweise auf 67 Jahre anzuheben.
- Autor: Agenda Austria
- Foto: © Roman Stetsyk / Fotolia.com
- Themen: Arbeitsmarkt, Deutschland, Pensionen, Wirtschaftspolitik
- Datum: 17. August 2017