Energie

Wann privatisieren wir endlich unsere teuren Stromversorger?   

Schrecklicher Verdacht: Strom ist deshalb so teuer, weil sich die staatlichen Anbieter blendend verstehen, statt mit Kampfpreisen auf Kundenjagd zu gehen.

Wer sich fragen sollte, warum Strom in Österreich trotz der vielen günstig laufenden Wasserkraftwerke so teuer ist wie fast nirgendwo sonst in Europa, kennt seit kurzem die Antwort: „Es gibt noch immer keinen bundesweit funktionierenden Energiemarkt“, wie Natalie Harsdorf, Leiterin der Bundeswettbewerbsbehörde, vergangene Woche meinte. Etwas weniger vornehm ausgedrückt: Auch 24 Jahre nach der Liberalisierung des heimischen Strommarktes gibt es noch immer zu wenig Wettbewerb, weil der dringende Verdacht besteht, dass sich die Energieversorger auf ein Packl gehaut haben, um die Stromkunden einmal so richtig gepflegt über den Tisch zu ziehen.

Was wiederum Vizekanzler Andreas Babler auf den Plan ruft: Seiner Ansicht nach sollte der Staat schleunigst in die Strompreisbildung eingreifen. Das ist nicht ohne Ironie: Der Staat sollte in einen Markt eingreifen, der sich fest in staatlicher Hand befindet?

Schließlich ist die Branche nahezu flächendeckend verstaatlicht und zum Drüberstreuen auch noch über diverse Kreuzbeteiligungen miteinander verbandelt. Am Verbund, dem größten Stromerzeuger des Landes, sind die Versorger aus Niederösterreich, Wien und Tirol beteiligt. Der Verbund selbst hält Anteile an der Kelag (Kärnten) und an der Energie AG Oberösterreich, die sich wiederum bei der Salzburg AG eingekauft hat. Die Tiroler Tiwag wiederum hält Anteile an der Energie AG Oberösterreich. Nun wird sich niemand wundern, wenn sich miteinander verbundene Anbieter nicht wehtun, das schadet schließlich dem eigenen Aktienpaket.

Enge Beziehungen pflegen die staatlichen Versorger auch am „Markt“. Zu den wichtigsten Kunden der Verbundgesellschaft zählen die Landesenergieversorger. Statt wie vor knapp 20 Jahren unter dem legendären Verbund-Chef Hans Haider den Markt mit Kampfpreisen aufzurollen, liefert der größte Stromproduzent des Landes heute lieber an die Landesenergieversorger, die den Strom an ihre Kunden weiterverteilen. Das Engagement des besonders günstig produzierenden Verbunds am Endkundenmarkt ist ein zurückhaltendes. Wer sich als Durchschnittskunde auf dem Tarifportal der E-Control herumtreibt, wird den Verbund selten unter den günstigsten Anbietern finden. Schade irgendwie.

Was auch auffällt: Im Osten des Landes von günstigen Stromversorgern aus dem Westen ein konkurrenzfähiges Angebot zu bekommen, ist ungefähr so wahrscheinlich wie den Haupttreffer bei der nächsten Euromillionen-Ziehung zu landen.

Das gilt auch für die Gegenrichtung. Für etwas Wettbewerb außerhalb des eigenen Bundesgebiets sorgen Kelag und die Energie Steiermark, der Rest der Branche scheint sich auffallend gut zu verstehen, womit am Ende alle zufrieden sind: Die Versorger freuen sich über sprudelnde Gewinne, die staatlichen Aktionäre über fette Dividenden und hohe Steuern – nur die Verbraucher ziehen den Kürzeren. Dabei war die Liberalisierung des Strommarktes eigentlich für sie gedacht.

Auch wenn sich neuerdings wieder mehr Anbieter mit attraktiven Angeboten am Markt tummeln, wechseln die Kunden kaum. Was möglicherweise an der Tarifstruktur der eigenen Anbieter liegt, die fast so schwer zu entschlüsseln ist wie der Algorithmus von ChatGPT. Viele Verbraucher wissen zudem erst am Jahresende, wie hoch ihre Stromrechnung tatsächlich ist. Die monatliche Vorschreibung ist nur eine Schätzung, das böse Erwachen kommt am Schluss. Womit sich die Frage stellt, warum in so gut wie allen Haushalten Smart-Meter eingebaut wurden, die den Stromverbrauch im 15-Minuten-Takt ablesen können, was wiederum jedem Versorger in die Lage versetzt, monatlich eine akkurate Abrechnung zu stellen. Aber dagegen wehren sich die Versorger. Sie wollen Oligopolrenditen, nicht Wettbewerb – und ihr Eigentümer, der Staat, stellt sie sicher.

Was dieses Land braucht, ist kein Eingriff in die Preisbildung. Was dieses Land braucht, ist ein lebendiger Preiskampf zwischen In- und ausländischen Anbietern zum Wohle der Verbraucher. Mit einer Auflösung der Kreuzbeteiligungen und einer umfassenden Privatisierung der heimischen Stromversorger würde endlich Leben in die Bude kommen. Nur die Stromnetze sollen vollständig im staatlichen Besitz bleiben, aber nichts spricht dafür, dass die öffentliche Hand mehr als 30 Prozent an einem Energieversorger hält. Mit dieser Sperrminorität ist die Gefahr eines Abverkaufs gebannt und ein Sitz im Aufsichtsrat garantiert, aber der Weg für mehr Wettbewerb frei.

Kolumne von Franz Schellhorn für “Die Presse” (05.07.2025).

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