Früher war alles besser. Sagt man. Das vor allem deshalb, weil im allgemeinen Krisengeheul höchst erfreuliche Entwicklungen unbemerkt bleiben. Schade, eigentlich. – Kommentar von Franz Schellhorn.
Wir Menschen lieben den kalten Schauer. Wer dieser Tage die Nachrichten verfolgt, bekommt genug davon. Der Meeresspiegel steigt nahezu ungebremst, die Umweltkatastrophen werden immer häufiger, die Orang-Utans auf Borneo immer weniger. Die Armen werden ärmer, die Reichen immer reicher, weshalb es nur eine Frage der Zeit ist, bis neue Hungeraufstände die Demokratien aus den Angeln heben. Und sollte der totale Crash wider Erwarten ausbleiben, dann wird uns die Digitalisierung die Arbeit rauben. Massenarbeitslosigkeit wird uns heimsuchen, Sozialstaaten werden erodieren, weil ihnen die Einnahmen wegbrechen und die Ausgaben davonlaufen. Kurz: Hinter jeder Ecke lauert der Untergang auf uns.
Das war früher nicht so. Früher, so hört man, war zwar nicht alles besser, aber vieles. Die Arbeitsbelastung war nicht so hoch, kaum jemand hatte je von Burn-outs gehört, es ging bergauf. Wer eine Lehre abgeschlossen hatte, fand sofort einen Job. Hochschulabsolventen konnten sich ihren Arbeitgeber sogar aussuchen, die Leute blickten hoffnungsfroh in die Zukunft. Nicht so wie heute. Niemand spricht mehr davon, dass es die Kinder einmal besser haben sollten. Jeder ist froh, wenn der gewohnte Lebensstandard gehalten werden kann, die Abstiegsangst ist geradezu greifbar.
Wird tatsächlich alles immer schlimmer? Keineswegs, das genaue Gegenteil ist der Fall. Es gibt eine ganze Fülle von äußerst guten Nachrichten, die im Krisengeheule untergehen. Max Roser (ourworldindata.org) von der Oxford University und der schwedische Historiker Johan Norberg geben höchst aufschlussreiche Einblicke darüber, wie sich die Welt verändert hat. Zum Besseren.
Konnten vor 200 Jahren 88 von 100 Menschen nicht lesen, sind es heute 15. In den elitären Zirkeln Europas galt es lange Zeit als nicht erstrebenswert, möglichst vielen Menschen das Lesen beizubringen. Die Armen hätten beginnen können, mit ihrem harten Los zu hadern (als ob sie das als Illiteraten nicht getan hätten) und nach mehr zu streben. Genau so war es dann auch, denn ohne die Kunst des Lesens wäre die Aufklärung nicht weit gekommen. Überlebten vor 200 Jahren nur 57 von 100 Kindern die ersten fünf Lebensjahre, sind es heute 96. Laut WHO wird die Hälfte aller Todesfälle von Kindern heute in fünf Ländern (Indien, Nigeria, Äthiopien, Republik Kongo und Pakistan) registriert. Noch immer sterben zu viele Kinder an Unterernährung und Seuchen, aber der Fortschritt ist unübersehbar. Ausschlaggebend dafür sind nicht zuletzt die hohen Impfraten. Lag die Durchimpfungsrate bis in die frühen 1950er-Jahre bei null, sind heute 86 Prozent der Menschen über Impfungen vor Krankheiten geschützt, deren Verlauf früher tödlich endete. Im 19. Jahrhundert konnte ein Zehnjähriger in unseren Breiten damit rechnen, noch 45 Jahre zu leben. Heute sind es 74 Jahre.
Einzig in Europa geht der Trend in die andere Richtung, die Angstkampagnen der Impfgegner zeigen Wirkung. So zeigt sich die WHO besorgt, weil eine wachsende Zahl von Menschen ihre Kinder nicht mehr gegen Masern impfen lässt. Man fragt sich.
Wer im frühen 19. Jahrhundert das Licht der Welt erblickte, den erwartete ein Leben in Not und Elend. 94 Prozent der Menschen lebten in bitterster Armut, selbst 1980 waren es noch 44 Prozent. Heute sind es weniger als zehn Prozent. Und das, obwohl sich die Zahl der Menschen in den vergangenen zwei Jahrhunderten mehr als versiebenfacht hat.
Nun wenden Kritiker gern ein, dass es ja kein besonderes Vergnügen sei, mit 1,90 Dollar pro Tag auskommen zu müssen. Denn genau das ist die Schwelle, ab der man nicht mehr als „bitterarm“ eingestuft wird. Stimmt, das ist kein Vergnügen, aber es entscheidet über Leben und Tod. Heute schaffen 95.000 Menschen pro Tag den Sprung aus der bittersten Armut. Das sollten wir uns vor Augen halten, wenn das nächste Mal von besorgten Hilfsorganisationen Alarm geschlagen wird, weil alle zwei Tage ein zusätzlicher Milliardär hinzukommt.
Konnte vor gut 200 Jahren gerade einmal einer von 100 Menschen das politische Leben mitbestimmen, sind es heute 56 von 100. Noch immer nicht genug, aber doch ein bedeutender Fortschritt. Die Menschen wollen mitbestimmen – und sie können das auch in einem immer größeren Ausmaß, ungeachtet diverser Rückschläge, die nicht zu übersehen sind.
Wie Norberg in seinem aktuellen Buch („Progress“) meint, sind die „guten alten Zeiten“ jetzt. Noch nie in der Geschichte war die Welt eine bessere, noch nie konnte die Menschheit einen derart hohen Massenwohlstand genießen wie heute. Diese Erfolgsgeschichte ist nur noch nicht in unseren Köpfen angekommen, weil tragische Einzelschicksale mehr Eindruck hinterlassen als jede unpersönliche Statistik. Zudem fehlt es dieser Welt ja auch nicht an Problemen. Aber deren Thematisierung kommt ja nicht zu kurz. Wir Menschen lieben schließlich den kalten Schauer.
Kommentar von Franz Schellhorn im „profil“, 24.02.2018
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