In der EU wohnen nur in Deutschland noch weniger Menschen in den eigenen vier Wänden als in Österreich. Während es in Ländern wie Rumänien, Bulgarien oder Kroatien der Normalfall ist, im abgezahlten Eigenheim zu leben, gilt das in Österreich für nicht einmal ein Drittel der Haushalte (vgl. Abbildung 2).
Ein weiteres Viertel hat zwar Wohneigentum, knabbert aber noch am Kredit. Fast jeder zweite Haushalt wohnt zur Miete und zahlt jeden Monat eine nicht unerhebliche Geldsumme an oft deutlich vermögendere Eigentümer. Das ist interessanterweise selbst von jenen so gewollt, die sonst bei jeder Gelegenheit die Vermögenskonzentration in Österreich beklagen und deren Begrenzung, mindestens aber deren Besteuerung fordern. Martin Schürz etwa – Ökonom und Urgestein der Österreichischen Nationalbank – kritisierte die Forderung nach mehr Wohnungseigentum als „ideologische[n] Lockruf in eine Eigentümergesellschaft mit dem versteckten Ziel eines Abbaus des Sozialstaates“.
Dabei spricht vieles für mehr Eigentum: Vor allem in der Mitte der Gesellschaft würde Vermögen entstehen. Schließlich besitzt die Mittelschicht auch in anderen Ländern keine Aktienpakete oder Kunstschätze; man hat dort ein Haus oder eine Wohnung. Der in Österreich hohen Vermögenskonzentration ließe sich dadurch leichter entgegenwirken als mit Vermögens- oder Erbschaftssteuern. Empirisch gibt es einen klar negativen Zusammenhang zwischen der Eigentümerquote eines Landes und der Vermögensungleichheit.[1] Dem Wunsch der Menschen entspricht das auch: 85 Prozent der Mieter in Österreich wünschen sich Wohneigentum. Doch viele glauben inzwischen nicht mehr, dass der Traum allein durch harte Arbeit erfüllbar ist. Und wahrscheinlich haben sie mit ihrer Skepsis nicht völlig unrecht:
In kaum einem anderen Land der Welt wird Arbeit so stark besteuert wie hierzulande. Wer als Single in Österreich Vollzeit arbeitet, darf kaum mehr als die Hälfte seiner Arbeitsleistung behalten. Das bringt unter den Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) den unrühmlichen vierten Platz. Wer eine Wohnung um 400.000 Euro auf Kredit kaufen möchte, muss brutto sagenhafte 1,25 Millionen Euro erarbeiten, um den Staat, die Bank und den Verkäufer der Wohnung bezahlen zu können. Das sind keine guten Rahmenbedingungen, um Eigentum aufzubauen. Eine steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit ist daher dringend nötig. Sie würde übrigens gleichzeitig das Bauen verbilligen, weil der große Steuerkeil auch die Arbeitskosten am Bau hochhält.
Seit 2021 können nur noch gewerbliche Vermieter ihre Kreditzinsen steuerlich geltend machen. Für die eigenen vier Wände geht das nicht mehr. Die Absetzbarkeit sollte zügig wieder eingeführt werden. Als Gegenargument kommt häufig, dass Wohnungskäufer dann bessergestellt würden als Mieter, weil diese ihre Kosten ja nicht steuerlich geltend machen könnten. Einige Länder, in denen Kreditzinsen abgesetzt werden können, erheben daher am Ende eine Steuer auf den sogenannten Eigenmietwert – also die fiktive Miete, die man sich als Eigentümer spart. So ist es zum Beispiel in der Schweiz. Aber gerade in Österreich geht dieser Einwand ins Leere; drei Viertel der heimischen Mieter bekommen bereits umfassende staatliche Unterstützung, um ihre Wohnkosten zu decken (vgl. Abbildung 3). Von einer Schlechterstellung der Mieter kann also gar keine Rede sein.
Nein, nicht, was Sie jetzt denken: Die Stadt Wien soll ihre Wohnungen nicht an einen amerikanischen Immobilienhai verscherbeln. Stattdessen soll sie ein Mietkaufprogramm für langjährige Mieter auflegen. Das könnte so aussehen: Abgeschriebene Projekte werden nach aktuellen Qualitätsstandards renoviert und vor allem thermisch auf den aktuellen Stand gebracht. Danach werden die Wohnungen an interessierte Bestandsmieter verkauft. Die Stadt stellt ihnen dabei im Wesentlichen die Sanierungskosten in Rechnung. Auf diese Weise finanziert die Stadt die dringend benötigte Energiewende und verhilft gleichzeitig vielen Haushalten zu günstigen Eigentumswohnungen. Weil das Ziel der Maßnahme die Erhöhung der Eigentümerquote ist, sollte die Weitervermietung jedenfalls für eine Übergangsfrist von beispielsweise zehn Jahren untersagt sein; damit wäre auch der Verkauf an einen gewerblichen Vermieter de facto ausgeschlossen.
Ein ungerechtfertigter Eingriff in das Eigentumsrecht ist das wohl kaum, schließlich bekommen die neuen Besitzer ihre Wohnung zu einem äußerst attraktiven Preis. Überhaupt sollten die richtigen Lehren aus dem britischen Right to Buy gezogen werden. Dort wurde seit 1980 rund die Hälfte des öffentlichen Wohnungsbestands an die Mieter verkauft. Oft wurden die Wohnungen jedoch bald weiterveräußert; außerdem waren die Gemeinden per Gesetz gezwungen, zu große Teile ihres Bestands zu verkaufen. In der Folge fehlte dann günstiger, kommunaler Wohnraum – für die tatsächlich bedürftigen Haushalte verlängerten sich die Wartezeiten.[2]
In der Schweiz gibt es dieses Modell schon lange: Die erste Generation bringt das Eigenkapital ein, zahlt aber auf den Kredit nur Zinsen. Erst die nächsten Generationen kümmern sich allenfalls um die Tilgung. Wenn die Immobilienpreise steigen, macht die spätere Tilgung einen entsprechend kleineren Teil am Marktwert der Immobilie aus. Auf diese Weise werden die Lasten über bis zu 100 Jahre gestreckt und machen den Immobilienerwerb auch bei hohen Preisen realistisch. Auch die leidige Diskussion über die Erbschaftssteuer entfällt, da auch die Erben ihren Beitrag zum Vermögensaufbau leisten. Das System ist übrigens nicht zu verwechseln mit Krediten, die nur in den ersten Jahren tilgungsfrei sind und dann eine Anschlussfinanzierung brauchen; bei sinkenden Immobilienpreisen kann das fatal sein. Generationenkredite waren in Österreich rechtlich schon einmal möglich. Sie wurden nur selten in Anspruch genommen. Die inzwischen gültige Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung (kurz: KIM-Verordnung) beschränkt allerdings die Laufzeiten von Krediten auf 35 Jahre. Für Generationenkredite müsste hier eine Ausnahme geschaffen werden.
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