Zum Vorschlag der SPÖ, die Mehrwertsteuer für Mieten abzuschaffen. – Kommentar von Lukas Sustala
Wohnen betrifft alle. Wer in einem Ballungsraum wie Wien wohnt, kann selbst vom knapperen Wohnraum und dem regelrechten Kampf um gute Wohnungen berichten. Signalisiert wird das gerade durch höhere Miet- und Eigentumspreise, die zusätzlich von Faktoren wie Niedrigzinsen getrieben werden.
Doch für das komplexe Problem des leistbaren Wohnraums werden mittlerweile vor allem die einfachsten Lösungen angeboten. Jüngst etwa hat die neue SPÖ-Parteichefin, Pamela Rendi-Wagner, die Bundesregierung „eingeladen“, die Mehrwertsteuer auf Mieten abzuschaffen. Doch dieser Vorschlag bringt eine Reihe von Problemen mit sich („Die Presse“ vom 29. 11.), ändert am Problem von zu wenig Neubauten aber nichts und am Thema der gestiegenen Kosten nur wenig.
Die Politik sollte sich nicht darauf konzentrieren, die Preise als Symptome in bester populistischer Manier zu bekämpfen. Es stimmt sicher, dass die Abschaffung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf Mieten Wohnen billiger machen könnte. Aber diese Maßnahme kommt erst recht jenen besonders zugute, die die „Insider“ auf dem Wohnungsmarkt sind, die also unbefristete, alte Mietverträge am besten noch bei öffentlichen Vermietern haben.
Für „Outsider“ auf dem Wohnungsmarkt, etwa junge Familien und neu Zugezogene, ist die Maßnahme nur ein Tropfen auf den heißen Stein. In Zeiten überschießender Nachfrage ist es gerade für dieses Segment, das von den höheren Mieten besonders betroffen ist, ungewiss, ob eine Steuersenkung auch treffsicher ankommen wird. Solange das Angebot nicht mit der Nachfrage Schritt hält, können sich die Vermieter ihre Mieter weitgehend aussuchen.
Scheinlösungen wie die Mietpreisbremse oder eine Mehrwertsteuersenkung sind gerade dann kontraproduktiv, wenn sie die Neubauaktivität eindämmen, Bau oder Sanierung im Fall des Verlustes des Vorsteuerabzugs verteuern oder für jene Verunsicherung sorgen, die Bauprojekte verzögert.
Eine ernst gemeinte Wohnungspolitik muss vor allem am Erfolgskriterium gemessen werden, ob sie die Schaffung von ausreichend neuem Wohnraum ermöglicht und nicht selbst zum Preistreiber wird, indem die Vorgaben für die Bauprojekte stetig steigen. Da gäbe es für die Politik viel zu tun. Baukosten werden stellenweise durch strenge Vorgaben getrieben – etwa wenn im geförderten Wohnbau die teureren Holz-Aluminium-Fenster vorgeschrieben werden. Zu wenig Wert wird darauf gelegt, die Bauordnungen so auszugestalten, dass flexibler, kleiner und auch günstiger gebaut werden kann.
Wenn schon die Steuerpolitik Wohnen leistbarer machen soll, sollte es eher darum gehen, die hohe Abgabenbelastung auf Arbeitseinkommen zu senken. Denn auch mehr Netto vom Brutto sorgt dafür, dass die Wohnkostenbelastung sinkt. Wer explizit die Bezieher niedriger Einkommen unterstützen möchte, kann etwa an Schrauben wie der Treffsicherheit des sozialen Wohnungsbaus drehen. Bei Einkommensgrenzen für den Anspruch auf eine Wiener Gemeindewohnung von 45.510 Euro netto im Jahr für eine Person oder 67.820 Euro netto für zwei Personen kann davon keine Rede sein.
Es gilt, mehr Flächen in Bauland umzuwidmen, dafür zu sorgen, dass günstiger und flexibler gebaut werden kann, und mehr Kapital für den Wohnungsbau zu mobilisieren. Das wären Maßnahmen, die helfen, dass die Horrorgeschichten von der Wohnungssuche in Ballungszentren langsam wieder zur Ausnahme werden.
Kommentar von Lukas Sustala in „Der Presse“, 29.11.2018
Nein – zumindest nicht bei den Bestandsmieten. In Österreich sind die meisten Mietverträge an den Verbraucherpreisindex (VPI) gekoppelt. Diese Wertsicherungsklauseln sorgen dafür, dass sich die Mieten parallel zur Inflation entwickeln – aber sie können ihr nicht davonlaufen. Selbst im freien Mietmarkt passen sich Bestandsmieten in aller Reg
Die Mietkostenbelastung österreichischer Haushalte hat sich über die vergangenen Jahre kaum verändert, wie eine Grafik der Agenda Austria zeigt. Trotz hoher Inflation und steigender Preise in vielen Lebensbereichen bleibt der Anteil der Miete am verfügbaren Einkommen stabil bei rund 23 Prozent. Seit Beginn der Inflationskrise 2022 ist dieser We
Auf den ersten Blick klingt die neue Mietpreisbremse harmlos: Steigt die Inflation über drei Prozent, dürfen Mieten künftig nicht mehr voll an die Teuerung angepasst werden – sondern um maximal drei Prozent plus halbe Restinflation. Seit 1990 wäre das lediglich sieben Mal zum Tragen gekommen. Doch der entscheidende Punkt ist nicht nur, wie of
Die Zahl der Baubewilligungen für neue Wohnungen in Österreich ist seit der Zinswende 2023 massiv zurückgegangen. Wo zuvor regelmäßig mehr als 15.000 Wohnungen pro Quartal genehmigt wurden, sind es zuletzt oft unter 10.000. Der Rückgang ist damit der stärkste seit über einem Jahrzehnt.
Die Mietunterschiede zwischen gefördertem und freiem Wohnbau klaffen in Österreich inzwischen deutlich auseinander. Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen sind im Schnitt rund 30 Prozent günstiger als vergleichbare Objekte am freien Markt, Richtwert- und Kategoriemieten immerhin um etwa 13 Prozent.
(Über) 100 Jahre Interventionsspirale im österreichischen Wohnungsmarkt
Die Mietpreisbremse für den freien Markt wird kommen. Und mit ihr eine ganze Reihe an unbeabsichtigten Nebenwirkungen. In Österreich haben wir über 100 Jahre Erfahrung mit Mietpreiseingriffen. Nur gelernt haben wir nichts daraus.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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