Österreichs Bürgermeister jammern über leere Kassen. Dem Publikum sollten die Tränen nicht zu schnell kommen, das Stück ist nämlich nicht ganz neu.
Es gehört zu den Ritualen der Republik wie das Neujahrskonzert und die größte Steuerreform des Jahrhunderts: das Lamento der Bürgermeister über leere Gemeindekassen. Die Lage sei dramatisch, die Gemeinden stünden nur wenige Sekunden vor dem finanziellen Kollaps. Zum Glück sind die Kommunen noch nicht ganz verloren, ein Happy End ist immer noch möglich, wenn wir nur rasch die Steuern und Abgaben erhöhen, wie Bürgermeister, Parlamentarier und Wirtschaftsforscher seit Tagen fordern. Finanziell sieht die Sache tatsächlich düster aus: Allein im Vorjahr haben die Gemeinden ein Defizit von fast drei Milliarden Euro angehäuft.
Besonders verheerend ist die Lage in Wien, das seinen Schuldenberg allein heuer um ein Viertel (!) auf 15 Milliarden Euro erhöhen wird. In fünf Jahren wird der Schuldenstand sogar mehr als doppelt so hoch sein wie 2024, wenn nicht gegengesteuert wird. In vielen Gemeinden sieht es ähnlich aus, nur die Beträge sind kleiner. Eines aber haben große wie kleine Kommunen gemeinsam: Sie alle haben inflationsbereinigt deutlich mehr Geld zur Verfügung als 2019. Und sie alle kommen mit den rekordhohen Einnahmen nicht aus, weil ihnen die Personalkosten davonlaufen. Das liegt nicht nur an den inflationsbedingt steigenden Lohnkosten. Seit 2008 wurden in Summe 22.000 zusätzliche Vollzeitstellen geschaffen – ein Plus von fast einem Fünftel.
Klar, die Anforderungen an die Gemeinden sind heute auch andere als vor 20 Jahren. Denken wir nur an die flächendeckende Kinderbetreuung, die Pflege oder die wachsende Bürokratie, das alles braucht Personal. Das führt zur absurden Situation, dass die Gemeinden mit hohen Löhnen, sicheren Jobs und netten Arbeitszeiten den Stellenmarkt leersaugen, während die Wirtschaft selbst in Zeiten der Rezession keine Arbeitskräfte findet. Vor allem in der Stadt Wien scheint es viel zu tun zu geben. Sie stellt Menschen ein, als lebten wir in der Gründerzeit. Erst unlängst rühmte sich das Wiener Rathaus, der Wirtschafts- und Jobmotor des Landes zu sein. 3,2 Milliarden Euro Defizit hin oder her.
Noch etwas haben große wie kleine Gemeinden gemeinsam: Sie denken gar nicht daran, ihre überhöhten Ausgaben an die wirtschaftliche Realität anzupassen. Das Ziel ist vielmehr, die Einnahmen an die politische Notwendigkeit heranzuführen. Das ist so, als würde ein Beschäftigter deutlich mehr Lohn verlangen, weil er die eigenen wirtschaftlichen Möglichkeiten aus den Augen verloren hat. Seine Arbeitsleistung ist zwar nicht höher als früher, aber der dreiwöchige Urlaub auf den Malediven ist bekanntermaßen nicht umsonst, vom Skiurlaub am Arlberg gar nicht zu reden. Und was so eine Eigentumswohnung heute kostet, wissen wir alle.
Jeder private Haushalt müsste an die überzogenen Ausgaben ran. Das Wort Kostensenkung ist im Handbuch der österreichischen Realpolitik aber leider nicht auffindbar. Deshalb rollt über die Stadt Wien gerade eine sagenhafte Welle der Gebührenerhöhung, zudem wurde den Arbeitgebern kurzerhand der Beitrag zur Wohnbauförderung erhöht (auch wenn das Geld für alles eingesetzt wird, nur nicht für den Wohnbau). Und jetzt verstärken gestandene ÖVP-Bürgermeister den Druck auf ihre Parteikollegen im Bund, doch endlich den Weg für höhere Grundsteuern freizumachen. Geht es nach den Bürgermeistern, sollen für das politische Unvermögen, mit den Rekordeinnahmen nicht auszukommen, also die Grundeigentümer bezahlen.
Vielleicht sollte den Bürgermeistern tatsächlich die Möglichkeit eingeräumt werden, höhere Grundsteuern einheben zu dürfen. Verbunden mit der Verpflichtung, die lokale Bevölkerung darüber abstimmen zu lassen, ob sie lieber höhere Steuern auf Grund und Boden (und damit auch höhere Mieten) wollen, oder ob sie es für eine bessere Idee halten, die Zahl der Verwaltungsbediensteten zu senken. Ob sie lieber höhere Steuern (und Mieten) zahlen wollen, oder es für vernünftiger halten, das Schwimmbad weniger stark zu heizen, den Bauhof mit der Nachbargemeinde zu teilen, nicht jeden Ortsteil mit einem eigenen Feuerwehrhaus zu beglücken und das Altersheim gemeinsam mit anderen Kommunen zu betreiben.
Das alles sind Fragen, die viele Bürgermeister aber nicht stellen wollen. Sie fürchten die Antworten. Deshalb plädieren sie auch nicht für die Möglichkeit, höhere Grundsteuern einzuheben. Sondern dafür, dass alle Gemeinden verpflichtet werden, die Steuern auf Grund und Boden zu erhöhen. Damit nur ja niemand den Unterschied zwischen gut und schlecht wirtschaftenden Kommunen erkennt.
(Erstmals erschienen in “Die Presse” am 06.12.2025)
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