Im jetzigen Pensionssystem wird die Lebenserwartung überhaupt nicht berücksichtigt. Behebt die Politik diesen Systemfehler, sind die Pensionen verlässlich finanzierbar.
Eine Antwort auf Michael Amon (“Die Dämografie und das Monokausale”, 16. 3.) in zwei Sätzen würde so lauten: Natürlich ist es nicht sinnvoll, allein demografische Faktoren wie die Lebenserwartung für die Ausrichtung des Pensionssystems heranzuziehen. Diese aber, so wie derzeit, außer Acht zu lassen ist fahrlässig.
Worum geht es genau? Die Agenda Austria spricht sich dafür aus, das gesetzliche Pensionsantrittsalter jährlich um zwei Monate anzuheben – weil die Lebenserwartung jedes Jahr um fast drei Monate steigt und die Pensionen daher immer länger bezogen werden. Michael Amon meint, viel wichtiger sei aber, wie sich die Produktivität entwickle. Und weil wir über die Zukunft so wenig wissen, sei eine “große” Pensionsreform als Lösung für die Probleme des Jahres 2050 sinnlos.
Allerdings: Wir wissen ziemlich genau, dass der Zuschuss für die gesetzliche Pensionsversicherung aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in den nächsten 20 bis 30 Jahren vom jetzigen Niveau nochmals kräftig steigt. Das bestätigt Jahr für Jahr auch die Pensionskommission. Auch die Zuwanderung löst dieses im System vorhandene Problem höchstens vorübergehend, weil die Beiträge, die Zuwanderer leisten, später ja auch Ansprüche nach sich ziehen.
Natürlich kann man darauf hoffen, dass die schwindende aktive Generation so produktiv sein wird, dass sie die steigende Zahl der Pensionisten mit Leichtigkeit erhalten kann. Das wäre schön. Ich halte es aber nicht für realistisch, auch wenn das die Beschimpfung als “Manchesterliberalen” nach sich zieht. Denn hohe Arbeitslosigkeit, hohe Schulden und schwaches Wirtschaftswachstum, kurz Österreichs aktuelle Lage, bilden in aller Regel keinen Nährboden für einen Produktivitätsboom. Im Gegenteil:
Womöglich rutschen wir gar in eine längere Phase schwachen Wachstums; schon in den vergangenen Jahren war der Produktivitätszuwachs gering. Und gerade in einer solchen Lage sollte das Pensionssystem zukunftsfest sein, um schlimme Verwerfungen zu vermeiden. Blenden wir die Lebenserwartung weiterhin aus, kommen – und das sagt Amon nicht – die Jüngeren zum Handkuss.
Es ist wissenschaftlich außer Streit, dass sie höhere Beträge für die bestehenden Pensionen bezahlen müssen und geringere Pensionen erhalten werden. Ein höheres Pensionsantrittsalter führt aber eben nicht zu Altersarmut, sondern dazu, dass ein Teil des längeren Lebens auch in Arbeit und nicht in der Pension verbracht wird. Wird das Pensionsantrittsalter bald angehoben, würde sich die Mehrbelastung für die Jungen auf eine größere Gruppe verteilen. Scheinen dann Maßnahmen nötig, um die Beschäftigung Älterer zu erleichtern, z. B. eine flachere Lebensverdienstkurve, hindert niemand die Sozialpartner daran, diese zu treffen.
Die Agenda Austria plädiert für ein nachhaltiges staatliches System; Amons Kritik an der “Lotterie” privater Vorsorge am Kapitalmarkt ist hier also kein zentraler Punkt. Freilich besteht die wahre Lotterie derzeit in den sogenannten interfamiliären Transfers: Viele Eltern haben in den vergangenen guten Jahrzehnten gut verdient und eine gute Pension. Sie können den stärker belasteten Jüngeren via Erbe auch etwas davon abgeben – aber die Entscheidung liegt allein bei ihnen. Momentan muss man sich seine Eltern eben gut aussuchen.
Niemand hat je gefordert, dass kranke Menschen (länger) arbeiten müssen. Dafür muss es weiterhin die Invaliditätspension geben. Aber ein Pensionssystem wird auf Dauer unleistbar, wenn auch jene, die gesund sind, im Schnitt mit 61 Jahren aus dem Erwerbsleben aussteigen und gleichzeitig wegen der steigenden Lebenserwartung die Pension immer länger beziehen.
Die Sorge von Michael Amon, die Industrie 4.0 werde Arbeitsplätze kosten und gefährde so die Pensionen, ist übrigens allen bisherigen Erfahrungen nach ziemlich unbegründet. Meinte nicht Keynes in den 30er-Jahren, wir würden jetzt alle nicht mehr als 15 Stunden pro Woche arbeiten? Und die Industrialisierung ziehe Massenarbeitslosigkeit nach sich? Es ist anders gekommen.
Der Fehler im jetzigen Pensionssystem, dass die Lebenserwartung überhaupt nicht berücksichtigt wird, ist mit dem Argument unsicherer Prognosen einfach nicht wegzureden. Aus gutem Grund haben mehr als ein Dutzend EU-Länder die Pensionen in der einen oder anderen Form von der Lebenserwartung abhängig gemacht. Behebt die Politik diesen Systemfehler, sind die Pensionen, Prognosen hin oder her, verlässlich finanzierbar. Das Pensionssystem behandelt dann alle Generationen und sozialen Gruppen gleich. Und sollte die Produktivität in überraschende Höhen klettern, kann die Politik dann ja vielleicht auch einmal die Beiträge senken oder die Pensionen erhöhen. Sie wird sich dazu wohl nicht lange bitten lassen.
Gastkommentar von Michael Christl, “Der Standard”, 28.03.2016
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