Optimismus und Zuversicht entstehen nicht durch Appelle. Sie entstehen durch Taten. Durch große Würfe, nicht durch Reförmchen
Die Bundesregierung zu kritisieren, ist zum neuen Volkssport geworden. Wo immer man hinkommt, wird über die politische Führung des Landes hergezogen: „Zu wenig, zu zaghaft, zu mutlos“, wie immer wieder zu hören ist. Nicht einmal ein Jahr nach ihrem Amtsantritt hat die Regierung die Mehrheit in der Bevölkerung verloren. Und das, ohne auch nur eine einzige schmerzhafte Reform auf den Weg geschickt zu haben. Aber das könnte sich nun ändern: „Senkung der Energiekosten, Einsparungen in der Verwaltung: Bundeskanzler Christian Stocker drückt, seit er wieder da ist, aufs Tempo“, wie „Presse“-Innenpolitik-Chef Oliver Pink diese Woche in einem Leitartikel schreibt. Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sieht es auch so, er ortet „Licht am Ende des Tunnels“.
Möglicherweise kommt dieses Licht aber nicht von der Sonne, sondern von den Scheinwerfern des entgegenkommenden Schnellzugs. Die wirtschaftliche Lage hat sich seit Amtsantritt des Kabinetts Christian Stocker nicht wirklich gebessert. Sie hat sich auch nicht stabilisiert, sie hat sich verschlechtert. Aus dem „2-1-0“-Ziel (Zwei Prozent Inflation, ein Prozent Wachstum, null Toleranz gegenüber jenen, die unsere Gesellschaft ablehnen) wurde eine „5-4-0“-Wirklichkeit: Fünf Prozent Defizit, vier Prozent Inflation, null Prozent Wachstum.
Das zarte Wirtschaftswachstum, das die Konjunkturexperten für 2026 erwarten, gibt Hoffnung. Aber wir sollten aufhören, uns etwas vorzumachen: Dieses erhoffte Wachstum geht einzig und allein auf das Konto des munter expandierenden Staatskonsums. Mit einer florierenden Wirtschaft hat das nichts zu tun. Inflationsbereinigt liegt die Wirtschaftsleistung pro Kopf noch immer unter dem Wert von 2019. Wir verlieren also seit sechs Jahren an Wohlstand. Die Unternehmen stehen mit dem Rücken zur Wand, heuer droht der dritte Pleiterekord in Folge, das Heer der Arbeitslosen ist auf 400.000 angeschwollen und im Staatshaushalt klafft trotz Rekordeinnahmen ein Rekorddefizit.
Mit dem Verteilen von 500 (nicht vorhandenen) Millionen Euro an die Stromkunden, einem homöopathischen Beschäftigungsabbau in der Bundesverwaltung und zarten Arbeitsanreizen für die Pensionisten ist die Talfahrt nicht zu stoppen. Schon gar nicht mit höheren Steuern und auch nicht mit der sagenhaften Gebührenlawine, die das Land gerade unter sich begräbt.
Um dauerhaft aus dem Tunnel zu kommen, braucht es einen radikalen Kurswechsel und große Würfe. Wie eine Budgetsanierung nach Schweizer Vorbild. Dort dürfen die Staatsausgaben nicht schneller steigen als die prognostizierten Einnahmen – tun sie es doch, muss andernorts gekürzt werden. Ähnliches gibt es in Schweden, in beiden Ländern geht die Staatsverschuldung in Richtung 30 Prozent, in Österreich in Richtung 90 Prozent. Wir sind also dem nächsten Schock von außen hilflos ausgeliefert.
Deshalb muss Österreich endlich seine aberwitzig hohen Staatsausgaben von 56 Prozent der Wirtschaftsleistung schrittweise in Richtung 45 Prozent drücken. Nur so wächst uns der Zinsendienst nicht über den Kopf, nur so ist eine Entlastung der geschröpften Bevölkerung möglich, nur so sind Arbeitsanreize zu setzen, nur so kann der Mittelstand wieder Vermögen aufbauen. Dazu braucht es auch einen Umbau des Sozialstaats nach Vorbild der dänischen Sozialdemokraten. Die Eckpunkte: Höheres Arbeitslosengeld als in Österreich, aber mit der Zeit sinkend. Wer Arbeit sucht, kann drei angebotene Jobs ablehnen, danach wird nur noch eine staatliche Grundsicherung gezahlt. Die Dänen arbeiten bis 67, die Rentner bekommen eine staatliche Grundpension, den Lebensstandard sichert ihnen die betriebliche Altersvorsorge (zweite Säule).
Ein großer Wurf wäre auch ein radikaler Bürokratieabbau nach argentinischem Vorbild. Argentiniens Regierung hat allein in den ersten eineinhalb Jahren 40.000 Beamte entlassen, 300 Behörden geschlossen und ein Fünftel (!) aller Gesetze und Dekrete gestrichen oder deutlich vereinfacht. Argentinien erwirtschaftet Überschüsse, die Wirtschaft wächst mit über fünf Prozent. Deregulierung schafft Wohlstand.
Die Lösungen für all unsere Probleme sind nicht neu, sie sind auch nicht geheim, sie wurden andernorts erfolgreich umgesetzt. Österreichs Regierung begnügt sich vorerst aber noch damit, die Wände neu zu streichen, während das Fundament wegbröckelt. Vielleicht erkennt sie die Dramatik der Lage nicht. Oder ihr fehlt einfach die Kraft für einen Kurswechsel. Vielleicht auch beides. Deshalb stecken wir noch länger im Tunnel fest.
(Erstmals erschienen in “Die Presse” am 20.12.2025)
Österreich zählt in der EU zur Spitzengruppe jener Länder, in denen sich die Menschen stark auf staatliche Pensionen verlassen – nur Finnland ist noch abhängiger von der öffentlichen Hand. Private Vorsorge und Kapitalerträge spielen hierzulande dagegen eine kleine Rolle.
Unselbstständig Erwerbstätige haben in Österreich finanziell wenig Spielraum, weil der Staat einen Großteil ihrer Einkommen durch Steuern und Abgaben abstaubt.
Nur 12,7 % der ersten erteilten Aufenthaltstitel entfallen auf Beschäftigung – einer der niedrigsten Werte in der EU.
Die Regierung hat bekanntlich der Bürokratie den Kampf angesagt. Nach dem wenig ambitionierten „ersten großen Wurf“ im Entbürokratisierungsministerrat vor zwei Wochen brauchte Bildungsminister Christoph Wiederkehr (NEOS) nur wenige Tage, um einen Fahrplan für sein Ressort nachzulegen.
Die Bundesverwaltung soll schlanker werden. Hoffentlich bleibt der Jo-Jo-Effekt aus.
Ohne Staatskonsum wäre Österreichs Wirtschaft seit 2019 auf der Stelle getreten – das BIP ohne Staatskonsum dümpelt weiterhin auf dem Vorkrisen-Niveau.
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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