Nicht ganz zufällig hält das Buch auch ein Interview mit dem Schweizer Soziologen und Autor Jean Ziegler bereit, der sich selbst als Kommunisten bezeichnete und ein leidenschaftlicher Kapitalismus- und Globalisierungsgegner ist.[1] 2012 sagte er, dass der „deutsche Faschismus sechs Jahre brauchte, um 56 Millionen Menschen umzubringen. Der Neoliberalismus schafft das locker in gut einem Jahr“.[2] Abseits dieses unpassenden Vergleichs ist dem vermeintlichen Experten entgangen, dass die Armut global seit 30 Jahren deutlich zurückgeht. Es zieht sich durch viele Bücher, dass das marktwirtschaftliche Wirtschaftssystem einseitig kritisiert und seine großen Erfolge verschwiegen werden. Auf der anderen Seite wird aber von anderen Wirtschaftssystemen das Nirwana versprochen, obwohl sie in der Geschichte der Menschheit bisher immer in einer Katastrophe endeten. Darüber erfährt man in unseren Schulbüchern leider nichts. Während ausführlich vor zu viel kommerziellem Einfluss in den Schulen gewarnt wird, fehlen jegliche Hinweise auf die zahlreichen sozialistischen Tragödien. Warum zeigt man den Kindern nicht, wie unterschiedlich sich Nord- und Südkorea entwickelt haben?
Zwei Länder, die nach ihrer Teilung vom selben wirtschaftlichen Niveau aus starteten. Warum erfahren die Schüler nichts über Hugo Chávez’ „Sozialismus des 21. Jahrhunderts“, der in der absoluten wirtschaftlichen Katastrophe endete? Das alles wird genauso verschwiegen wie der wirtschaftliche Zusammenbruch der kommunistischen Länder Osteuropas. So kommt es auch, dass der Sozialismus hierzulande beliebter ist als der Kapitalismus (siehe Abbildung 1). In einem Land, in dessen Nachbarschaft vor nicht einmal 40 Jahren Menschen mit einer Mauer und unter Gebrauch von Waffen daran gehindert werden mussten, den ach so schönen Sozialismus zu verlassen.
Passend zu diesem Verständnis sagte Jean Ziegler 2015 in einem „Spiegel“-Interview mit einem Verweis auf seinen Freund, den Guerillaführer Che Guevara, dass auch Gewalt eine Option sei, die bestehende Wirtschaftsordnung zu ändern.[3]
Verstehen Bildungsinstitutionen und Buchverlage das unter Pluralität, die wir unseren Schulklassen mit auf ihren Weg geben wollen, um sich selbst ein Bild zu machen?
Und noch ein Schulbuchbeispiel, diesmal aus einer vom Hölzel-Verlag herausgebrachten Unterlage für Handelsakademien („Wissen – Können – Handeln“): „Immer mehr Länder haben so genannte Sonderwirtschaftszonen (auch: Freihandelszonen) eingerichtet. Diese bieten so ziemlich alles, was für moderne Unternehmen attraktiv ist: Steuerfreiheit, Zollfreiheit und vor allem Freiheit von lästigen Arbeits- und Sozialgesetzen.“[4] Davon abgesehen, dass sich die Autoren des Buches moderne Unternehmer offenbar wie Sklavenhändler vorstellen, ist die Aussage inhaltlich schlichtweg erfunden.
Immer wieder wird Wirtschaft als Konflikt zweier Interessen dargestellt. Auf der einen Seite die Unternehmen (oftmals von unmoralischen Werten wie Profitgier getrieben), auf der anderen Seite die Arbeitnehmer, denen die Ausbeutung droht. So werden Schüler schon früh zum Klassenkampf aufgerufen. Zwar sind viele von ihnen in ihrem späteren Leben Arbeitnehmer, dennoch ist es für das Wirtschaftsverständnis wichtig, auch die Entscheidungsgründe auf der Unternehmensseite zu verstehen – ideologiefrei und abseits moralischer Vorwürfe. Das Buch „GEOprofi“ vom Veritas Verlag sieht das offenbar ganz anders, denn auch hier werden die Schüler zum Klassenkampf motiviert. Abbildung 11 zeigt das mühsame Tauziehen zwischen Arbeitnehmern und -gebern. Man darf schon froh sein, dass der kapitalistische Ausbeuter nicht mehr als beleibte Figur mit Zigarre im Mund auftritt.
Die Wirtschaft als Machtkampf zwischen Arm und Reich, zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu zeigen, hat System. Einer der häufigsten Wirtschaftsirrtümer ist nämlich der Glaube, die Wirtschaft sei ein Nullsummenspiel: Es gibt einen Wohlstandskuchen, der ungleich verteilt wird. Schnappt sich der Arbeitgeber ein größeres Stück, bleibt für die Beschäftigten weniger übrig. In der Realität zeichnen sich erfolgreiche Marktwirtschaften dadurch aus, dass der zu verteilende Kuchen wächst, womit es mehr für alle gibt.
Nun hat Österreich ja eigentlich eine Schulbuchkommission, der solche Mängel auffallen sollten.[5] Doch wer in diesem Gremium sitzt, wie dort gearbeitet wird und warum es doch immer wieder zu solchen Darstellungen kommt, bleibt ein gut gehütetes Geheimnis.
Möglicherweise leistet sie auch sehr wertvolle Arbeit, denn wir sehen ja nur die Inhalte, die es ins Lehrbuch geschafft haben, nicht jene, die es probiert haben. Dennoch sollte versucht werden, auch diese offensichtlich weiter bestehenden Mängel zu beseitigen. Offenbar ist sich die Politik der Beeinflussungsmöglichkeiten junger Menschen bewusst und reklamiert den Einfluss daher für sich. Wäre ja noch schöner, wenn man wüsste, wer die Lehrmaterialien unserer Kinder überprüft.
Wie in diesem Bereich gearbeitet wird, zeigt eine Posse aus der Vergangenheit: Vor neun Jahren wurde durch einen Zeitungsartikel bekannt, dass Christian Felber in einem Schulbuch mit hoher Auflage direkt neben historischen Berühmtheiten wie John Maynard Keynes, Karl Marx und Friedrich August Hayek als einer der führenden Ökonomen abgebildet war.[6] Christian Felber ist ausgebildeter Tänzer, prononcierter Links-Aktivist und Ex-Attac-Sprecher. Erst nach Protesten aus der Wissenschaft wurde dieser Unsinn korrigiert.
Fußnoten
Warum Österreichs Schüler so wenig über Wirtschaft wissen. Und warum das nicht gut ist.
Was ist ein Markt? Wie bilden sich Preise? Was ist der Unterschied zwischen Umsatz und Gewinn? Viele Österreicher wissen das nicht; die Welt der Ökonomie ist ihnen ein Rätsel und deshalb oft auch unheimlich. Ein Schulfach Wirtschaft würde diese Defizite schon bei den Jüngsten beheben – und eine Menge Irrtümer aus der Welt schaffen.
Eine ökonomische Anleitung zum radikalen Förderstopp
Das Geld ist knapp. Das österreichische Doppelbudget 2025/26 pfeift aus dem letzten Loch. Streichen wir doch einfach ein paar Förderungen, meinen nun manche. Doch leichter gesagt als getan. Am Ende traut sich ja doch wieder keiner, den Rotstift anzusetzen. Die Agenda Austria schreitet mutig voran. Und streicht. Alles.
Über Gemeindefinanzen und Prioritäten.
Österreichs Gemeinden kommen mit ihrem Geld nicht mehr aus. Mal wieder. Eine Überraschung ist das nicht. Denn der österreichische Föderalismus ist eine Fehlkonstruktion.
Die österreichischen Löhne eilen davon. Aus der Rezession kommen wir aber nur heraus, wenn auch die Privathaushalte anfangen, sich an den Kosten der Misere zu beteiligen. Hoffentlich ist es dafür nicht schon zu spät.
Die Budgetrede, die das Land braucht – die Finanzminister Markus Marterbauer aber so nie halten wird.
Jeder weiß: Auf einem Bein zu stehen, ist auf Dauer eine ziemlich wackelige Angelegenheit. Doch dem österreichischen Pensionssystem muten wir genau das zu. Es steht fast ausschließlich auf einem Bein: dem staatlichen Umlageverfahren. Zwar setzen viele Länder in Europa auf solche Systeme, doch kaum eines verlässt sich derart blind darauf wie Ö
Gegründet um das Land in wirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Belangen zu öffnen und neue Antworten auf die großen Herausforderungen zu liefern.
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